Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Kultur in neuen Händen
Freitag, 16. Oktober 2009
Die vorzeitige Beendigung der Amtszeit von Kulturlandesrat Kurt Flecker hat unter vielen Kulturschaffenden Befremden ausgelöst – hat sich Flecker doch innerhalb weniger Jahre in der Szene einen Namen als verlässlicher Ansprechpartner gemacht, der zwar seine persönlichen Präferenzen nie verschwiegen, aber auch weit darüber hinaus vieles ermöglicht hat. Daran wird sich nichts ändern, verspricht die neue Kulturlandesrätin Bettina Vollath. Mit dem scheidenden Landesrat und der neuen Ressortchefin sprach Christian Stenner.
Herr Landtagspräsident, Sie haben in ihrer Amtszeit einige große Brocken im Kulturbereich in Angriff genommen, wovon einige noch immer nicht ganz unbestritten sind. Da ist zum einen die Joanneums-Sanierung …
Flecker: Ohne jetzt Kindesweglegung betreiben zu wollen, die Wurzeln zu diesem Projekt reichen in die Ära Klasnic zurück und ich habe es mit Begeisterung aufgenommen, weil ich es nicht nur aus inhaltlichen, sondern auch vom städtebaulichen Aspekt her für unerlässlich halte. Die Verbindung von Bibliothek und Museum wird ein neues Zentrum geistiger Beschäftigung entstehen lassen. Die Bedeckung der Baukosten ist gesichert, das sind zweckgebundene Mittel. Man muss, wie Bettina Vollath auch schon in einem Interview betont hat, zwischen den Finanzierungskosten des Baus und den Bespielungskosten unterscheiden. Und was im Rechnungshofbericht steht, betrifft die Wünsche der Geschäftsführung über die Bespielungsintensität – das sind definitiv zwei unterschiedliche  Baustellen. Dass wir auch noch das Bruseum dort unterbringen werden, ist ein zusätzlicher Trumpf.

Es gibt also keine politischen Querschüsse mehr?
Vollath: Nein, ÖVP-Kultursprecher Christopher Drexler hat noch einmal bekräftigt, dass die ÖVP zum erzielten Kompromiss steht.

Kurt Flecker hat eben das Bruseum erwähnt, in das der grafische Vorlass von Günter Brus eingegangen ist, es gibt Nachlässe wie jenen von Werner Schwab, dessen Ankauf eben beschlossen wurde ebenso wie jener der literarischen Vorlässe von Barbara Frischmuth und Günter Brus – Frau Landesrätin, haben Sie ähnliche Vorhaben?
Vollath: Es ist unerlässlich, gute Sammlungen aufzubauen, um einen hochwertigen Ausstellungsbetrieb aufrechterhalten zu können. Weitere Ankäufe sind natürlich gelegenheitsbedingt und die Finanzierbarkeit wird auch eine Rolle spielen.

In der Ära Flecker wurde die Kulturförderung neu geregelt, die Dreijahresverträge bieten eine gewisse Absicherung und es gibt angemessen kurze Fristen für die Beantwortung von Förderansuchen. Dürfen Kulturschaffende und -initiativen darauf zählen, dass dies weiterhin so bleibt?
Vollath: Ich habe mich auch in meinen bisherigen Ressorts, wo ich ja auch mit NGOs zusammenarbeitete, sehr bemüht, zu Dreijahresverträgen mit all jenen zu kommen, die als PartnerInnen des Landes tätig sind, weil ich sehr gut verstehe, dass sie Planbarkeit und Sicherheit brauchen. Die Dreijahresverträge im Kulturbereich werden derzeit evaluiert. Das Ergebnis soll in 1 bis 2 Wochen vorliegen und ich werde mich sehr bemühen, dass es wieder zu einer verlässlichen Finanzierung kommt, auch über die Legislaturperiode hinaus.

Ein Flecker-Projekt, das ebenfalls auf längere Sicht angelegt war, ist die Regionale. Wie ist das Gefühl, so ein Kind abgeben zu müssen, das noch nicht ganz erwachsen ist?
Flecker: Ich bin froh darüber, dass ich diese Schiene gelegt habe, ich gehe auch davon aus, dass dieses Format weitergeführt wird und auch weiterhin künstlerische Leitung und Geschäftsführung in einer Hand liegen werden.
Vollath: Mit ist wichtig, dass durch die Regionale die kulturelle Potenz der Regionen sichtbar gemacht wird – das wird übrigens auch über die Regionale hinaus eine Leitlinie meiner Kulturpolitik sein.

Das führt mich zum nächsten Punkt: Das Sichtbarmachen von Kultur in den Regionen ist ja eine wichtige Aufgabe der KulturServiceGesellschaft; diese wurde jetzt vom Landeskulturbeirat kritisiert.
Vollath: Ich halte die Leistungen der KSG für die Kulturschaffenden für extrem notwendig. Sollte es so sein, dass noch nicht alle Kulturschaffenden wissen, was die KSG ihnen bieten kann, dann müssen wir diesbezüglich die Kommunikation verbessern.
Flecker: Unter Klasnic war die KSG eine Institution, die ihr bei der Erarbeitung ihrer Linie in der Kulturpolitik geholfen hat. Das brauchen wir nicht. Wir haben die KSG zu einer echten Serviceeinrichtung für Kulturschaffende gemacht; die diesbezügliche Kritik des Landeskulturbeirates halte ich nicht für besonders konsistent.

Welche Entscheidungsfindungen für Inhalte von Kulturaktivitäten soll das Ressort treffen, welche an Fachleute delegiert werden?
Flecker: Die Kulturpolitik darf sich nicht aus der Verantwortung für die Kultur stehlen – wenn Kulturpolitiker nur Zuseher sind, würde sie ihre Aufgabe verfehlen. Das heißt nicht, dass der Ressortverantwortliche selbst ein Festival gestalten soll.
Vollath: Kulturpolitik muss in jedem Fall die besten Rahmenbedingungen für die Kulturschaffenden garantieren. Und sie muss das Kulturschaffen im Land in seiner ganzen Breite sichtbar machen.

Sie haben aber doch auch persönliche Vorlieben …
Vollath: Die werden aber meine Tätigkeit nicht beeinflussen; ich fühle mich übrigens bei einem schrägen Konzert genauso wohl wie in der Oper. Darüber hinaus sprechen mich jene Kulturdarbietungen – egal welcher Sparte – besonders an, die mir einen Gedankenimpuls geben, der mich dann oft weit über das Gebotene hinaus zum Weiterdenken anregt. Das macht Kultur ja so besonders wichtig, dass sie uns aus dem engen Alltagsdenken hinaus entführen kann und uns einen Blick von außen verschafft.

Die Vereinigung der Kultur- und Sozialagenden in einer Hand hat natürlich Synergien erlaubt – ich denke etwa an Aktionen wie „Hunger auf Kunst und Kultur“. Wird es jetzt schwieriger, solche Projekte weiterzuführen?
Flecker: Hinter dieser Vernetzung stand ja nicht bloß die Tatsache, dass ich für beide Ressorts zuständig war, sondern eine bewusste politische Überlegung – insofern kann man das natürlich weiterführen.

Kehren wir noch einmal zu den Eckpunkten der Ära Flecker zurück – ein weiterer war die Gründung des Instituts für Kunst im öffentlichen Raum mit Werner Fenz als Leiter. Damit einher ging eine Neubewertung des öffentlichen Raums, die, so scheint es zumindest , durchaus breitere Bevölkerungsschichten erreicht. Sehen Sie dies weiterhin als Schwerpunkt?
Vollath: Ein klares Ja. Kunst im öffentlichen Raum ist eine äußerst wirksame Form der Kulturvermittlung, die Diskussionen und Interaktionen unter Menschen auslöst, die vielleicht sonst selten über Kultur sprechen.
Flecker: Mir gefällt übrigens auch sehr, dass heuer der steirische herbst mit Installationen und Skulpturen den öffentlichen Raum bespielt – er wird dadurch auch für jene präsent, die sich sonst nicht so dafür interessieren.

Auch der moderne Tanz erhielt in Ihrer Amtszeit erstmals eine merkbare Unterstützung. Wie soll’s in diesem Bereich weitergehen?
Vollath: Bestehende Förderungen in diesem Bereich werden von mir sicher nicht reduziert.
Flecker: Es ist gelungen, die Tanzplattform nach Graz zu bekommen, und wir haben der hier bestehenden Szene ermöglicht, sich zu präsentieren; das war sicher ein Erfolg.

Abschließend ein Sprung in die sogenannte Hochkultur: Werden sich die Bühnen Graz auch weiterhin feste Ensembles – vor allem an der Oper – leisten können?
Flecker: Ich fürchte, dass es da in Hinkunft Druck geben wird, mittelfristig ist die Finanzierung aber vertraglich gesichert. Auftrag der Kulturpolitik ist auch, permanent um das Geld für die Kultur zu kämpfen; ich kann mir nicht vorstellen, dass man das Orchester reduziert oder das Ensemble nicht hält und nur fertige Produktionen einkauft – da ginge die Identität der Häuser verloren.
Vollath: Man darf vor allem nicht außer Acht lassen, dass Österreich einen Ruf zu verlieren hat, der zu einem wesentlichen Teil auf Kultur beruht.
» Keine Kommentare
Es gibt bisher noch keine Kommentare.
» Kommentar schreiben
Nur registrierte Benutzer können Kommentare schreiben.
Bitte melden Sie sich an oder registrieren Sie sich.
 
< zurück   weiter >