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Neue Literatur aus Tschechien |
Montag, 12. Januar 2009 | |
Lichtungen. Zeitschrift für Literatur, Kunst und Zeitkritik. Heft 116. Graz: 2008, 98 Seiten, 5,00 Euro
Neue Literatur aus Tschechien steht im Mittelpunkt der aktuellen Ausgabe der Grazer Literaturzeitschrift „Lichtungen“; die abgedruckten Texte bieten einen Überblick über die in der informativen Einleitung von Gertraude Zand skizzierten Strömungen seit der samtenen Revolution 1989, von der realistischen Schilderung des antistalinistischen Widerstands in Romanform (Jan Novák) bis zu den hermetischen Gedichten Jiri Grušas. Ebenfalls höchst lesenswert: Das ausführliche Interview mit Zsuzsanna Gahse über ihr Werk, insbesonders über ihre jüngsten Bücher „Oh, Roman“ und „Instabile Texte“, über ihr Verständnis von Sprache und ihre Tätigkeit als Übersetzerin. Der abschließende Essay von Georg Petz zum Thema Kultur – Macht – Mensch (einer Initiative der KulturServiceGesellschaft Steiermark) wird nicht nur Zustimmung finden: Geißelt der Autor einerseits zu Recht die vorherrschende Orientierung am Vermarktbarkeitspotenzial als Beurteilungskriterium für künstlerisches Schaffens, so begibt er sich mit seiner Auffassung der Überzeitlichkeit von Kunst (die sich solcherart allen anderen Systemen ,aus anderen Bereichen unseres Lebens‘ entziehe) auf sehr glattes Terrain. Gerade die zitierten Beispiele ,unsterblicher‘ Werke – die alten ägyptischen Mastabas, die Höhlenzeichnungen, das Book of Kells, Mcbeth und Ulysses – zeigen die Einbettung der darin verwendeten Zeichen- und Bedeutungssysteme in die jeweilige gesellschaftliche Realität. Und Petzens These, dass die Kunst autonom sei und ihr nichts anderes in der Realität entspreche, werden sich gesellschaftlich engagierte KünstlerInnen nicht gerne anschließen wollen. Dem aktuellen Heft liegt eine DVD des Instituts für Kunst im öffentlichen Raum über das Projekt „Tempelschläfer“ von Florian Schmeiser und Susanne Schuda bei – eine überdimensionale Buddhafigur, in deren Nabel ein Scanner integriert ist, der die Strichcodes daran vorbeigeführter Waren liest und in meditative Klänge umsetzt. Im Nabel des „Tempelschläfers“, der bereits in mehreren großen steirischen Einkaufstempeln zum Einsatz gelangte, treffen Warenfetisch und Konsumzwang auf die Sehnsucht nach dem Ende der Entfremdung, dem Wohlklang des reinen Idylls. cs
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