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„Sensible Daten sind genehmigungspflichtig“
Freitag, 16. Oktober 2009
Die Speicherung von Krankengeschichten tausender ÖBB-MitarbeiterInnen sorgte im September für großes Aufsehen. GPA-Regionalgeschäftsführer Norbert Schunko erklärt gegenüber KORSO, welche Daten von Arbeitgeberseite gespeichert werden dürfen, und empfiehlt den Betrieben anstatt Bespitzelungen eine Verbesserung des Betriebsklimas, um Krankenständen vorzubeugen. Gregor I. Stuhlpfarrer fragte nach.
Ist die Krankenstandsaffäre der ÖBB ein Einzelfall oder muss man davon ausgehen, dass die Dokumentation von Krankengeschichten der eigenen Mitarbeiter unter der Hand mittlerweile eher die Regel ist?
Wir gehen nicht davon aus, dass dieser Skandal die Regel ist. Jedenfalls nicht in jenen Betrieben, wo BetriebsrätInnen und PersonalvertreterInnen gewählt sind. Der ÖBB-Betriebsrat und die zuständige Gewerkschaft vida haben dementsprechend reagiert, so dass dieser Fall jetzt bei der Staatsanwaltschaft anhängig ist.

Es soll auch „verpflichtende Krankenstandrückkehrgespräche“ in österreichischen Firmen geben…
Sollte es derartige Fälle auch in anderen Betrieben geben, ersuchen wir dringend um diesbezügliche Informationen, die selbstverständlich vertraulich behandelt werden.

Wie beurteilen Sie solche Gespräche – sind sie zulässig?
Da gibt es eine klare Rechtslage durch eine so genannte Standardverordnung des Bundeskanzlers (Anmerkung: BGBl. II Nr. 201/2000 und Novelle BGBl. II Nr. 232/2003), welche personenbezogenen Daten vom Arbeitgeber festgehalten und an wen diese Daten weitergeleitet werden dürfen. Unter die „sensiblen Daten“, die vor ihrer Erhebung und Verwendung explizit von der Datenschutzkommission genehmigt werden müssen, fallen unter anderen auch die Gesundheitsdaten.

Welche persönlichen Daten dürfen von Seiten der ArbeitgeberInnen gespeichert werden und welche nicht?
Personalfragebögen über Qualifikation und Verwendungsgruppe sowie sozialversicherungsbezogene Stammdaten wie Familienstand sind erlaubt. Kontrollsysteme, die die Menschenwürde berühren, wie biometrische Zeiterfassungssysteme, MitarbeiterInnengespräche über die betriebliche Verwendung hinaus sowie Systeme zur automationsunterstützten Ermittlung, Verarbeitung und Übermittlung von personenbezogenen Daten der ArbeitnehmerInnen unterliegen verpflichtend einer Betriebsvereinbarung. „Sensible Daten“ sind, wie oben erwähnt, von der Datenschutzkommission genehmigungspflichtig.

Was empfehlen Sie der Geschäftsleitung von Unternehmen, in denen sich Krankenständen häufen?
Ich empfehle eine Verbesserung des Betriebsklimas zur Vermeidung psychosomatischer Krankheitsbilder und eine innerbetriebliche Gesundheitsvorsorge zur Vermeidung bzw. Früherkennung organischer Leiden.

Ende September ist in einem Grazer Magna-Werk eine Minikamera aufgetaucht, deren Funktion bis dato nicht geklärt werden konnte. Muss man auch damit rechnen, am Arbeitsplatz gefilmt zu werden?
Den Fall Magna kann ich nicht beurteilen, weil alle potenziell involvierten Personen beteuern, mit dem Anbringen der ominösen Uhr nichts zu tun zu haben. Allerdings ist es kein Geheimnis, dass die MitarbeiterInnen in Schlecker-Filialen mit Kameras überwacht werden, wogegen die Gewerkschaft GPA-djp mit einer groß angelegten Kampagne auftritt. Grundsätzlich dürfen exakt abgegrenzte Überwachungssysteme nur installiert werden, wenn Zweck und Verwendung detailliert in einer Betriebsvereinbarung festgehalten sind.
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