Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Erhalt jüdischer Friedhöfe
Freitag, 18. Dezember 2009
Die meisten jüdischen Friedhöfe in Österreich befinden sich in einem äußerst traurigen Zustand – auch jener in Graz-Wetzelsdorf macht hier keine Ausnahme. Auf einer vom Kulturreferat des Landes Steiermark veranstalteten Tagung in der Grazer Synagoge diskutierten Experten in diesem Kontext über die rechtlichen und gesellschaftlichen Aspekte der Pflege von historischem Kulturgut.
Gefordert ist hier insbesondere der Bund, der sich nach jahrelangen Kompetenzrangeleien noch immer nicht zu einer Förderung der dringend notwendigen Renovierungsarbeiten durchringen konnte.

Desolater Zustand. Alle fünf in der Steiermark gelegenen Friedhöfe sind in baulich schlechtem Zustand, berichtet Dr. Anthony Scholz, Vizepräsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), die in Graz nur noch knapp 120 Mitglieder zählt und die Kosten für die Behebung der Schäden nicht selbst tragen kann. Das steirische Kulturressort hat seit 2007 jährlich beantragt, dass der Bund seiner im Washingtoner Abkommen festgelegten Verpflichtung nachkommen möge, die jüdischen Friedhöfe in Österreich zu erhalten und zu pflegen, erklärte Kulturlandesrätin Dr.in Bettina Vollath anlässlich der Tagung: „Wir müssen nicht nur unsere gesellschaftspolitische Verantwortung angesichts der historischen Ereignisse von Shoah und Vertreibung wahrnehmen, sondern auch die für unsere Kultur prägenden jüdischen Elemente bewahren.“

Rechtlicher Rahmen schwammig. Der Jurist Dr. Benjamin Kneihs wies darauf hin, dass die aus dem Washingtoner Abkommen abgeleiteten Forderungen in der Praxis jedoch nur schwer einklagbar seien, da sich selbst nach acht Jahren die Ministerien nicht auf die Zuständigkeit hätten einigen können. Hier bräuchte es einen Vertrag zwischen Bund und Ländern, der den Erhalt dieser auch unter dem Denkmalschutz zu würdigenden Friedhöfe verbindlich regelt. Das Land Steiermark und die Stadt Graz haben vor einigen Jahren 100.000 bzw. 10.000 Euro beigesteuert, um die ärgsten Schäden an den einsturzgefährdeten Außenmauern zu reparieren. Umgefallene und zerbrochene Grabsteine sollten wiedererrichtet und saniert werden, um den würdigen Charakter der Begräbnisstätten zu wahren, betont Scholz im Namen der IKG.

Umfangreiche Finanzmittel notwendig. Angesichts der zahlreichen jüdischen Friedhöfe wären für eine umfassende Sanierung bundesweit rund 48 Millionen Euro erforderlich, wobei der große Währinger Friedhof allein fast ein Drittel dieser Mittel für eine umfassende Instandsetzung in Anspruch nehmen würde. Beim Grazer Friedhof wäre die weitere Sanierung der Außenmauer vordringlich, mahnt Scholz, der dennoch optimistisch für das Jahr 2010 ist und eine vernünftige Regelung mit dem Bund erhofft: „Es ist bedenklich zu sehen, dass die Soldatenfriedhöfe im frischen Glanz erstrahlen und bestens gepflegt werden, während die jüdischen Friedhöfe zunehmend ‚versumpern’“. Landesrätin Vollath will sich auch in Hinkunft aktiv für die Schaffung eines österreichweiten Netzwerkes zum Erhalt und zur Pflege der religiösen Stätten des Judentums einsetzen.
| Josef Schiffer
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