Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Krise, Wirtschaft, Pensionen Geschwafel – diesmal in Grün
Mittwoch, 18. November 2009

Wimmlers Demontagen - von Karl Wimmler

Heute geht es nicht in erster Linie um das schwachmatische Herumfabulieren in unseren Medien in ökonomischen Dingen. Diesmal hat es mir eine spezielle Sorte von ungustiösen Sprechblasenproduzenten angetan: Jungpolitiker(innen). Nein, ich rede nicht von Laura Rudas, und überhaupt sind die Sozialdemokraten in den letzten Monaten schon geprügelt genug. Ich gebe zu, die schwarzen Karrieren gehen mir in diesem Zusammenhang besonders nahe.

Werner Amon heißt einer dieser langjährigen ÖVP-„Jungen“, der schon von Schulzeiten an so sehr nur den Funktionär zu geben hatte, dass er gar nicht mehr weiß, was Sprache ist, und dessen Gesichtsausdruck beim Kommentar zur 726. ASVG-Novelle oder beim Beschluss zum „Bankenrettungspaket“ jenem bei der Darmentleerung  gleichen dürfte. In direkter Nachfolge von Josef Höchtl, den auch niemand mehr kennt, oder Otmar Karas („Leuchte der EU-Demokratie“), allesamt von Jugendtagen an zum Wichtigsein-Lobbyisten geboren.

„Im Würgegriff der Pensionslobbyisten“. Nun hat neuerdings eine weitere Kraft dieses Kalibers von sich reden gemacht. Allerdings nicht aus der schwarzen Abteilung. Wozu alles Elend der Welt in der ÖVP versammeln, dachten sich die Grünen und schoben in Wien eine Frau namens Ringler so weit nach vorne auf ihre Landtagsliste, dass sie gewählt wurde und jetzt tatsächlich Abgeordnete zum Wiener Landtag ist. Das erfordert natürlich Profilierung. Und was fällt einem da so ein, wenn man fünfunddreißig ist? Man macht auf Jugend und schimpft auf die Alten: „Ich hab’s satt, meine Herren!“ ließ sie im „Standard“ titeln, der offenbar froh war, auf seiner „Kommentar der anderen“-Seite wieder einmal richtig kontrovers sein zu können: Pensionslobbyisten hielten „unser Land im Würgegriff gefangen“, phantasiert die Frau Abgeordnete. „Inmitten der schwersten wirtschaftlichen Krise seit Ende des 2. Weltkrieges feiern sich Blecha und Khol im Parlament ab und erstaunen mit immer frecheren Forderungen“, giftete sie gegen die schwarz-roten Pensionistenvertreter. Weil die „PensionsempfängerInnen zwischen 1,5 und 1,9 Prozent Pensionserhöhung einzusacken“ drohen. Und:„Fast alle Parteien haben sich angesichts demografischer Realitäten den Wünschen der Seniorenverbände ausgeliefert.“ Damit nicht genug: „Wir, die wir diese Pensionen finanzieren, leben gleichzeitig in der Realität der neuen Arbeitswelt, die viele existenziell bedroht (Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit oder keine Chance auf den ersten Job).“ – Gut gebrüllt, Madame!

15 Milliarden Euro „eingesackt“. Wäre Frau Marie Ringler bei Trost, würde sie bemerken, dass da was nicht zusammenpasst. Das fängt schon damit an, dass Arbeitslose, Kurzarbeitende oder Jobchancenlose schwerlich was finanzieren können, am wenigsten fremde Pensionen. Statt nun diese „Realität der neuen Arbeitswelt“ auf- oder anzugreifen, verfällt sie auf den billigsten Volksverhetzertrick, den schon die Kronenzeitung vor Jahren spielte, als sie die Hetze auf „Sozialschmarotzer“ ausrief. Die Fakten: 1,9% Pensionserhöhung verursacht Mehrkosten von rund 200 bis 400 Mio. Euro, je nach Rechenart. Das ist natürlich viel Geld. Aber warum wird ignoriert, dass durch die Umverteilung von Arbeit zu Kapital zwischen 1995 und 2008 den sozialen Pensionskassen rund 15 Milliarden Euro vorenthalten wurden? Das interessiert Madame Ringler ebenso wenig wie die übrigen Vernebler. Ein durchschnittlicher ASVG-Pensionist erhielt in Österreich 2008 unter tausend Euro monatlich. Kann Frau Ringler rechnen, was 1,9% davon sind? Und was da „eingesackt“ wird? Andererseits – dass zwischen 1995 und 2008 die Gewinnausschüttungen an die Aktionäre auf das Fünffache explodierten, dass kein Einkommen seit 1995 so kometenhaft in die Höhe geschnellt ist wie die Dividendenausschüttungen, wer redet davon?

Die wirklich Asozialen. Wenn diese Zahlenfuchserei nicht so langweilig wäre! Und letztlich so nebensächlich. Denn es braucht keinen einzigen „Zahlenbeweis“, um zu bemerken, dass beispielsweise seit Beginn der „Finanzkrise“ keine einzige „Steueroase“ geschlossen wurde. Oder habe ich etwas versäumt? Ach ja, um Modifikationen des österreichischen Bankgeheimnisses wird taktiert. Aber was waren das für vollmundige Luftblasen, die da angesichts krachender Banken von allen möglichen europäischen, auch österreichischen Politikern in die Welt gesetzt wurden. Und was ist draus geworden? Gibt’s irgendwelche Sanktionen gegen Firmen, die auf den Niederländischen Antillen „versteuern“. Oder auf den Jungferninseln, in Liechtenstein oder den Seychellen? Ist da der grünen Madame was bekannt? Interessiert sie das? Da ist mir ehrlich gesagt der Generaldirektor der Ottakringer Brauerei AG, Siegfried Menz, lieber. Der hetzt nicht Junge gegen Alte oder Alte gegen Junge auf, sondern diagnostiziert klar: „Jene Banken, die durch horrende Milliardenbeträge an Staats- und damit Steuergeld vor dem Kollaps gerettet wurden, zahlen zwar bereits wieder Management-Boni in perverser Höhe aus, doch gesund sind sie nicht. Es wird gezockt wie eh und je. Gänzlich versagt hat die Politik bisher: Die legendären Hedgefonds können riskieren auf Teufel komm raus und die EU-Richtlinie über die Eigenkapitalvorschriften der Banken ist geradezu handzahm.“ –Frau Ringler interessiert das jedenfalls nicht, sie hat schon Höheres im Blick: Auf der Landesversammlung der Wiener Grünen am 15.November wolle sie, wie sie Ende Oktober verlauten ließ, nicht mehr an wählbarer Stelle kandidieren, sondern sich „neu orientieren“ – in Richtung „ethische Finanzmärkte“. Da hat sie mit ihrer Suada gegen die Pensionserhöhung klug vorgebaut. Klassische Politikerkarriere, wie bei Schwarzrotblau gang und gäbe: „In die Wirtschaft“! Sie musste sich nur geben wie weiland der größte Landeshauptmann aller Zeiten, als „die Junge, die sich was traut“. Dass sie sich dabei wie der Schoßhund des Vorsitzenden der Industriellenvereinigung, Veit Sorger, aufführt, stört sie nicht. Der forderte nicht nur zu Nulllohnrunden für Lohnabhängige auf, sondern bezeichnete darüber hinaus auch Pensionistinnen und Pensionisten, die eine Inflationsabgeltung von 1,9% fordern, ganz im Sinne von Frau Ringler als „asozial“. So reden die wirklich Asozialen.

Karl Wimmler ist Historiker und Kolumnist des KORSO.
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