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St. Andrä: Starke Zeichen guter Kunst |
Freitag, 18. Dezember 2009 | |
„AndräKunst“ ist in Graz zu einem geläufigen Begriff in der zeitgenössischen Kunstwelt geworden. Seit 1999 forciert Pfarrer MMag. Hermann Glettler den Dialog zwischen Kunst und Kirchenraum, zwischen Installation, Performance und liturgischer Handlung. Eine Kirche ist immer aufgeladen mit guter Kunst“, so Glettler. Alte, überlieferte werden von ihm daher immer wieder mit neuen Kunstwerken ergänzt. Die können dann auch Störungen produzieren – was den Dialog zusätzlich fördert. Vielfalt sieht er als Prinzip – kein durchkomponiertes Programm, sondern ein organisches Ganzes soll entstehen. Diesem Ganzen ist Hermann Glettler wieder ein Stück näher: Nicht nur, dass es seit kurzem den Kunstraum Next Andrä gibt – einen kleinen Galerieraum neben der Kirche – zum zehnjährigen Jubiläum der AndräKunst sind auch drei neue Kirchenfenster fertig geworden. Aber der Reihe nach: 1999 haben die „Betonblumen“ von Thomas Stimm den Kirchenraum mit neuer Kunst infiziert, seither wurde stetig umgesetzt: Gustav Troger überzog 2001 den zentralen Altar und eine seitliche Säule mit kristalliner Spiegelhaut und bündelt darin das Licht des Raumes. Otto Zitko schuf eine Raumzeichnung, die die östliche Seitenkapelle ungestüm in Besitz nimmt. Daneben wurden immer wieder temporäre Interventionen zur Fastenzeit durchgeführt: Christian Eisenberger verschanzte sich 40 Tage schweigend auf der Orgelempore, Karl Karner setzte ein riesiges Eichkätzchen in Schokolade-optik mit seinem Todesdatum in Szene, Michael Gumhold webte ein Fastentuch aus Musikkassetten, Walter Köstenbauer verhüllte den Hochaltar mit Camouflage-Stoffen – um nur einige zu nennen. Im „Kunstraum next Andrä“ zeigt die Ausstellung „best of AndräKunst 1999 – 2009“ Relikte und Dokumente. Kirchenfenster als Membran zwischen irdischer und metaphysischer Ebene. Die alten Fenster von St. Andrä sind kunsthistorisch wertlos und werden so nach und nach durch Kunstwerke ersetzt. Den fulminanten Anfang machte 2002 Markus Wilfling – eine handelsübliche Glastür schwebt in einer einfachen Glasfläche – eine Himmelstür, die viele Deutungen aufmacht. 2008 wählte Flora Neuwirth mit „1 Fenster / Magenta“ eine Kunstfarbe zur Abstraktion. Des Durchscheinenden und des Umgebenden. Manfred Erjautz reizte das Medium Acrylglas zur Gänze aus: Es ist eine einfache Geste, die das Fenster wie einen Blähbauch ins Innere der Kirche drückt – sein Gegenüber reagiert auf diesen „Querschub“ und drückt sich in gleicher Manier nach draußen – „A short break in time“. „Who is next“ ist dagegen der prophetische Titel von Ronald Kodritschs „Fensterspiel“ im Altarraum. Schon so mancher hat auf angelaufenen Fensterscheiben Tic Tac Toe gespielt. Der Spielstand als Stillstand impliziert aber auch die Schicksalsfrage: Wie frei ist der Mensch? Wie viel ist nach dem ersten Schritt entschieden? Franziska und Lois Weinberger schicken mit „Oh mein Gott“ ein schnell hingesagtes Stossgebet zum Himmel, das einem schon einmal so herausrutscht. Verrutscht und verzerrt erscheint es auch im Fenster, überlagert sich mit den Ästen des Baumes. Die zweite neue Fenstergestaltung liefert Michael Kienzer, der die gotische Glasmalerei in ein digitales Videobild übersetzt. Sieben Bildschirme flimmern in Erwartung einer Geschichte, einer Bildinformation. Sie bleiben in pure Digital-Farbe getaucht. Viel konkreter verweist Gustav Troger mit zwei menschlichen Figuren in stolzer Schritthaltung und mit ausgespartem Schweinekopf auf die dunkle Seite. In grellen Popfarben kontert er der ganzen Abgründigkeit, die mit dieser Abbildung heraufbeschworen wird. Wer also die Grazer Andräkirche noch nicht kennt, sollte einen Besuch schleunigst nachholen. Hier verliert der Titel „Kirchenkunst“ seinen schalen Beigeschmack und die Weihnachtszeit ein wenig ihrer Hektik. Die Ausstellung ist noch bis 30.Jänner 2010 zu sehen. | Eva Pichler
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