Am 1. August 2009 wird Dr. Oswin Kois seine Tätigkeit als Vorstand des steirischen Energiekonzerns ESTAG aufnehmen; schon von 1995 bis 2006 war er Vorstand der ESTAG-Tochter STEWEAG-STEG. Mit Oswin Kois sprach Christian Stenner.
Herr Dr. Kois, es gibt Erwartungen von Seiten der Landespolitik, die eine Neupositionierung des Unternehmens und eine stärkere Orientierung an sozialen und ökologischen Zielsetzungen fordern. Mir ist es zu nächst einmal sehr wichtig, eine Image-Trendwende herbeizuführen. Wir müssen einen Zusatznutzen, eine Mehrwert bieten, der für jeden Kunden erkennbar ist.
Wenn Sie „Mehrwert“ sagen, dann fällt mir dazu sofort ein Unternehmen ein, das im Besitz der ESTAG steht, nämlich die Gleisdorfer Feistritzwerke, die u.a. ihren KundInnen Konzepte zum Energiesparen bieten und Gleisdorf als Solarstadt positioniert haben. Ja, das kann durchaus ein Ansatz sein. Ich möchte jedenfalls zum einen das soziale Profil der ESTAG schärfen, durch Zusammenarbeit mit Institutionen wie der Caritas oder der Volkshilfe. Und dann müssen wir mehr Energiekompetenz kommunizieren, auch durch Kooperationsmodelle mit den Universitäten, Fachhochschulen, Joanneum Research bis hin zu Unternehmen wie AVL und Magna unterstützen. Wenn AVL List ein Elektroauto entwickelt, dann müssen wir von Vorneherein dabei sein.
Heißt das, dass Sie sich auch Investitionen in solche Projekt vorstellen können? Natürlich, das ist ja ein zukünftiges Geschäftsfeld – laut manchen Experten sollen ja 2025 bis zu 20% der Autos bereits Elektroautos sein. Und gleichzeitig ist es ein Beitrag zur Klimapolitik.
A propos Investitionen: Die vier Murkraftwerke, die sie gemeinsam mit der Verbund AG planen, sind aus Sicht des Naturschutzes schwer umstritten. Mein zweites Hauptziel neben der Image-Trendwende ist die Stärkung dre Eigenerzeugung, soweit dies im Rahmen der Einschränkungen, die uns die Südpol-Verträge auferlegen, mögllich ist: da führt kein Weg an der Nutzung dieser Wasserkraftpotenziale vorbei, wobei ich selbstverständlich darauf drängen werde, dass dies so schonend wie möglich passiert. Bei Eigenerzeugung denke ich aber auch an Biomasse-Kraftwerke in Kooperation mit Gemeinden – und daran, die Sparten Wasserkraft, Biomasse, Wind- und Sonnenenergie unter einem Dach zusammenzufassen, wie dies ja auch von Seiten des Landeshauptmannes ins Gespräch gebracht wurde. Allerdings schwebt mir da eher eine ESTAG-Tochter als eine Parallelgesellschaft vor, die zusätzliche Kosten verursacht.
Heißt das, Sie wollen sich als Stakeholder an Projekten wie regionalen Biomassekraftwerken beteiligen und nicht bloß Beteiligungskapital aufbringen? Absolut. Und ich möchte auch, dass wir uns gemeinsam mit der Politik einen nach Regionen differenzierten Energiemasterplan überlegen, der unter Berücksichtigung der jeweiligen Gegebenheiten festlegt, welche Schwerpunkte zu setzen sind, Biomasse, Solarwärme, Windenergie, Geothermie. Noch einmal zurück zur Energieerzeugung: Die Verbund AG plant ein Gaskraftwerk in Mellach, die ESTAG eines in Graz in der Puchstraße. Abgesehen davon, dass Gaskraftwerke wegen ihrer Klimarelevanz und der immer wieder unsicheren Versorgungslage nicht gerade die zukunftsträchtigsten Energiespender sind – schafft das nicht Überkapazitäten, vor allem, was das Wärmeangebot betrifft? Ich denke, dass diese Kraftwerke dennoch mit den Energie- und Klimazielen – nämlich Energieeffizienz, Klimaschutz und Versorgungssicherheit – in Einklang stehen. Mellach ersetzt zum Beispiel eine Reihe von uns aus dem Betrieb genommener Kraftwerke wie Voitsberg, St. Andrä, Zeltweg und Pernegg. Jedenfalls: Der Switch zu Erdgas ermöglicht es, die Energieeffizienz bei der Stromerzeugung um den Faktor 1,5 zu heben und die spezifischen CO2-Emissionen um den Faktor 2,5 bis 3 zu senken. Das ist schon ein Fortschritt gegenüber dem Status quo. Was das Kraftwerk Puchstraße betrifft, so wäre es natürlich nicht besonders klug, auf einen bestehenden Standort zu verzichten, die Wärme wäre näher beim Verbraucher, und man reduziert die Abhängigkeit von Mellach. Andererseits würde ich auch gerne ein Energiekonzept für den Großraum Graz erstellen, das die energiewirtschaftlich günstigsten Lösungen erhebt, und im Konsens mit den Eigentümern der beiden Unternehmen Verbund und ESTAG eine gemeinsame Lösung suchen.
Könnte dabei herauskommen, dass unter Berücksichtigung all dieser Fakten eines der beiden Kraftwerke nicht gebaut werden müsste? Ja, so können Sie mich zitieren.
ÖVP, KPÖ und Grüne wollen den Großteil der nicht gebundenen Rücklagen der ESTAG auflösen und dieses Geld in den Bau von Biomasse-Heizwerken, in die Förderung des Einbaus von Pelletskesseln und den Ausbau der Solarkollektorfläche investieren … Ich vertrete selbst eine Offensivstrategie, was den Einsatz von Biomasse zur Energiegewinnung betrifft. Nur: Ein Unternehmen, das man seiner Rücklagen beraubt, wird nicht nachhaltig wertschöpfend wachsen können. Ich habe ja auch eine Verantwortung gegenüber dem Eigentümer und gegenüber den Mitarbeitern. Noch einmal: Meine Ziele sind eine Image-Trendwende, der Aufbau der Eigenerzeugung mit eine starken Positionierung als Green-Power-Company und profitables, nachhaltiges Wachstum – u.a., das füge ich jetzt noch hinzu, auch durch Investments im südosteuropäischen Ausland, weil der Heimmarkt begrenzt ist. Gegen ein Zu-Tode-Melken werden sich beide Eigentümer zur Wehr setzen.
» 2 Kommentare
1"2. Wanderung zum Schutz d" am Mittwoch, 13. Mai 2009 22:20
2. Wanderung zum Schutz der Mur-Auen Samstag, 16. Mai 2009 Start: 14:30 bei der 74er-Endstation Dörfla Vorab-Treffpunkt für Radfahrer_innen: 13:30 im Grazer Augarten-Park Rückfahrt: 17:05 (Linie 521) oder 17:55 (510) jeweils ab Erzherzog-Johann-Platz Fernitz
2Kommentar am Freitag, 22. Mai 2009 19:14
Die Plattform zum Schutz der Murauen hat eine neue Webpage: http://au.mur.at/
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