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„Steirische Energie- und Klimapolitik“: Viel Pragmatik, wenig Revolutionäres |
Dienstag, 10. Februar 2009 | |
Mehr oder minder originelle Strategiepapiere zur Sicherung einer weitgehend „autarken“ Energieversorgung erleben zurzeit eine Hochkonjunktur. Trotz der dräuenden Wirtschaftskrise und in ihrem Gefolge sinkender Rohölpreise bleibt das Thema Energie hochaktuell.
Der Schock der russischen Gasliefersperre sitzt noch immer tief und die Einhaltung der ambitionierten EU-Ziele zur Steigerung des Anteils an erneuerbaren Energien liegt der heimischen Politik schwer im Magen; eine an sich ausgezeichnete Ausgangsposition bei den erneuerbaren Ressourcen wurde in den vergangenen Jahren nicht konsequent genutzt und die Rolle des „Vorreiters“ innerhalb der EU an andere Länder abgegeben. Der hehre Idealismus von einst beginnt einem nüchternen Pragmatismus zu weichen, der auf (bewusst) diffus formulierte Maßnahmenbündel setzt, die niemandem weh tun sollen, aber auch wenig bringen werden. Ungehemmt steigender Energieverbrauch. Die erweiterten Sozialpartner der Steiermark haben mit ihrer „Energiestrategie 2020“ vor kurzem die nackten Fakten auf den Tisch gelegt: Von 1995 bis 2005 ist der Energieverbrauch in der Steiermark um rund ein Fünftel von 184,6 auf 222,2 Petajoule (PJ) gestiegen, gleichzeitig hat sich der Anteil der erneuerbaren Energie davon nicht abheben können und liegt fast unverändert bei 20%. Das Papier fordert als nicht ganz neue Konsequenz daraus, „um eine nachhaltige Veränderung zu bewirken (…) den offensiven Dialog zwischen Politik, Verwaltung, Wirtschaft (…) und der steirischen Bevölkerung“. Das Potenzial der erneuerbaren Energien könnte bis 2020 realistisch um 59% im Vergleich zu 2005 ausgebaut werden, erläutert dazu Dr. Horst Jauschnegg, Bioenergiefachmann der Steirischen Landwirtschaftskammer. Der Löwenanteil käme dabei mit 13 PJ von der Biomasse, während die Wasserkraft um 4 PJ bzw. andere Ressourcen um knapp 3 PJ ausgeweitet werden könnten. Gemäß den EU-Zielvorgaben hat sich Österreich aber zu einem Anteil von 34% erneuerbarer Energie verpflichtet. Um diese Vorgabe zu erreichen, müsste der Energieverbrauch um knapp 20% gedrosselt werden, ein realitätsfernes Szenario, wie Mag. Jochen Pildner-Steinburg von der Industriellenvereinigung einräumt. Sparpotenziale mit Tücken. Konkrete Vorschläge zur Einsparung von Energie fehlen im Papier der Sozialpartner keineswegs: durch den Verzicht auf Standby-Funktionen und effizientere Haushaltsgeräte könnten beim Stromkonsum mehr als 7% eingespart werden. Dem steht allerdings ein jährlicher Anstieg des Verbrauchs beim Strom von rund 3% entgegen, der durch die Zuwächse bei elektrischen Heizungen, Wäschetrocknern, Wärmepumpen etc. massiv beschleunigt wird. Ähnliches gilt für den Pkw-Verkehr, weil der Effekt verbrauchsärmerer Autos durch immer höhere Kilometerleistung pro Jahr kompensiert wird. Etwas besser sieht die Lage bei der Gebäudewärme aus, wo durch Dämmungsmaßnahmen und Biomasseheizungen die CO2-Emissionen tatsächlich drastisch reduziert werden könnten. Dies würde aber eine deutliche Anhebung der finanziellen Förderungen zugunsten der Wohnrumsanierung bedingen, um die derzeit flaue Rate von 1% der Altbestandserneuerung auf mindestens 3% im Jahr anzuheben, betont Jauschnegg. Fragwürdige Kraftwerkspolitik. Die Tatsache, dass die Projekte aus alternativen Energien gerne ins Schaufenster gestellt werden, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Erdgasbedarf für neue Kraftwerke in Bälde markant ansteigen wird. Nicht nur der zunehmende Strombedarf im Großraum Graz, sondern vor allem der gestiegene Preis für elektrische Energie, der sich an den Stromhandelsbörsen in den vergangenen fünf Jahren von 25 auf rund 80 Euro pro MWh Grundlast verdreifachte, hat das Errichten von neuen Kraftwerken wieder zu einem lukrativen Geschäft werden lassen. Die neu geplanten Gasdampfkraftwerke der Verbund ATP in Mellach werden mit einer Leistung von 832 MW gut ein Zwölftel des österreichischen Gasimports verschlingen, kritisiert die grüne Clubchefin der Steiermark, Ingrid Lechner-Sonnek. Ein weiteres Projekt der Energie Steiermark in Graz/Puchstraße soll weitere 400 MW erbringen. Ob die anfallende Abwärme der neuen Gaskraftwerke für Fernwärmezwecke überhaupt genutzt werden kann, ist mehr als fraglich, zumal der Verbund keine Verpflichtung dazu eingegangen ist. Ein Ausbau der Leitungen von Mellach nach Graz wird als wenig rentabel angesehen, weil die vorhandenen Kapazitäten den Bedarf außerhalb von Spitzenzeiten nach wie vor leicht abdecken, und das geplante Kraftwerk in der Puchstraße kürzere Anbindungswege hätte. Neue Energie in alten Schläuchen. Im Vergleich dazu können die als erneuerbare Ressourcen deklarierten, aber wegen Bedrohung der naturnahen Auenlandschaft heftig umstrittenen Murkraftwerke Gössendorf und Kalsdorf jeweils rund 18,5 MW, d.h. nur rund 3% der neuen Gaskraftwerke, erbringen. Trotzdem setzt die Landesenergiepolitik auf den weiteren Ausbau der Wasserkraft. Von den angestrebten 8 PJ Potenzial in steirischen Flüssen ist nach Meinung von ExpertInnen aber nur die Hälfte realisierbar, da viele Laufstrecken in geschützten Gebieten liegen. Die angestrebte „Entbürokratisierung“ der Umweltprüfungsverfahren (UPV) lässt befürchten, dass deren Kriterien aufgeweicht werden können, um eine schnelle Errichtung im Sinne der Energieversorger zu gewährleisten, worauf auch „Attacken auf die Umweltanwältin des Landes beim Stauprojekt Schwarze Sulm hinweisen“, gibt Lechner-Sonnek zu bedenken. Zurück in die Energiezukunft? Auf einer Veranstaltung der Impuls Styria an der TU Graz wurde Anfang Februar der Katalog „Impuls:Energie 2025“ mit einer Reihe von Empfehlungen präsentiert (siehe Interview mit Josef Spitzer). Neben dem Ausbau der erneuerbaren Ressourcen und der weitgehend in Landeskompetenz liegenden verbesserten Förderung für die Wohnraumsanierung soll vor Bewusstseinsbildung betrieben werden. Ob eine zentralisierte Erschließung der regenerativen Ressourcen, wie sie ebenfalls in dem Strategiepapier vorgeschlagen wird, etwa durch Einbindung der OMV bei den Biotreibstoffen, dem Gedanken der alternativen Energie gerecht wird und nicht eher den kommerziellen Interessen der Versorger dient, darf zumindest in Frage gestellt werden. Der Mut z-u durchgreifenden Veränderungen ist aus solchen Strategien jedenfalls nicht ablesbar und dass sich daran im Lauf der Zeit wenig geändert hat, beweist ein Blick in das „Energiesparbuch“ aus der Zeit von LH Friedrich Niederl (1980), worin schon postuliert wird „Eine bessere Auswertung der vorhandenen Energie und die Erschließung regenerativer Energiequellen sind jene Wege, die allein zukunftsträchtig sind.“ \ Josef Schiffer
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