Die beiden Grazer Theatermacher Rezka Kanzian und Franz Blauensteiner wohnen im Lendviertel – um genau zu sein: Neben dem Volksgarten. Dort hat sich in letzter Zeit eine Szene aus Kleinkriminellen, Suchtkranken, Street-Runnern aus der Haschisch-Branche und Borderlinern etabliert, die den AnrainerInnen das Leben nicht leicht macht.
Mit dem Stück: „Der Rassist“ greift Blauensteiners/Kanzians Werkraumtheater diese Situation auf und schöpft dabei aus den eigenen alltäglichen Erfahrungen. „Es trägt nicht zur Wohnqualität bei, wenn etwa ein traumatisierter Asylwerber, ein schwerer Alkoholiker, den ganzen Tag auf einer Bank vor deinem Fenster sitzt und ununterbrochen schreit“, sagt Franz Blauensteiner. Die Politik habe lange gar nicht reagiert, die nun gesetzten Schritte (etwa die Entfernung der Bänke, wo Dealer auf ihre Kundschaft warten) hätten zwar Erleichterung gebracht, aber: „Wir wollen effiziente Sofort- und dauerhafte Integrationsmaßnahmen. Z. B. wären SozialarbeiterInnen oder PolizistInnen mit Migrationshintergrund in unserem Viertel höchst notwendig.“ Was passiert, wenn die Politik untätig bleibt, haben Kanzian und Blauensteiner auf die Bühne gebracht – in allerhöchster Intensität: Im Zentrum der Aufführung steht das Fenster, durch das der Protagonist, der langzeitarbeitslose Tapezierer Max Meldesheimer, die Welt erlebt. Durch die Einspielung (Technik: Nina Ortner) von vor Ort aufgenommenen Filmen und Geräuschen erlebt das Publikum ungefiltert das Bedrohungsszenario, das da durch das offene Fenster auf die ohnehin durch Arbeitslosigkeit und gescheiterte Ehe in ihrem Selbstwert schwer beschädigte Hauptfigur einstürzt.
Das Unverständnis der Eliten. Dass sich Meldesheimer (Franz Blauensteiner) – dem als einzige Lebensäußerung das Monologisieren vor seinem mit Bierdosen gefüllten Kühlschrank bleibt – zum Rassisten entwickelt, erscheint so als nahezu zwangsläufiger Prozess. Gefördert wird er noch durch das Unverständnis der Eliten: Rezka Kanzian kommentiert in dem Zwei-PersonenStück mal als Magistratsbeamtin, mal als Fernsehmoderatorin den hilflosen Protest Meldesheimers mit Versatzstücken aus Soziologen-Aussagen („Parks sind zivile Lernorte“) und wohlmeinenden Beschwichtigungen. „Wir wissen, dass wir da ein heißes Thema aufgreifen, mit dem wir leicht missverstanden werden könnten“, resümiert Blauensteiner. „Aber es nützt nichts, die Augen zu verschließen: Wenn die Politik hier nicht Maßnahmen setzt, um die Situation zu entschärfen, und gleichzeitig die Wirtschaftskrise zu Kürzungen bei den Sozialleistungen führt, werden sich alle Projektionen gegen die Ausländer richten.“ Den Profiteuren des Systems soll es ja ganz gut in den Kram passen, wenn sich seine Opfer gegenseitig bekämpfen. \ Christian Stenner Der Rassist – eine Werkraumtheater-Produktion 2009. Von und mit Franz Blauensteiner & Rezka Kanzian. 21., 27. und 28. März, 7., 8., 18., 24. und 25. April, 1., 2., 8., 9., 15. und 16. Mai 2009, jeweils 19:30 im Werkraumstudio in der Glacisstraße 61a, 8010 Graz. Karten: grazkarten@werkraumtheater.at, Tel. 0676/ 789 789 9
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