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Kritik an überdimensionierten Kraftwerksprojekten
Freitag, 10. April 2009
An den geplanten Gaskraftwerken in Mellach und in der Grazer Puchstraße entzündet sich weiterhin heftige Kritik; diese kommt sowohl von Seiten der Grünen als auch von NGOs wie etwa Global 2000.

Die Verbundtochter ATP will bekanntlich in Mellach ein Dampfkraftwerk mit mehr als 840 MW Leistung errichten – der Spatenstich ist bereits im Herbst erfolgt – und strebt eine zweite Fernwärmeleitung nach Graz an. Weiters betreibt die Energie Steiermark mit Nachdruck ein Projekt für ein Heizkraftwerk am Standort Graz Puchstraße mit rund 400 MW Leistung. Nach Ansicht von Energie-Experten entstehen dadurch nicht nur gewaltige Überkapazitäten an Strom, die in erster Linie für den Export gedacht sind, sondern es besteht auch kein echter Bedarf für die dabei anfallenden riesigen Mengen von Abwärme.

Kein volkswirtschaftlicher Bedarf. Die Grazer Grünen stehen den beiden Projekten überaus kritisch gegenüber. „Beide Kraftwerksprojekte gehen am tatsächlichen Bedarf der Stadt Graz vorbei“, betonten Bgm.-Stv. Lisa Rücker und die grüne Umweltsprecherin Mag. Andrea Pavlovec-Meixner auf einer Presskonferenz einhellig. „Die Investitionen sind volkswirtschaftlich nicht vertretbar und bringen uns von der Erreichung der Klimaziele noch weiter weg“, erklärt dazu Gemeinderätin Pavlovec-Meixner: „Das ,Abfallprodukt‘ Wärme kann nicht annähernd sinnvoll genutzt werden, nur drei Prozent der Abwärme aus Mellach II könnten ins Grazer Fernwärmenetz eingespeist werden. Im Gegenzug würde die unvorstellbare Menge von 3395 Gigawattstunden einfach in die Luft geblasen oder zur Kühlung in die Mur geleitet – das entspricht dem Fernwärmebedarf der Stadt Graz für drei Jahre.“

Verfehlte Klimapolitik? „Die Realisierung dieser Projekte in der geplanten Form läuft nicht nur allen klimapolitischen Zielen der Steiermark entgegen, sondern hätte angesichts der enormen Treibhausgasemissionen auch extrem negative Auswirkungen auf die Klimabilanz Österreichs“, gibt Rücker zu bedenken, denn „Strafzahlungen in Milliardenhöhe würden die unausweichliche Folge dieser Fehlplanungen sein.“
Von Seiten des Verbunds sieht man in den Gaskraftwerken jedoch eher einen Gewinn für die Umweltsituation: „Die GUD-Anlage Mellach bringt im Vergleich zu älteren Kraftwerken eine Energieeffizienzsteigerung von 26 Prozent. Auch beim Klimaschutz werden mit einer Reduktion der CO2-Intensität (erzeugte Tonnen CO2 pro Megawattstunde) um 40 Prozent neue Maßstäbe gesetzt“, und verspricht: „Die zur Erreichung der österreichischen Klimaziele festgelegte CO2-Bilanz der Steiermark wird durch das Kraftwerk Mellach nicht negativ belastet.“

Massive CO2-Emissionen. Doch abgesehen von der fragwürdigen Versorgungssicherheit bei Gas sind auch hier die Emissionen nicht unerheblich: Laut UVP-Bescheid soll Mellach II pro Jahr 2,2 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre blasen. Zusammen mit weiteren Gaskraftanlagen in Kärnten und Niederösterreich ist der Verbund damit auf dem besten Weg zum CO2-Emittenten Nr. 1 in Österreich, kritisiert Heinz Högelsberger, GLOBAL 2000 Energieexperte. Zusammen mit dem projektierten Heizwerk in der Puchstraße entstünden dabei Treibhausgase, die jene von gesamt Graz inklusive Verkehr, Industrie und Haushalten übertreffen würden, erklärt Pavlovec-Meixner. Außerdem will der Verbund mit den modernen Gaskraftanlagen das alte Kohlekraftwerk in Mellach nicht ersetzen, sondern parallel dazu weiterbetrieben.

Alternativen: Thermische Sanierung und Solarwärme. Gefordert wird von Seiten der Grünen die Erhöhung der thermischen Sanierungsrate von derzeit bescheidenen 1% der Wohnhausbestände auf zumindest 2% mit Hilfe von Förderungen; daneben bietet der forcierte Ausbau der Einspeisung von Wärme durch Großsolaranlagen, von denen in Graz bereits mehrere erfolgreich in Betrieb gegangen sind, eine sinnvolle Alternative zu überdimensionierten Gaskraftwerken, erklären Rücker und Pavlovec-Meixner. Auch bei einem beschleunigten Ausbau der Fernwärmeanschlüsse in Graz ist ein echter Engpass in der Versorgung,  der eine zweite Fernwärmeleitung erfordern würde, noch nicht absehbar. Das zeigt ein betreiberunabhängiges Gutachten der Grazer Grünen. Eine modernisierte 50-MW KWK-Turbine in der Puchstraße anste lle des geplanten 400 MW-Blockes würde für die zukünftige Versorgung leicht ausreichen, zitiert Pavlovec-Meixner aus dem Gutachten. Außerdem solle demzufolge Mellach II auf die Hälfte der Kapazität reduziert sowie das alte Kohlekraftwerke Mellach als Ausfallsreserve weitgehend stillgelegt werden, um einen positiven Effekt in der Emissionssituation zu erreichen.


\ Josef Schiffer

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