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ROBIN HUT - Briefe aus Absurdistan
Montag, 12. Januar 2009

35. Brief: Jänner 2009

Hallo, alter Freund!

Das war ein sonderbares Weihnachtsfest diesmal. Eine entspannte Aneinanderreihung von Zusammentreffen mit geliebten Menschen, aber auch nicht mehr. Nicht, dass ich das nicht zu schätzen wüsste, aber da war einfach kein Weihnachtszauber. Die erhöhte Frequenz dieser Treffen hätte auch purer Zufall sein können; oder Schlamperei im Umgang mit den Terminkalendern. Oder sich aus Anlass der 888-Jahr-Feier unserer Heimatstadt zutragen können.

Nichts war da von Erwartung, von Vorfreude und den Treffen fehlte eben auch dieser Weihnachtszauber, der jedes Jahr genau dieses Zusammensein unter vielen zu etwas Besonderem macht. Zuerst dachte ich, es liegt an mir; dann hatte ich meine Kinder unter Verdacht. Dass eigentlich sie schuld seien, weil sie es gewagt haben, selbst den Zauber des Weihnachtsfestes zurückzulassen, ohne zeitgerecht für Nachwuchs zu sorgen, der diesen weiterträgt.
Auch dass die rituellen Weihnachtszusammenrottungen der folgenden Tage mit engen Freunden und Verwandten keinerlei Besserung brachten, führte ich mehr auf deren vergleichbaren Fortschritt am Lebensweg zurück, sind halt auch nicht mehr ganz jung, die Besten. Dann allerdings bemerkte ich, dass die katholische Kirche sogar Plakatkampagnen veranstaltet hatte, mit denen sie den Menschen Weihnachten erklären wollte, das Phänomen schien also weit verbreitet.
Wesentlich öfter allerdings erreichten mich und wohl auch andere die Botschaften einer vielseits beliebten Möbelhauskette, mit denen sie mir „Knut“ erklärten. „Knut“ ist also ein Zeitraum nach Weihnachten, in dem die Menschen im Herkunftsland des Möbelfabrikanten ihre Weihnachtsbäume aus den Fenstern auf die Straßen werfen. Und offenbar führt das dazu, dass uns die Möbelhauskette jetzt ihre Produkte billiger verkaufen kann.
Zwar hat sich mir der Zauber dieser Geschichte nur insofern erschlossen, als dass ich Reisen in das Möbelursprungsland zu dieser Jahreszeit wohl nur mit Bauchweh antreten würde, Faktum ist aber, dass in diesen Tagen die Geschichte von Knut geschätzt jeden zweiten Österreicher zwischen Null und 85 erreicht hat. Und die Quote der Botschaft von der Weltwirtschaftskrise dürfte wohl noch deutlich darüber liegen und das nicht nur unter jenen immerhin auch schon einigen tausend Steirerinnen und Steirern, die sie in Form des „blauen Briefs“ ereilt hat.
So geht sie also unter, die jahrtausendalte Geschichte vom Christkind. Zwischen den Geschichten von Knut und Weltwirtschaftskrise und neuer Regierung und immer den selben Kriegen geht uns das Christkind verloren. Eigentlich ungerecht, es hat doch keinem was getan und außerdem habe ich es viele Male heiß herbeigesehnt und mich gefreut, wenn es dann da war. So gesehen kann ich es nicht untergehen lassen und werde wohl weiterhin den Glauben an das Gute mögen und an Wunder.
Und warum auch nicht? – denkt sich dein

Robin Hut

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