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Nüchterne Darstellung eines brisanten Themas. |
Dienstag, 9. Dezember 2008 | |
Thomas Schmidinger/Dunja Larise (Hrsg.): Zwischen Gottesstaat und Demokratie. Handbuch des politischen Islam. Wien: Deuticke im Zsolnay Verlag 2008, 228 Seiten, 20,50 Euro
Der politische Islam ist Gegenstand vieler medialer Darstellungen. Ausgehend von der Berichterstattung über islamistische Anschläge wird immer wieder auch die mögliche Gefahr des Islamismus in Österreich diskutiert. Primäres Kennzeichen dieser Diskussionen ist, dass die Einschätzungen über eventuell drohende Gefahren meist der Grundlage konkreten Wissens über die österreichische Situation entbehren. Wem sich in dieser Situation Fragen nach der tatsächlichen Existenz eines politischen Islam in Österreich stellen, danach, wie sich dieser darstellt und wie groß sein Einfluss ist, sei das hier besprochene Buch empfohlen. Diese Fragen wurden nach genauen Recherchen über Selbstdarstellungen in Veröffentlichungen und Aktivitäten der unterschiedlichen Gruppierungen von den HerausgeberInnen und von ihren MitarbeiterInnen beantwortet. Die Antwort wird sachlich, unter Wahrung einer kritischen Perspektive gegeben. Eine zentrale Botschaft des Buches ist, dass es keinen homogenen Islam gibt, auch nicht in Österreich. Und ja, es gibt einen politischen Islam in Österreich. Diesem kann aber nur eine verschwindend kleine Anzahl der hier lebenden Muslime zugerechnet werden. Nichtsdestoweniger haben die beschriebenen Gruppen auch auf Grund ihrer guten Organisation einen gewissen Einfluss. Dieser beschränkt sich jedoch in erster Linie auf die Community der Muslime in Österreich und betrifft auch mit seinen problematischen und repressiven Auswirkungen in erster Linie Menschen aus der eigenen Community, welche selbst auf vielfältige Weise in sich gespalten ist. Das hier besprochene Buch stellt mit seiner nüchternen Darstellung einen wichtigen Beitrag zu einer Debatte dar, die selten sachlich und meist stark polarisierend geführt wird. So kann das Buch als Gegengewicht sowohl zu verklärenden Ansätzen, welche die Existenz jeglichen politischen Islams in Österreich verneinen, als auch zu islamophoben und rassistischen Darstellungen gewertet werden, welche seit 11/09 die islamische Gefahr in Österreich fern von empirischen Realitäten beschwören. Wie schwierig diese Positionierung zwischen Fronten ist, zeigt sich auch darin, dass die HerausgeberInnen mit Kritik von beiden Seiten konfrontiert sind. Dies spricht in einer derart aufgeheizten Diskussion für die HerausgeberInnen, die sich bemühen, die österreichische Szene vorurteilsfrei und mit all ihren Ambivalenzen und internen Bruchlinien darzustellen. All denjenigen also, die sich auf Basis von Fakten darüber informieren wollen, welche islamischen Gruppierungen es in Österreich gibt, welche Ziele sie verfolgen und welche Größe und Einfluss sie haben, kann das Buch als eine der wenigen sachlichen Informationsquellen zu diesem Thema wärmstens empfohlen werden. jm
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