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Just you and me and the moon |
Mittwoch, 13. Mai 2009 | |
SON OF A VELVET RAT, 3. April 2009, Marenzihaus, Leibnitz.
Dialoge mit meinem Freund Josef pflegen so zu beginnen: „Wie geht‘s?“ „Schlecht.“ „Dann ist es eh gut.“ Auch an diesem Freitagabend, als wir uns treffen, um zu einem Konzert nach Leibnitz zu fahren. Nach einer veritablen halbstündigen Irrfahrt finden wir doch den Veranstaltungsort. Aus einem flachen Gebäude hören wir Blasmusik. Das also ist es nicht. Gegenüber liegt ein einstöckiges Wohnhaus, in dessen Keller sich ein Jazz-Club befindet, wie wir von ein paar auf dem Parkplatz herumlungernden Jugendlichen erfahren. Heute sollen hier SON OF A VELVET RAT (SOAVR) auftreten. Davon wissen sie nichts. Plakate haben offensichtlich nicht nur wir keine gesehen; auch sonst gibt es keinerlei Hinweise auf das Konzert. Wir wählen instinktiv den Hintereingang. Und dort sitzt auch schon Georg Altziebler, Mastermind von Pure Laine, Bloom und vor sieben Jahren als SON OF A VELVET RAT wiedergeboren. Es gibt keine Garderobe hier und geraucht werden darf eigentlich nur im Freien. In solchen Momenten bin ich froh, kein Musikkritiker zu sein, ich darf mit dem Musiker befreundet sein und trotzdem Liebeserklärungen abgeben. Bei SOAVR falle ich damit gar nicht so aus dem Rahmen, wenn ich die hymnischen Rezensionen in den diversen Musikfachzeitschriften lese. Georg ist wie immer ruhig. „Servus.“ So, als ob ihn das alles nichts anginge. Nur wer ihn kennt, merkt, dass er nervös ist. Zwischen Zigarette und Zigarette schaut Heike vorbei, seine hochschwangere Frau und Mitmusikerin. Unvermittelt muss ich an „Ready to go“ von seinem ersten Album PLAYGROUND denken. The cars go so fast & the planes / Crossing the sky going somewhere / I‘m ready to go anywhere / with you, heißt es da. Georg ist angekommen, denke ich. Wenn Leben und Musik so eins sind wie in diesem Fall, dann möchte ich mich am liebsten fallen lassen, ohne Angst, mit geschlossenen Augenlidern. Ich fühle mich aufgehoben in den Liedern; ich weiß, dass ich aufgefangen werden würde. Beim Konzert, umgeben nur von den beiden Stimmen, lege ich meinen Kopf auf meine gefalteten Hände und weine unauffällig, weil ich so glücklich und so traurig bin, und weil mir bewusst ist, dass ich lebe. Ich mag mir die Tränen gar nicht aus dem Gesicht. Ich würde gerne unendlich lang sitzenbleiben und den beiden zuhören. Unprätentiös und eindringlich erzählen sie von Alltagssituationen, die ich so gut kenne. Wie alle großen Songwriter erfindet er in seinen Liedern das Leben neu. Dadurch werden sie für das Publikum nachvollziehbar. Mich erinnern sie an meine langjährigen Wegbegleiter Leonard Cohen, Nick Drake, Tim Buckley oder Will Oldham. Sie erinnern mich an mich. Einsam und verloren, aber dank dieser Lieder nicht allein auf dieser Welt. Nach dem Konzert gehen wir. Hinaus. Im Auto eine CD von Townes van Zandt: We like the world to lie upon / and the sky to talk about. Wir schweigen. Es gibt nichts zu sagen. Unvermittelt sagt mein Freund Josef: „Wir haben ja gar nicht bezahlt.“ Und schon holt mich das schlechte Gewissen in die Wirklichkeit zurück, der ich für eineinhalb Stunden entkommen war: I have no expectations / But I hope, you come see me soon / Would be the perfekt constellation / Just you and me & the moon. Eine Liebeserklärung. An Heike, an das ungeborene Lebewesen in ihrem Bauch, an die Welt. Danke, Georg. \ Ernst Binder
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