Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Kümmern um Afrika?
Mittwoch, 18. November 2009

Briefe aus Absurdistan - von Robin Hut

Hallo, alter Freund!

Es war schön, mit dir wieder einmal von Angesicht zu Angesicht sprechen zu können – hier in der alten Heimat. Aber natürlich macht es besorgt, wenn du erzählst, wie jetzt auch in vielen Teilen Afrikas die Ordnung zusammenbricht. Weil Europa und die USA im Zeichen der Wirtschaftskrise sich nicht auch noch um Afrika kümmern können. So beschäftigt sind sie zurzeit mit sich selbst, dass sie es den Chinesen, Indern und anderen überlassen, die Bodenschätze des wehrlosen Kontinents auszubeuten.

Aber das ist ja auch klar, dass wir und die Amis mit uns selbst beschäftigt sind, mitten in so einer Krise. Schließlich sind wir auf das Reichtumsniveau von vor fünf Jahren zurückgefallen. Oder gar auf jenes von vor sechs Jahren, so genau weiß das wohl niemand. Und damals mussten wir ja bekanntlich alle hungern und hatten kaum ein Dach über dem Kopf.
Damit wir uns richtig verstehen, ich will damit nicht sagen, dass die Krise niemanden trifft:  nur der Ursachenforschung ein wenig auf die Sprünge helfen und unterstreichen, dass noch immer so viel da ist wie damals – erinnere dich, was die Bush-Regierung damals den USA und damit der ganzen Welt erzählt hat, wie gut es bei ihnen allen geht, und was bei uns die Regierung Schüssel mit Everybody’s Darling Karl-Heinz Grasser (damals jedenfalls Everybody’s Darling) als Finanzminister behauptete, an Wohltaten für die Bevölkerung getan zu haben.
Wenn also genug da ist, muss die Krise andere Ursachen haben: Die Schimäre vom unendlich wachsenden Reichtum für viele, ohne dafür mehr tun zu müssen, als sich den richtigen Finanzberater auszusuchen, ist tatsächlich zerseifenplatzt. Raus also mit den wohl erworbenen Reichtümern aus Aktien und Fonds und Hedgefonds und Partizipationsscheinen. Was dann natürlich Auswirkungen hat. Die Unternehmungen, ab einer gewissen Größenordnung großteils über oben Genanntes finanziert, haben tatsächlich Finanzprobleme. Ausbaden müssen es die MitarbeiterInnen und die Staaten werden auch ordentlich geschwächt, weil sie so weit wie möglich einspringen müssen, obwohl gleichzeitig ihre Einnahmen sinken. Aber glaube bitte nicht, dass die Anleger nicht auch Probleme haben: Wohin jetzt mit oben genannten wohl erworbenen Reichtümern? – Auch diese Frage kann einem schlaflose Nächte bereiten.
Und natürlich entbehren die gefundenen Antworten bzw. ihre Auswirkungen nicht einer gewissen Ironie: In den Bankfilialen häufen sich unter den männlichen Bediensteten die Bandscheibenvorfälle, denn wenn es jetzt darum geht, zentnerweise Goldbarren in Kundenschließfächer zu schleppen, ist dort plötzlich Sense mit Gleichberechtigung. Und bei den Luxusinvestitionsgütern tut sich ordentlich was: Wenn man schon nicht weiß, ob’s noch was bringt, soll es wenigstens Spaß machen. So wird eifrig mit tollen Immobilien, natürlich nur in den besten Lagen, edlen Uhren oder gar teuren Oldtimern gedealt. Dieser lockere Pfeif-drauf-Charme der Hollywoodhelden umspült die coolen Typen dabei.
Also, du wirst verstehen, dass wir uns inmitten all dieser Probleme nicht auch noch um Afrika kümmern können

Grüßt dein
Robin Hut
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