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Letzter bürgerlicher Landsitz in Jakomini vor dem Abriss
Donnerstag, 17. September 2009
An der Adresse Adolf-Kolping-Gasse 12-14 bzw. Jakob-Redtenbacher-Gasse 14 im Bezirk Jakomini ist der letzte bürgerliche Landsitz von Graz zu finden. Diese Bauten waren im 18. und beginnenden 19. Jahrhundert charakteristisch für das Auengebiet südlich des Grazbaches – nun soll auch der letzte davon nach dem Willen des Eigentümers aus dem Grazer Stadtbild verschwinden.
Auf einer mehr als 2000 Quadratmetern umfassenden Grün-Oase mitten zwischen mehrgeschossigen Wohnhausblöcken aus den fünfziger und sechziger Jahren steht als einsamer Zeuge einer längst vergangenen Zeit ein Altbau aus dem späten 17. Jahrhundert, ein zweigeschossiges Gebäude mit U-Grundriss und hohem Schopfwalmdach mit Fußwalm und Dachhäuschen. An der Südfassade befindet sich ein überdachter Holzbalkon, Ausdruck der Maxime des Bürgertums „hinaus in die Natur“. Die Hoffassade zeichnet ein an drei Seiten umlaufender Laubengang. Markant ist die kreuzgrat- bzw. tonnengewölbte Durchfahrt, die in Verlängerung der Adolf-Kolping-Gasse Jakob-Redtenbacher-Gasse und Schönaugasse verbindet und von den AnrainerInnen gerne genützt wird.
„Ab dem 16. Jahrhundert nimmt der Gartenbesitz der Bürger in den Vorstädten zu, nach 1683 ist die Gefahr der Türken gebannt, es herrscht die Tendenz ,raus aus der Stadt‘“, erzählt die Grazer Kunsttopografin Dr. Wiltraud Resch bei einem Lokalaugenschein mit der KORSO-Redakteurin, „damals entstehen auch die ersten bürgerlichen Wirtschaftshöfe außerhalb der Stadtmauern, deren letzter erhaltener jener hier in der Redtenbachergasse ist.“ Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts bilden die Gärten in steigendem Maße einen Aufenthaltsort während der Sommermonate. Die kleinen Wirtschaftshöfe werden daher häufig zu  kleinen ländlichen Ansitzen mit großen Schrebergärten umgestaltet. Von der Vorstadtverbauung ab 1780 sind noch einige Häuser erhalten, ebenso Adelssitze wie der Lidlhof, jedoch keine weiteren bürgerlichen Landsitze.

Der Besitzer des Grundstückes seit 2007, die SOB Bauträger GmbH., hat sich mit Projekten wie Augarten-Nord, dem das Augartenkino weichen musste, sowie dem Abbruch des Grigghofes, des ältesten Gebäudes der Gemeinde Rosental a.d. Kainach, an dessen Stelle eine Selbstbedienungsautowaschanlage errichtet wurde, einen Namen als Altbauzerstörer gemacht. Neben der Jakob-Redtenbacher-Gasse 14 gehört der Gesellschaft auch das Grundstück Jakob-Redtenbacher-Gasse 14a, woraus sich eine Fläche von mehr als 2500m² ergibt. Der Flächenwidmungsplan sieht allgemeines Wohngebiet mit maximaler Bebauungsdichte 1,4 vor. SOB-Vorstand Fritz Gande beantwortet die Frage nach Zukunftsplänen einsilbig mit „Wohnbau“, hinsichtlich der Möglichkeit einer Umnutzung des Bestands äußert er sich nicht.

Wo bleibt da der Denkmalschutz? Das Bundesdenkmalamt lässt verlauten, dass das Haus nicht unter Schutz steht, da seine Wertigkeit gemäß dem Bauzustand und aufgrund von Veränderungen an der Bausubstanz im 19. Jahrhundert als zu gering für Unterschutzstellung erachtet wurde. „Die wesentlichen für den Bautypus charakteristischen Strukturen sind aber erhalten“, betont Resch. Einen weiteren Grund für eine Unterschutzstellung nennt Prof. Grigor Doytchinov vom städtebaulichen Institut der TU Graz und Mitglied der Altstadtsachverständigenkommission: In einem heterogenen Umfeld bietet so ein Haus, wenn es samt seinem Umfeld saniert wird, einen Orientierungspunkt und trägt damit zu jener Identifikation der Öffentlichkeit mit dem Bau bei, die im Denkmalschutzgesetz als Voraussetzung für eine Unterschutzstellung genannt wird. Ein wichtiger Punkt sei dabei der bestehende Durchgang. Als mögliche Nutzungen zieht Doytchinov soziale Einrichtungen oder Dienstleistungen der Stadt in Erwägung. Eine solche wurde auch schon im Detail ausgearbeitet:  2003 wurde vom Verein RAD_HAUS unter dem Vorsitz der grünen Bezirksrätin Mag.a Andrea Kern das Konzept eines innovativen Radfahrzentrums mit Veranstaltungszentrum, Werkstätte und Botendienst als Bezirksprojekt eingereicht – denn zwischen 1895 und 1939 befand sich im Haus Adolf-Kolpinggasse 12-14 die Fahrradschule von Karl Anton Steininger.

Bezirks- und KommunalpolitikerInnen gegen den Abriss. Für die Erhaltung des Hauses spricht sich jedenfalls eine breite Front von PolitikerInnen aller Parteien aus. KPÖ-Gemeinderat Mag. Andreas Fabisch fordert, dass es unter Denkmalschutz gestellt wird, der zweite Bezirksvorsteher-Stellvertreter Gottfried Weißmann fordert vom Eigentümer, das Gebäude nicht weiterhin vorsätzlich verfallen zu lassen, SPÖ-Gemeinderat Klaus Eichberger gibt zu bedenken, dass bei der Verbauung des Grundstückes 1300m² Grünfläche vernichtet würden und Bezirksvorsteherin Eveline Gröbelbauer (VP) resümiert: „Die Erhaltung des Hauses wäre ein Gewinn für den 6. Bezirk.“
|Yvonne Bormes
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