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Hochschuldidaktik: „Träges“ vs. nachhaltiges Wissen
Freitag, 18. Dezember 2009
Anlässlich des zweiten Didaktik-Tages an der FH Joanneum am 19.11.09 wurden Lehrmethoden vorgestellt und verwirklichte innovative Konzepte präsentiert; Horst Siebert, Experte für Erwachsenenbildung aus Hannover, stellte Prinzipien der Hochschuldidaktik vor.
Der Rektor der FH Joanneum, Univ. Prof. DI. Dr. Karl-Peter Pfeiffer, nahm den diesjährigen Didaktik-Tag zum Anlass, um das unterbelichtete Feld der Hochschuldidaktik zur Diskussion zu stellen: „Sie stellt eine intellektuelle Herausforderung dar. Unterrichtspersonen haben die Aufgabe, Studierenden zu helfen, ihre Fähigkeiten zu entfalten und kritisches Denken zu fördern.“
Um dies zu gewährleisten, hat die FH Joanneum einige Konzepte entwickelt, die in den verschiedensten Disziplinen zu einer Verbesserung der Lernkultur beitragen sollen. So bewerten zum Beispiel Studierende ihre KollegInnen und steigern dabei ihre Kompetenzen. Zudem kommen neue Medien zum Einsatz wie Web 2.0 in Form von Blogs, Twitter und Social Bookmarking.
Diese vielfältigen Lehrkonzepte sollen die unterschiedlichen Arten der Lern- und Lehrweisen widerspiegeln. „Es gibt keine einheitlichen Regeln, die zur optimalen Hochschuldidaktik führen. Lehrende entwickeln im Laufe der Jahre eine bestimmte Gewohnheit und identifizieren sich mit diesen Methoden. Der eigene Stil muss dann optimiert und verbessert werden“, bestätigt Horst Siebert.

Sinnvolles Lernen. Um eine Verbesserung der Lernkultur herbeiführen zu können, muss –  laut Siebert – die Stofffülle einer „didaktischen Reduktion“ unterliegen, d.h. der Lernstoff muss systematisch reduziert werden. Der Bologna-Prozess sei durchaus positiv zu sehen, indem er eine stärkere Vergleichbarkeit der Studiengänge und eine stärkerer Kompetenzorientierung durch die Module gewährleiste. Die Umsetzung sei aber noch unzulänglich, denn Bachelorstudiengänge seien von Stoff überfüllt, kritisiert Siebert.
Auch muss „didaktische Dekonstruktion“ dazu führen, dass der Stoff in die Lebenswelt der Studierenden übersetzt wird und somit Erfahrungswissen mit wissenschaftlichem Wissen kombiniert werden kann. „Träges Wissen“, wie es die Psychologie beschreibt, das durch schnelles Lernen und Abprüfen produziert wird, ist nur „äußerlich“ und führt nicht zum gewünschten „nachhaltigen Wissen“, das eng mit Identität verknüpft ist. Auch hier muss aus der Sicht von Siebert die Lehre verbessert werden, denn derzeit „steht besonders in den Bachelorstudien die Wissensvermittlung  im Vordergrund, wodurch die Nachhaltigkeit gefährdet ist.“

Lehrende müssen handeln. Horst Siebert ist von der Fülle an Innovationen an der FH Joanneum begeistert und fordert auch an den Universitäten Verbesserungen: „Vor allem müssen die Lernenden die Initiative ergreifen und Lernmethoden kombinieren. Jedoch muss man auch für Lehrende Anreize schaffen, sich pädagogisch weiterzubilden, denn eine verpflichtende Ausbildung ist hier kontraproduktiv.“ Um die Bedingungen für Hochschuldidaktik zu schaffen, ist es wichtig, ein „aufgeschlossenes Klima des Ausprobierens im didaktischen Bereich zu schaffen“, meint Elke Gruber, Professorin für Erwachsenen- und Berufsbildung an der Universität Klagenfurt. Lehrende müssen sich „neu erfinden und Fehler machen dürfen“.
| Melanie Chung
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