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Bye bye, Thai? Reise-Impressionen aus dem „Land der Freien“ |
Dienstag, 10. Februar 2009 | |
Thailand überlebt Regierungskrisen und Flutwellen – und gefährdet seine Tourismuseinnahmen durch sorglosen Umgang mit der Umwelt.
Das erste Jahrzehnt im neuen Jahrtausend ist für die Thailänderinnen und Thailänder kein besonders glückliches: Vogelgrippe-Alarm, Bombenterror, tausende Tsunami-Tote und der politische Umsturz 2008. Business as usual – zumindest für TouristInnen. Ein Thailand-Besuch zu Jahreswechsel überrascht: Von mutmaßlicher Katastrophenstimmung ist genauso wenig eine Spur zu sehen wie auch von irgendwelchen Erinnerungen an die Flutwelle 2005. Schon am Flughafen in Bangkok läuft „business as usual“, die strengen Einreisekontrollen der meist lächelnden Securitybeamten beruhen auf den Folgen der Terroranschläge 2001 in den USA. Genauso schnell wie die internationale Berichterstattung über die thailändische Innenpolitik nach den Airportbesetzungen im November und Dezember des Vorjahres wieder erloschen ist, wurden auch die Spuren beseitigt. Der Bangkoker „Suvarnabhumi International Airport“ glänzt wieder wie seit seiner Eröffnung im Jahr 2006 – er ist noch heute der modernste Flughafen Asiens. Auch die Bauarbeiten für die neue Direkt-Schnellbahn vom Airport nach Bangkok laufen wieder auf Hochtouren und sollen im Sommer des heurigen Jahres abgeschlossen sein. Hintergrund der Besetzungen am „Suvarnabhumi“ und auch am Regionalflughafen „Don Mueang“ waren die seit Mai 2008 immer lauter werdenden Proteste gegen die regierende PPP-Partei („Phak Palang Prachachon“, auf Deutsch etwa Volksmachtpartei), der von der Opposition, insbesondere von der PAD-Partei („Volksallianz für Demokratie“) Korruption und Wahlbetrug vorgeworfen wurde. Allerdings war das zentrale politische Ziel der PDA, dass in Hinkunft nur mehr 30% der Abgeordneten gewählt, die restlichen 70% aber vom König ernannt werden sollten. Eine Woche lang brachten die Regierungsgegner den Flugverkehr vollständig zum Erliegen, bis schließlich der thailändische Verfassungsgerichtshof die PPP auflöste und der Oppositionspolitiker Abhisit Vejjajiva vom Parlament zum neuen Premierminister gewählt wurde. Auch in einem der Hauptreiseziele Thailands, der Insel Phuket, ist ein paar Wochen nach den Demonstrationen, die rund 500 Verletzte forderten, nichts mehr zu spüren. Vor den buddhistischen Tempeln rauchen Mönche entspannt ihre Zigarette, an den wunderbaren Sandstränden tummeln sich Touristinnen und Touristen aus aller Welt – von Brasilien über Europa bis aus Australien. Von einem Tourismuseinbruch ist nichts zu spüren – die Strände sind genauso gut belegt wie die zahlreichen Restaurants, die speziell aus Graz kommende Liebhaber der thailändischen Küche schmerzhaft daran erinnern, dass in der Murmetropole ein guter „Thailänder“ fehlt. Der oberste Pfadfinder. An jeder Ecke begegnet man freilich jener Person, die in Thailand buchstäblich über den Dingen steht: König Bhumibol Adulyadej alias Rama IX blickt allerorts – meist auf überlebensgroßen Bildern – auf sein Land, auf seine Menschen. Und spätestens nach dem vierten Rama-Bildnis – also höchstens fünf Minuten nach der Ankunft im Land – ist man als Besucher überzeugt, dass diese Person dafür mit- oder gar hauptverantwortlich ist, wie die Thailänderinnen und Thailänder mit ihrer Situation umgehen. Das derzeit längstdienende Staatsoberhaupt der Welt – Rama IX wurde 1946 (!) König – strahlt selbst Ruhe und Besonnenheit aus und gilt als sehr volksverbunden; er ist etwa auch der oberste Pfadfinder des Landes, in dem „Scouting“ sogar in den Schulunterricht integriert ist. Die unzähligen Bildnisse des Monarchen wurden beispielsweise auch nicht aufgrund eines Gesetzes oder einer Verordnung des Königs angebracht, sondern freiwillig von der Bevölkerung, die ihm per Volksabstimmung im Jahr 1987 den Beinahmen „der Große“ verlieh, aufgestellt. Gesetzlich verboten ist freilich Kritik am Staatsoberhaupt – hierfür drohen bis zu 15 Jahre Gefängnis… „Green holidays“? Auffallend ist, dass Thailand zur Zeit verstärkt mit Begriffen wie „green holidays“ oder „green tourism“ wirbt – doch leider handelt es sich dabei um reine Marketinggags. Bestes Beispiel sind die weltberühmten „Phi phi islands“, die durch den Film „The Beach“ mit Leonardo DiCaprio bekannt wurden. Dieses Naturparadies wird Phuketbesuchern unzählige Mal als Tageausflugs-Tour angeboten – und wer sich überreden lässt, erlebt Massentourismus in schlimmster Reinkultur. Die rund zwanzig Leuten Platz bietenden Schnellboote stauen sich vor den Buchten der Trauminsel beinahe wie die Autos am sommerlichen Brenner – und wird einmal geankert, hat man maximal eine halbe Stunde Zeit, schon heißt es wieder „Anker los“. Wirklich ärgern muss man sich darüber freilich nicht, denn am feinen Sandstrand wäre kaum ein freier Platz zu finden gewesen, da sich genügend Touristen finden, die es vorziehen, statt des kleinen Inselrundganges am Strand zu liegen und – ja was eigentlich? Die ankommenden Schnellboote zu beobachten, vermutlich … Am nächsten „Phi phi islands“-Strand gibt’s dafür dann sogar „Show-Programm“: Dieser heißt nämlich „Monkey Beach“, weil sich dort viele kleine Äffchen tummeln. Und weil die Tierchen süß und zutraulich sind und der einheimische Reiseleiter das auch allen beweisen muss, zeigt er der johlenden Menge, wie eines der Äffchen eine ganze Flasche „Pepsi-Cola“ aus seiner Hand trinkt … Das Ende der Korallenriffs. Dass Thailand tatsächlich bald ein gravierendes Problem bekommen könnte, zeigt sich an den nächsten beiden Buchten, die bei einer solchen Tour anvisiert werden. Dort kann man nämlich tauchen, beziehungsweise schnorcheln – bloß: Wer schwimmt schon gerne in einem Gewässer, in dem ringsherum Plastikflaschen schwimmen, die von Touristen entsorgt wurden? Viele übrigens – zumindest noch. Und wer sich die Taucherbrille aufsetzt und sich ein wenig die Unterwasserwelt ansieht, bekommt ein deutliches Bild: überall abgebrochene, tote Korallen – zerstört durch die Anker, die die Schnellboote Tag für Tag in den Grund stoßen. Tote Korallen führen freilich gleichzeitig dazu, dass auch die vielen bunten Fische nach und nach verschwinden, da sie ihre Aufzuchtplätze sowie ihre Nahrung verlieren – und am Ende steht dann in der endgültige Zusammenbruch des Ökosystems. Sind Korallenriffe einmal ultimativ zerstört, gibt es keine Chance mehr auf eine Wiederansiedelung. Trotzdem gibt es freilich ein wenig Hoffnung: Immer öfter starten auch in Thailand internationale „Freiwilligen-Projekte“: Es sind meist Europäerinnen und Europäer, die ins Land kommen und für den Umweltschutz arbeiten. „Projects abroad“ beispielsweise beobachtet Riffschäden und führt zusammen mit lokalen Schulen Strandsäuberungen durch. Und auch die Regierung ist nicht ganz untätig: Nachdem die einst reichen Wälder des Landes über Jahrzehnte rücksichtslos abgeholzt wurden, sodass es zu einer immer stärkeren Bodenkorrosion und zu katastrophalen Erdrutschen kam, wurde vor einigen Jahren jeglicher Holzeinschlag grundsätzlich verboten. Immerhin ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn man sich in vielen Provinzen des Landes (noch) nicht daran hält … Das traurige Fazit: Regierungsumstürze, Flutwellen oder Krankheiten haben Thailand nicht zu Boden gerungen – es ist die Umweltzerstörung, die zu einer immer größeren Gefahr für die Zukunft des Landes wird, weil sie eine seiner wichtigsten Einnahmequellen, den Tourismus, untergräbt. \ Bernd Hadler
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