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Zwischen Kubismus und Neuer Sachlichkeit – Anny Dollschein |
Dienstag, 9. September 2008 | |
Das kurze Leben der Grazer Malerin Anny Dollschein (1893 – 1946) war
geprägt von fundamentalen politischen und gesellschaftlichen Krisen und
Umwälzungen: Sie durchlebte die Zeit beider Weltkriege, erlebte den
Zusammenbruch der Monarchie, Inflation, Arbeitslosigkeit,
Wirtschaftskrise, Bürgerkrieg und Ständestaat, den Anschluss an das
Deutsche Reich und seinen Untergang. Die Tochter einer wohlhabenden Familie wurde in Görz geboren und wuchs auf den Familiengütern der Untersteiermark und in Niederösterreich auf. 1912 übersiedelte die Familie nach Graz, wo Dollschein ab 1915 die private Malschule von Friederike Koch-Langentreu und von 1918 bis wahrscheinlich 1925 die Landeskunstschule bei Anton Marussig und Daniel Pauluzzi besuchte. 1920 trat sie dem avantgardistischen Werkbund Freiland bei, in dem sie sich als Puppenspielerin engagierte. 1925 wurde sie Mitglied der Grazer Sezession, bis 1929 arbeitete sie in einem Mädchenheim als Erzieherin. War sie in ihren frühen Arbeiten noch einem Stimmungsrealismus und dem Akademismus der Landeskunstschule verpflichtet, flossen in den Zwanzigerjahren Elemente der internationalen Moderne ein. Aufgrund des niedrigen Einkommens aus ihrer Malerei blieb die Anzahl der Werke aus dieser Zeit allerdings gering, wenngleich bemerkenswerte und vor allem weibliche Porträts entstanden. Zwischen 1930 und 1935 lebte Dollschein mit Unterbrechungen im damaligen Zentrum der westlichen Kunst, in Paris. Die Auseinandersetzung mit einem gemäßigten Kubismus erfuhr sie in der Malschule von André Lhote, und Ölbilder wie Zeichnungen aus dieser Zeit führen auch in die Tendenzen der Neuen Sachlichkeit. Landschaften und Architektur wurden favorisierte Themen ihrer Malerei. Wieder in Graz setzte Anny Dollschein ihre Studien bei Alfred Wickenburg fort und es entstanden vorwiegend Stillleben, die deutliche Orientierung an ihrem Lehrer zeigen. Über Vermittlung des Ateliers Hanns Wagula übernahm sie zwar etliche Aufträge für Gebrauchsgrafik, die ihre finanzielle Situation aber nicht verbesserten. Völlig verarmt lebte sie als Untermieterin bei der befreundeten Malerin Paula Maly. 1946 starb Anny Dollschein an Anämie. Die aktuelle Ausstellung in der Neuen Galerie wurde von Gudrun Danzer mit Werken aus der Sammlung und Leihgaben aus Privatbesitz gestaltet. Ursprünglich stammen alle Exponate, bis auf eine Ausnahme, aus dem Nachlass, was darauf schließen lässt, dass Anny Dollschein zu Lebzeiten nur wenige Arbeiten verkaufen konnte, weshalb ihr gleichwohl qualitativ hochwertiges Werk beinahe in Vergessenheit geraten war. Die Ausstellung mit Werken von Anny Dollschein ist bis zum 16. November in der Hofgalerei der Neuen Galerie Graz zu sehen. 14 tote Kinder – Siggi Hofers krude Welt der Comics „Üblicherweise“, sagt Siggi Hofer, „erschließen sich vor allem in Kriminalfilmen etliche stets sichtbare Details erst spät als für die Erzählung relevante Elemente“. So tragen etwa die Protagonisten in Michael Hanekes Funny Games Handschuhe. Die Figuren von Walt Disney tragen ebenfalls Handschuhe für vier Finger, weshalb allerdings bleibt ungeklärt. Es dürfen aber Vermutungen angestellt werden. Mit seiner aktuellen Ausstellung unter dem reißerisch schrecklichen Titel 14 tote Kinder baut der 1970 in Buneck geborene Absolvent der Hochschule für angewandte Kunst ein Archiv aus Objekten und großformatigen Ölkreide-Zeichnungen, dem eine – allerdings hermetische – Erzählung zugrunde liegen könnte. Schon als Kind interessierten Hofer die anonymen Figuren von Walt Disney, die in Comics und Trickfilmen wie Statisten auftreten. Seine eigenen Abzeichnungen aus Kindertagen vergrößert Hofer nun und stellt sie als Kreidezeichnung auf Papier in großen Formaten, scheinbar ungeordnet, in den hinteren Raum des Studios, den er als Lager bezeichnet. Im vorderen Raum wird über Planzeichnungen und installative Elemente eine Art von Infrastruktur konstruiert, die mit den genannten Charakteren in Verbindung stehen könnte. Der Titel wiederum stellt den Bezug zu einem Roman von Russell Banks und einem Film von Atom Egoyan her. In Letzterem kommen 14 Kinder bei einem Busunglück ums Leben. – Der Verfasser kommt hier nicht weiter und setzt damit Überlegungen zu und die Beschreibung dieser Ausstellung mit der Empfehlung aus, den Selbstversuch durch Ausstellungsbesuch zu wagen. Eines noch: Ein Textbild Hofers heißt und zeigt den Schriftzug „Arme Anny“. Beim Lesen von Anny Dollscheins Biografie, deren Arbeiten zugleich mit seinen in der Neuen Galerie ausgestellt sind, war dies seine direkte emotionale Reaktion, erzählt Siggi Hofer. Siggi Hofer – 14 tote Kinder, kuratiert von Karin Buol-Wischenau, ist bis zum 5. Oktober im Studio der Neuen Galerie zu sehen. Weitere Informationen unter www.neuegalerie.at Wenzel Mraček
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