Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Rezensionen
Freitag, 10. April 2009
Das Komische – ein Signal der Transzendenz / Das Netz des Misstrauens / Hans van der Meer und der Paradigmenwechsel / Mythos Eisenbahn / Auch der Staat darf nicht töten / Steirische Berichte – neue Contents, neues Design

Das Komische – ein Signal der Transzendenz

Michael Bünker / Peter Karner, Der Gestank des Todes und der Duft der Auferstehung, 10 Visionen zur Osternacht. Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG, Wien, Graz, Klagenfurt 2009
Hardcover mit Schutzumschlag Format 12 x 20 cm, 180 Seiten, ISBN 978-3-222-13268-1, 19,95 Euro.


Die Ostergottesdienste der reformatorischen Stadtkirche in Wien knüpfen direkt an die Tradition des Osterlachens an, an den risus paschialis. Der Grundgedanke des Osterlachens war, die Osterfreude zum Ausdruck zu bringen. Der Brauch bestand (letzte Erwähnung 1911 in der Steiermark) darin, dass der Priester/Prediger die Aufgabe hatte, die Anwesenden zum Lachen zu bringen. Das gelingt den Autoren Dr. Michael Bünker (Bischof der Evangelischen Kirche A. B.) und Mag. Peter Koren (ehem. Landessuperintendent der Evangelischen Kirche H. B., Journalist und Buchautor) in dem sie die Osterbotschaft in zehn amüsanten Varianten darbieten. Dabei bauen sie auf theologischen, historischen und literarischen Fundamenten und flechten zeitgemäße Alltagserfahrungen ein. Ausgehend von einer Begegnung mit dem lieben Augustin, lesen sich Gebete, Predigten, Choräle, Anekdoten und Zitate geistreich und visionär kombiniert. Lassen Sie sich zum Lachen bringen. Lassen Sie sich auferwecken.  dw

KORSO verlost in Kooperation mit der Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG 3 Exemplare des Buches „Der Gestank des Todes und der Duft der Auferstehung“ beim Kulturquiz unter www.korso.at

Das Netz des Misstrauens

Klaus Modick: Die Schatten der Ideen. Roman. Berlin: Eichborn 2008

Der neue Roman von Klaus Modick beginnt als vergnügliche Campus-Geschichte und verdichtet sich rasant zu einem hoch spannenden Uni- und Politthriller. Der frisch geschiedene Schriftsteller Moritz Carlsen kommt als Writer in Residence ans Centerville College in Vermont um dort Schreiben und Übersetzen zu lehren und nach Möglichkeit seinen Paarungshorizont zu erweitern. Das tritt alles ein, aber es kommt auch noch ganz anders: Carlsen geraten durch Zufall im Keller des Uni-Gästehauses die nachgelassenen, im Gefängnis geschriebenen Aufzeichnungen des deutschen Historikers Julius Steinberg in die Hände, der 1935 in die USA geflohen ist und an diesem College Professor war. Seltsam mutet allerdings an, dass dessen Spuren im Campusgedächtnis völlig gelöscht sind, niemand will sich an den unter mysteriösen Umständen zu Tode Gekommenen erinnern. Carlsen, von Schreibhemmung heimgesucht, wittert in der Sache einen guten Stoff, der seine kreative Krise beheben könnte, und beginnt mit Recherchen. Und diese gestalten sich immer atemberaubender, je näher er dem düsteren Geheimnis kommt, denn Steinberg, ein Freund von Carl Zuckmayer, ist seinerzeit in den Mahlstrom der McCarthy-Gesinnungsschnüffelei geraten, und Carlsen ereilt ein nahezu paralleles Geschick in der Bush-Ära. Der Roman entwirft u.a. ein atmosphärisch beklemmendes Panorama einer paranoiden und politisch wie sexualmoralisch verlogenen Gesellschaft. Die Geister von gestern nisten sich ein in der Gegenwart, drängen sich zwischen die Lebenden und Liebenden, denn Carlsen muss auch erfahren, wie im Zeitalter des Misstrauens Liebe zu Verrat wird. Der Autor (und Übersetzer) ist einmal gefragt worden, ob er E (ernste) oder U(nterhaltungs-) Literatur schriebe, und er antwortete überaus treffend, er mache „UE.“ Klaus Modick legt einen Zeitroman vor, der drei historische Ebenen umschließt, und er spielt mit hohem Einsatz, denn seine Geschichte ist durchaus auch mit Philosophie und Politgeschichte angereichert (und mit bestrickenden Überlegungen zur Literatur). Aber der Einsatz hat sich gelohnt: als einem Meister feiner Erzählstrategien ist diesem Autor ein mitreißender, realitätsnaher und fabulierfreudiger, mitunter humoriger Roman gelungen.   \ Günther A. Höfler

Hans van der Meer und der Paradigmenwechsel

CAMERA AUSTRIA International Nr. 105, 96 Seiten, 128 Farb- und 31 SW-Abbildungen ISBN 978-3-900508-76-0

Im ersten Heft des Jahres 2009 wird das Werk dreier KünstlerInnen präsentiert und deren Arbeit abermals durch begleitende Essays ergänzt. So weist Günther Holler-Schuster in seinem Text über den Künstler Ernst Koslitsch der bildenden Kunst eine Art Brückenfunktion zu, Kirsty Bell wiederum beschäftigt sich mit den historischen Frauenfiguren und ihrer Marginalisierung in der (Kunst-) Geschichte in der Arbeit von Susanne Winterling. „Arbeit und Spiel“ war der Titel der retrospektiven Ausstellung, von Hans van der Meer im vergangenen Jahr. Zu diesem Zeitpunkt wäre es aufgrund der Fußball-Europameisterschaft naheliegend gewesen, diese Ausstellung auf Van der Meers wohl bekanntestes Projekt zu beschränken, in dem der Fußball im Mittelpunkt steht. Im Gegensatz dazu wurde versucht seine Arbeit seit Mitte der 1980er Jahre im Zusammenhang zu zeigen: Frits Gierstberg nähert sich in seinem Essay dem Werk Van der Meers vor dem Hintergrund des Paradigmenwechsels in der zeitgenössischen Fotografie der 1980er Jahre, in dem das Primat des Augenblicks dem des Raumes wich, durch den Distanz zu einem zentralen Begriff wurde, auch im Werk Hans van der Meers.   \ gis

Mythos Eisenbahn

Beppo Beyerl: DIE EISENBAHN. Historische Weichenstellungen entlang des österreichischen Schienennetzes. Wien: Promedia Verlag 2004, 160 Seiten, 11,90 Euro

Wenn sich der Literat Beppo Beyerl auf Recherche begibt, dann fährt er mit der Bahn. Die Reformen der letzten Jahre respektive des Drucks aus Brüssels in Richtung Zerschlagung und anschließender Teil-Privatisierung der Bahnen, nimmt der Autor und leidenschaftliche Bahnfahrer zum Anlass für diese Recherche. Die Geschichte des Eisenbahnwesens beschreibt er als eine Wiederkehr. Private Betreiber und der Staat lösen einander seit 175 Jahren dabei ab, Personen und Güter quer durch das Land zu befördern. Dabei reflektiert Beyerl auch die jüngste Strukturreform des Jahres 2003, die den Gesamtkomplex Eisenbahn in mehrere Einzelteile, sprich Holdings,  filetierte. Diese Entwicklung vergleicht er mit dem privaten Eisenbahnboom in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Wie damals müssen die privatisierten Holdings heute  Gewinne abwerfen, oder die Bahnlinien werden eingestellt bzw. verkauft, falls sich zufällig ein Bankenkonsortium findet.   \ pm

Auch der Staat darf nicht töten

C. Kuretsidis-Haider, H. Halbrainer, E. Ebner (Hrsg.): „Mit dem Tode bestraft“. Historische und rechtspolitische Aspekte zur Todesstrafe in Österreich im 20. Jahrhundert und der Kampf um ihre weltweite Abschaffung. Graz: CLIO 2008. 202 Seiten.

Im Jahr 1968 wurde die Todesstrafe in Österreich endgültig abgeschafft. Die erste Abschaffung nach Gründung der Republik erfolgte bereits 1919 und galt bis 1933. (Allerdings hatte Joseph II. im 18. Jahrhundert, der Aufklärung verpflichtet, als allererster Monarch die Todesstrafe beseitigt; sein Bruder Franz führte sie 1803 wieder ein.) Der vorliegende Band bringt zu unterschiedlichen Aspekten des Themas neun Beiträge, die alle darin übereinstimmen: Die Todesstrafe „geht nicht konform mit dem europäischen Wertekatalog“ ( S. 12). 128 Staaten vollziehen diese Strafe nicht mehr, 69 wenden sie noch an, darunter Japan und USA. (In China, Iran, Irak, Sudan, Pakistan und USA werden etwa 90 Prozent der Hinrichtungen weltweit vollzogen.)
Die Autoren erörtern harte Fakten und historische Zusammenhänge bis hin zu gesellschafts- und justizpolitischen Überlegungen betreffend Kriegsverbrechen und Völkermord. Die Herausgeber betonen, dass die österreichische Straf- und Rechtskultur im Mittelpunkt jener Tagung 2008 in Wien stand, auf die diese Veröffentlichung zurückgeht. Doch das Interesse der Autoren reicht über die engen Grenzen Österreichs hinaus; hat doch unser Land, namentlich Justizminister Christian Broda, die weltweite Kampagne gegen diese „Perversion des Rechtsstaates“ mitgeprägt.
Von der Habsburgermonarchie (Hans Hautmann) über Erste Republik (Martin F. Polaschek), NS-Zeit („Strafrecht als Kampfrecht“, Wolfgang Form), Todesurteile wegen NS-Verbrechen (Claud ia Kuretsidis-Haider) und Todesurteile in der Zweiten Republik (Bernhard Sebl) reichen die Themen.
Im Jahr 1950 erfolgte die letzte Hinrichtung –  wegen Raubmordes – in Österreich; von 1945 bis 1950 waren es insgesamt 16 Vollstreckungen bei tatsächlich 57 verhängten Todesurteilen. In der nun folgenden Diskussion in Parlament und Öffentlichkeit argumentierten die Verfechter mit der abschreckenden Wirkung („Prävention“) dieser Strafe, die Gegner bestritten dies und beriefen sich auf Erkenntnisse, dass die Gewaltbereitschaft besonders hoch ist, wo die Todesstrafe verhängt wird, „denn der Staat statuiert in punkto Gewalt ein Exempel“, so die Herausgeber Claudia Kuretsidis-Haider, Heimo Halbrainer und Elisabeth Ebner in ihrem Vorwort (S. 11).
Beiträge zu Details der Abschaffung in Österreich (Roland Miklau), über die Problematik von Todesstrafe und Kriegsverbrechen (ein erst im späten 19, Jahrhundert geschaffener Straftatbestand) (Winfried R. Garscha) sowie über ihre internationalen Aspekte (Wolfgang Benedek) schließen sich an. Schließlich plädiert Martin Nowak (UNO-Sonderberichterstatter über Folter) für Gerechtigkeit statt Rache, also gegen das „Auge um Auge“. Er appelliert dafür, menschenrechtliche Bildungsarbeit zu leisten, und betont die „Weisheit der Justiz“ in der südafrikanischen Republik, die nach dem Ende der Apartheit nach 1990 ausdrücklich auf das Prinzip staatlicher Rache verzichtete. Es lebe Mandela, möchte man ausrufen. Ein lesenswertes, wichtiges Buch, das CLIO hier vorlegt.   \ Hedwig Wingler

Steirische Berichte – neue Contents, neues Design

steirische berichte 1-2/2009, gedenke.johann.grenzenlos.steiermark. Organ des Volksbildungswerkes. Medieninhaber und Herausgeber: Steirisches Volksbildungswerk, Graz. ISSNOO39 -1042,  5,-- Euro

Auf eine mehr als 50 jährige Geschichte blicken die „steirischen berichte“ zurück. Noch weiter zurück und auf eine ganz besondere Person blicken sie in der druckfrischen Ausgabe 1-2/2009 – auf Erzherzog Johann, seine Zeit und sein vielfältiges und umfangreiches Wirken, das bis in die Gegenwart und Zukunft reicht. Dementsprechend haben sich die „steirischen berichte“ im Erzherzog Johann Gedenkjahr erneuert, dem „Steirischen Prinzen“ zu ehren, und ihm viel Raum widmend. Gut durchdacht, inhaltlich anspruchsvoll und optisch ansprechend bringen Chefredakteur Mag. Gerald Gölles und Team den LeserInnen in den Kapiteln gedenke.johann.grenzenlos.steiermark.wissenschaft.kunst.kultur. den Geist des „Steirers mit Weitblick“ nahe bzw. näher und laden zum Forschen und Weiterlesen ein. Und dafür wird gesorgt: Auch in den nächsten Ausgaben wird Erzherzog Johann im Mittelpunkt stehen und dann, so darf erwartet werden, auch sein soziales Wirken in den Fokus gerückt werden. \ dw

KORSO verlost in Kooperation mit dem Steirischen Volksbildungswerk 3 Exemplare der „steirischen berichte“ 1-2/2009 beim Kulturquiz unter www.korso.at
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