Foto: Tesla Motors Steigende Treibstoffpreise und das wachsende Bewusstsein von der Endlichkeit allen Öls machen’s möglich: Innovative Unternehmen – darunter auch solche aus der Steiermark – und Teile der niedergehenden fossilen Autoindustrie besinnen sich auf eine Antriebstechnologie, die älter ist als der Ottomotor.
Mit dem Elektromotor und der Weiterentwicklung der Stromspeicher steht ein Antriebssystem für Fahrzeuge zur Verfügung, das als wesentlich ökologischer gilt als der langsam alt aussehende Verbrennungsmotor.
Bei der Weltausstellung 1900 stellte Ferdinand Porsche seinen Lohner-Porsche mit elektrischen Radnabenmotoren vor, im gleichen Jahr fuhren in Amerika bereits deutlich mehr Elektro-Autos als solche mit Verbrennermotor. Schon damals waren sie ihren knatternden und stinkenden Kollegen in mehreren Punkten überlegen. Das volle Drehmoment steht von Beginn weg zur Verfügung (E-Autos beschleunigen rasant, wenn man ihre Stromaufnahme nicht aus Gründen der Schonung der Antriebsakkus begrenzt), der Wirkungsgrad erreicht bei guten E-Motoren bis zu 98% (doppelt so viel wie ein guter Diesel, fast dreimal so viel wie ein Benziner) – und nicht zuletzt werden zumindest vor Ort keine Abgase ausgestoßen. In einem entscheidenden Punkt allerdings hatten die mit Derivaten aus fossilem Erdöl betriebenen Gefährte immer ihre Nase vorn: Der Energiegehalt von Benzin ist um ein Zigfaches höher als einer der damals und auch noch lange Jahrzehnte danach dominierenden Bleibatterien. Verbrenner-Fahrzeuge ließen sich rasch betanken und ihre Reichweite war nur durch das Durchhaltevermögen des Fahrers begrenzt. Das war allerdings erst dann ein Vorteil, als ein flächendeckendes Tankstellennetz aufgebaut wurde – dann war der Siegeszug des Verbrennungsmotors nicht aufzuhalten.
Who killed the electric car? Dennoch gab es neben Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor immer auch Elektrofahrzeuge: Ältere Semester werden sich zweifellos an den Elektro-Lieferwagen erinnern, mit dem die österreichische Post noch in siebziger Jahren ihren innerstädtischen Paketzustelldienst abwickelte und der angenehm leise durch die Straßen der Städte glitt. Die französischen Autohersteller Peugeot und Citroen hatten auch in den achtziger und neunziger Jahren Elektroversionen von mehreren ihrer Serienfahrzeugen im Programm, General Motors hatte mit dem EV1 überhaupt eine spezielle Elektrolimousine konzipiert, die dann aber – manche vermuten: wegen der Verflechtungen zwischen GM und der Ölindustrie – nach wenigen Jahren eingezogen und im wahrsten Sinn des Wortes eingestampft wurde; darüber gibt es sogar einen im Internet downloadbaren Film („Who killed the electric car“). Diese Fahrzeuge waren ebenso wie bestimmte Nischenprodukte wie das kleine, in der Nähe von Würzburg gebaute City El – ein Kabinenroller, der bis jetzt immerhin in einer Stückzahl von 6000 Exemplaren gebaut wurde – oder das Schweizer „Twike“ – ein Hightech-Produkt, das aber um den Preis eines guten Mittelklasse-Autos gerade mal zwei Personen Platz bietet, mit drei Rädern auskommt und max. 80 km/h schafft – bloß echten Aficionados der elektrischen Mobilität vorbehalten. Dies allerdings weniger wegen mangelnden Gebrauchswerts (für den innerstädtischen Verkehr ist etwa ein City-El durchaus gut geeignet) als wegen des mangelnden Services aufgrund eines wegen der geringen Stückzahlen äußert weitmaschigen Händlernetzes.
Umdenkhilfe „Tesla“. Nun scheint sich das Blatt gewendet zu haben, mit Toyotas Prius und Hondas Lexus sind zwei Hybrid-Autos auf den Markt gekommen, die den Umstieg auf die elektrische Mobilität auch für jene denkbar machen, die skeptisch gegenüber Neuentwicklungen sind. Und dann ist da der Roadster der amerikanische Firma Tesla Motors, ein 300-PS-Bolide, der in weniger als vier Sekunden auf 100 km/h beschleunigt, mit einer Batterieladung an die 400 km fährt, dabei um gerade 4 Euro Strom verbraucht und so aussieht, wie sich jedes Bubenherz seinen fahrbaren Untersatz erträumt – mit dem kleinen Nachteil, dass er in Europa deutlich über 100.000 Euro kostet. Auch wenn ihn Dr. Peter Reif, Vizepräsident der technischen Abteilung von Magna Steyr, a ls „Spielzeug“ bezeichnet: Der Tesla hat als erstes reines Elektroauto das Zeug dafür, in einer automobilverliebten Gesellschaft ein Umdenken weg vom fossilen Antrieb zu bewirken und den Weg für günstigere und die Alltagsverwendung geeignetere Fahrzeuge zu bereiten. Dass Tesla selbst auch davon profitieren will, lässt sich daran ablesen, dass der deutsche Autobauer Daimler mit 10% bei den US-Amerikanern eingestiegen ist. 2011 soll um den halben Preis des Roadster eine elektrische Familienlimousine in unterschiedlichen Ausstattungsvarianten (auch auf den europäischen) Markt kommen.
Magna mag mitmischen. Einstweilen haben aber – was massentaugliche Elektro-Autos betrifft – noch die Japaner die Nase vorn: Mitsubishi liefert seit diesem Monat seinen i-MiEV an japanische Geschäftskunden aus, Private müssen noch bis April 2010 warten. In diesem Jahr soll er dann auch in Europa erhältlich sein. Um den auch nicht ganz wohlfeilen Preis von 33.600,-- Euro wird man dann einen Viertürer mit 60-PS-Motor erhalten, der mit einer Batterieladung 160 km weit fährt. „Der Mitsubishi ist tatsächlich das erste ernst zu nehmende Elektroauto, das auf den Markt kommt“, muss auch Reif bekennen, der im Übrigen die Kompetenzen seines eigenen Unternehmens im Elektrofahrzeugbau über den grünen Klee lobt. Magna könne als Zulieferbetrieb vor allem völlig unbeeinflusst von den Sachzwängen eines eigentlichen Automobilherstellers an die Entwicklung eines Elektrofahrzeuges gehen. Der Magna „mila ev“, eine Designstudie, die bereits im März am Genfer Autosalon gezeigt wurde, muss jetzt nur mehr mit konkreter Technologie befüllt werden – verschiedene Motorentechnologien wären denkbar, vom Permanentmagnetmotor bis zum fremderregten Motor; das sei nicht so entscheidend.
IBM auf der Spur der Wunderbatterie? Bei der Speichertechnologie setzt Reif hingegen nur auf Lithium-Ionen-Akkus; auch diese will Magna selbst entwickeln. In diesem Forschungsbereich steht das Unternehmen allerdings in Konkurrenz mit einer Vielzahl anderer und teilweise potenterer Player: So sickerte erst kürzlich durch, dass IBM (329.000 Beschäftigte weltweit) gemeinsam mit staatlichen US-amerikanischen Labors an der Entwicklung einer Lithium-Metall-Luft-Batterie arbeitet, die bis zu 10-mal mehr Energie speichern kann als herkömmliche Lithium-Ionen-Akkus. Das würde bedeuten, dass in einem 100-Kilo-Akku ca. 140 Kilowattstunden gespeichert werden könnten; das ist zwar noch immer noch gerade ein Fünftel dessen, was an Energie aus der gleichen Menge Benzin herausgeholt werden kann (und da ist der wesentlich bessere Wirkungsgrad des E-Motors bereits berücksichtigt) – aber: Mit zweihundert Kilo dieser Akkus käme man dann in etwa gleich weit wie mit einem vollen Tank. Da stellt sich nur mehr die Frage, wie kurzfristig für einen Ladevorgang die Mengen an Strom bereitgestellt werden können, die in einem solchen Wunder-Akku Platz finden.
Die Gretchenfrage: Wo kommt der Strom her? Hier steht natürlich die gesamte Logistik der Elektrizitätsversorger auf dem Prüfstand. Das weiß auch Energie-Graz-Chef Dr. Gert Heigl: Es gehe dabei nicht vorrangig um die Gesamt-Kapazitäten – 20% Elektroautos würden den Gesamtstromverbrauch um 3% steigen lassen – sondern darum, dass genügend Elektrotankstellen verfügbar sind, um eine unbeschwerte Nutzung des Fahrzeugs zu ermöglichen. Heigl denkt dabei z.B. an Kooperationen mit Einkaufszentren. Co-Geschäftsführer Dr. Rudolf Steiner spricht sich für eine stärkere Förderung von Photovoltaikanlagen aus, damit der zusätzlich benötigte Strom nicht erst recht die Umwelt belastet. Wegen des viel höheren Wirkungsgrades der E-Motoren, hat der Verkehrsclub Österreich errechnet, lägen die „Treibstoff“kosten eines Elektroautos allerdings sogar dann kaum über den aktuellen eines Benziners oder Diesels, wenn der verfahrene Strom zur Gänze aus ungeförderten Photovoltaikanlagen käme. Und: Erst wenn der verwendete Strom aus erneuerbaren Quellen stammt, trägt die elektrische Mobilität deutlich zur Reduktion der CO2-Emissionen des Verkehrs bei. Eine Photovoltaikanlage von 21,6 Quadratmeter Fläche reicht, so die ExpertInnen des VCÖ, aus, um einen durchschnittlichen PKW zu betreiben – allerdings vermeidet auch der Strom aus der Sonne die Treibhausgas-Emissionen nicht zur Gänze: Bei der Herstellung der Solarzellen fällt so viel CO2 an, dass es sich – umgerechnet auf den Strom, der damit erzeugt wird – auch bei Anwendung modernster Technologien mit 15g pro Kilowattstunde niederschlägt, immerhin noch ein knappes 25stel des CO2-Ausstoßes eines modernen Gaskraftwerkes. Kommt der Strom aus Steinkohlekraftwerken, so lässt sich übrigens so gut wie gar keine CO2-Reduktion gegenüber einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor feststellen. Nicht vergessen werden darf auch die Tatsache, dass die Herstellung der Akkus ebenfalls recht energieintensiv ist und Emissionen verursacht.
Mit dem Elektroradl in der Stadt unterwegs. Damit sind auch die Grenzen der elektrischen Mobilität aufgezeigt: Ihren größten Nutzen hat sie bei der Vermeidung gesundheitsschädlicher Emissionen (v.a. Feinstaub) im urbanen Bereich. Allerdings ist die Aufnahmefähigkeit städtischer Verkehrswege für E-Flitzer genauso beschränkt wie für Benzin-Stinker: Hier hat eindeutig der öffentliche Verkehr die Nase vorn – und ist auch energieeffizienter. Anders verhält es sich mit den bereits boomenden elektrischen Zweirädern, seien es Pedelecs – also Fahrräder, die über einen elektrischen Zusatzantrieb verfügen und damit den menschlichen Krafteinsatz so weit verringern, dass man damit auch ohne Angst vor Schweiß und Körpergeruch zum nächsten Businesstermin radeln kann – oder elektrischen Moped- oder Motorradrollern. Davon gibt es schon ein breites Angebot in alltagstauglicher Qualität, und ihr Ankauf ist jetzt durch eine Förderung des Landes Steiermark (250 Euro für Elektrofahrräder, 500 Euro für Elektromopeds) besonders günstig, ihr Energieverbrauch ist so geringfügig, dass er weder auf der Kosten- noch auf der Umweltseite relevant ins Gewicht fällt – und während Sie auf den neuen Tesla oder gar den ultimativen Magna mila-ev warten, könnten Sie sich schon morgen damit e-mobil in der Stadt bewegen. | cs
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1Kommentar am Freitag, 24. Juli 2009 23:05
Die Verbund AG will gemeinsam mit dem steirischen Energiekonzern ESTAG – SteweAG-Steg zwei neue Murkraftwerke bei Gössendorf und Kalsdorf errichten. Dafür wird ein Landschaftsschutzgebiet geopfert und der (Er)lebensraum Fluss und Auwald unwiederbringlich zerstört. Für gerade einmal 0,28% des österreichischen Stromverbrauchs werden wir Steirerinnen und Steirer unsere letzten Mur-Auen vor den Toren von Graz für immer verlieren. http://au.mur.at/signup/
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