Rezensionen |
Mittwoch, 11. März 2009 | |
Ein etwas anderes Sportbuch / Aber leider setzt sich Glück nicht aus E-Mails zusammen. / Diese Flucht hört da nicht auf, und warum sollte sie? / Erzherzog Johann / Intergalaktische Reisen / Kroatien: Schein und Wirklichkeit / Ein Jahr Kosovo-Unabhängigkeit
Ein etwas anderes Sportbuch Reinhard P. Gruber: Alles Sport. Graz: Droschl Verlag 2008, 214 Seiten, 19,-- Euro In der im Droschl-Verlag erschienenen, jüngsten Veröffentlichung Reinhard P. Grubers, „Alles Sport“, werden des Autors Glossen, die er in diversen Tageszeitungen zwischen 2002 und 2007 veröffentlicht hatte, erstmals komprimiert aufgelegt.
Aber leider setzt sich Glück nicht aus E-Mails zusammen. Daniel Glattauer: Alle sieben Wellen. Wien: Zsolnay Verlag 2009. 222 Seiten, 17,90 Euro Zu Daniel Glattauers Romanfortsetzung „Alle sieben Wellen“. Es gibt Bücher, die nimmt man beim Schlafengehen in die Hand und legt sie erst weg, wenn die letzte Seite erreicht ist. Über denen man sich vergisst, mit denen man sich identifiziert, die einen einnehmen, mit Haut und Haar.
Diese Flucht hört da nicht auf, und warum sollte sie? Stefan Schmitzer: wohin die verschwunden ist, um die es ohnehin nicht geht, Graz/Wien: Droschl 2009, 148 S., 18,-- Euro Eine Geschichte, aus zwei Perspektiven erzählt: Zum einen aus jener einer sehr jungen Frau, die vom haltlosen Dahintreiben in eine scheinbar gesicherte familiäre Existenz hineingleitet, aus dieser nahezu ebenso übergangslos in ein Remake ihres Lebens am Rande der Gesellschaft, sich daraus zum ersten Mal durch eigene Anstrengung rausarbeitet, verstehen will, was die Welt antreibt, indem sie ein Wirtschaftsstudium beginnt, widerständig wird gegen die Zumutungen des Patriarchats und deswegen fliehen muss.
Erzherzog Johann Hans Magenschab: Erzherzog Johann – Bauer, Bürger, Visionär. 2008 Styria Verlag in der Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG, Hardcover mit Schutzumschlag, 13,5 x 21,5 cm, 404 Seiten, ISBN 978-3-222-13255-1, 24,95 Euro. Dem unkonventionellen Reformer und Modernisierer, dem Habsburger, der gegen den Mainstream andachte, dem die Erhaltung der Natur und der Respekt gegenüber den Menschen ein großes Anliegen war, und dessen Zukunftsmodelle vor allem in der Steiermark nach wie vor wirken, widmete der Autor Hans Magenschab viele Jahre des Forschens. Mit Hingabe und Akribie schildert der Autor das Leben und Wirken des „größten politischen Talents unter den Habsburgern seit Jopseph II“. Nicht streng wissenschaftlich, aber chronologisch und auf der Historie basierend erfährt die LeserIn Details aus Erzherzog Johanns Leben, über Familienangehörige, WegbegleiterInnen und über das jeweilige Zeitgeschehen in seinen Wirkungskreisen, auf seinen Reisen, und über seine Ambitionen als Förderer des Kultur- und Bildungsbereiches sowie der Industrie und der Landwirtschaft. \ dw
Intergalaktische Reisen Klaus Theweleit/ Rainer Höltsch: jimi hendrix. Eine Biografie. Berlin: rowohlt 2008, 256 Seiten, 17,90 Euro Er war Linkshänder, ein häufig geschlagenes Kind häufig betrunkener Eltern, der auf einer Gitarre mit nur einer Saite zu spielen begann, und schließlich, nachdem er begriffen hatte, dass er die Saiten verkehrt herum aufspannen musste, so besessen übte, dass er die anderen Gitarrengötter des Goldenen Rockzeitalters das Fürchten lehrte. Unsereiner sah allenfalls Farben nach dem maßvollen Genuss von LSD, er stellte die Farben her, indem er Musik machte. In seinen Adern floss schwarzes und Indianerblut und er trug einen rasierklingendünnen Schnurrbart, den er Little Richard abgesehen hatte. Die Fender Stratocaster war sein Raumschiff und mit ihr steuerte er durch den Weltraum. Sooft er vom Outer Space zurückkehrte, brachte er ekstatische Songlines mit, die er mit seiner zugleich flachen und durchdringen Antistimme vortrug. Er galt als sanft, neigte aber dazu Frauen, die er wirklich liebte, zu schlagen. Es gibt jede Menge Literatur über Jimi Hendrix und Charles R. Cross’ „Room Full of Mirrors“ ist vermutlich der umfangreichste, genaueste und langweiligste Text von allen. Aber letzten Herbst ist „jimi hendrix. Eine Biografie“ bei rowolth erschienen: ein feines, kleines, hinreichend wahnsinniges und präzises Vademecum von Klaus Theweleit und Rainer Höltsch um sich wieder einmal an den mit 27 Jahren Verstorbenen und seine Musik zu erinnern. \ wh
Kroatien: Schein und Wirklichkeit Norbert Mappes-Niediek: Kroatien. Das Land hinter der Adria-Kulisse. Berlin: Christoph Links Verlag. 200 Seiten, 16,90 Euro „Wie sind die Kroaten?“, fragt Autor Norbert Mappes-Niediek eingangs und lässt die Alarmglocken der versiert-balkanophilen Leserschar schrillen: Unbegründeterweise, wie sich rasch herausstellt, denn wenn auch manche/-r eine oberflächliche Klischee-Abhandlung vermutet, so sorgt die Lektüre dieses schlauen Büchleins vielmehr für einen umfassenden Abriss kroatischer Mentalitäts- und Alltagsgeschichte fernab weitverbreiteter Postkartenidyllen. Und dieser Abriss sparrt auch die dunklen Flecken der Geschichte Kroatiens nicht aus, stellt sich proaktiv den Widersprüchen, ohne dabei auf die adäquate Sorgsamkeit in der Herangehensweise zu vergessen. Gerade in diesen Punkten hat Mappes-Niediek einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil: Sein griffig-reduzierter Sprachstil, der von seiner langjährigen Erfahrung als Balkan-Korrespondent für diverse Printmedien zeugt, ermöglicht präzise Erklärungsmuster historischer Zusammenhänge – pointiert werden unreflektierte Klischees entkräftet. So werden von nationalistischer Seite nicht selten Sprache und vor allem Religion als Unterscheidungsmerkmale für die neu entstandenen Nationen des Balkans ins Treffen geführt – eine Argumentation, die bei näherer Betrachtung gewaltig hinkt, wie Mappes-Niediek auszuführen im Stande ist. In diesem Punkt leistet das vorliegende Buch indirekt auch einen Betrag zum nicht selten undifferenzierten Bild, das in Österreich vom Balkan vorherrscht. \ gis
Ein Jahr Kosovo-Unabhängigkeit Hannes Hofbauer: EXPERIMENT KOSOVO. Die Rückkehr des Kolonialismus. Wien: Promedia Verlag 2008. 264 Seiten, 17,90 Euro Im Februar 2008 hat das Parlament in Pristina die Unabhängigkeit des Kosovo ausgerufen. Nicht erst seitdem berufen sich die Gegner der Sezession auf das Völkerrecht, die UN-Resolution 1244 aus dem Jahr 1999, die eine territoriale Integrität Jugoslawiens garantiert hatte; die Befürworter der Unabhängigkeit argumentieren mit von Serbien verletzten Menschenrechten. Kosovo startet als „gescheiterter Staat“ in eine neue Epoche: Die Kernelemente seiner Wirtschaft funktionieren nicht, sozialer Aufstieg spielt sich zwischen Schwarzmarkt und Massenemigration ab und seine politische Elite folgt äußerem Druck. Der von der UNO verworfene und gleichwohl von den USA und der EU in Kraft gesetzte Ahtisaari-Plan schreibt eine überwachte Unabhängigkeit vor, die sowohl Legislative als auch Exekutive in fremde Hände legt. Militärisch herrscht die von den USA geführte KFOR-Truppe, zivil wird das Land mittels allerlei Kürzeln von der Europäischen Union verwaltet. \ pm
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