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„Innovation ist schöpferische Zerstörung“ – Josef Schumpeter zum 125. Geburtstag |
Freitag, 6. Juni 2008 | |
Aus Anlass seines 125. Geburtstags luden am 7. Mai das Graz Schumpeter Centre (GSC) der Karl-Franzens-Universität sowie das Wirtschaftsressort des Landes zu einer Würdigung des Ökonomen Josef Alois Schumpeter in die Aula der Uni Graz. In einem Diskurs zwischen Wissenschaft, Politik und Wirtschaft wurde dabei die Rolle der Innovation für wirtschaftliche Prosperität erörtert. Univ.-Prof. Dr. Heinz Kurz, Leiter des GSC, eröffnete mit einem Impulsvortrag zum Thema „Innovationen und schöpferische Zerstörung“, in dem er vor allem die Frage der gesellschaftlichen Gerechtigkeit ansprach, die durch die unzähligen, vielfach negativ von Innovationsprozessen betroffenen Menschen aufgeworfen werde. Der renommierte Innovationsforscher Univ.-Prof. Dr. Dietmar Harhoff erörterte die angesichts der gegenwärtigen Umbrüche notwendigen Strategien in der Forschungspolitik. Die Ideen Schumpeters, des „Erzheiligen der Innovationsforschung“ hätten auch heute noch großen Einfluss auf die Wissenschaft und könnten Anstöße für die Bewältigung der Zukunft liefern. Wie eine entsprechende Strategie für die Steiermark aussehen könnte, sollte die abschließende Podiumsdiskussion klären. Unter der Moderation von Heinz Kurz brachten zu diesem Thema Landesrat Dr. Christian Buchmann, Prof. Dietmar Harhoff, Prof. Richard Sturn sowie die Unternehmer Dr. Michael Koncar, VTU, und DI Reinhard Hafellner, 4a technology GmbH, Ideen und Erfahrungen aus ihren jeweiligen Perspektiven ein. Im Anschluss an die Veranstaltung sprach Josef Schiffer für KORSO mit Prof. Harhoff. Hat sich der Begriff Innovation seit Schumpeters Zeiten gewandelt? Schumpeter selbst verwendet den Begriff Innovation neutral für die Durchsetzung einer Erfindung am Markt. Seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts wird das Schlagwort viel optimistischer als Ausbreitung positiver Errungenschaften gedeutet, eine Sichtweise, die später auch die Politik gerne aufgegriffen hat. Dabei enthält der Begriff auch so tödliche Facetten wie Nervengas oder Atombomben. Ist unsere europäische Gesellschaft innovativ genug? In den Jahrzehnten nach dem Krieg hat es in Europa die Tendenz gegeben, sich auf bewährte Rezepte zu verlassen und die unselbstständige Tätigkeit (entgegen der Auffassung Schumpeters) als Normalzustand zu sehen. In den letzten Jahren hat aber ein ordentlicher Aufholprozess stattgefunden, sodass wir gegenüber den USA auf dem wissenschaftlichen Bereich eine Menge Boden gutgemacht haben. Länder wie Indien und China holen aber stark auf und der Wettbewerb wird härter werden. Kann es eine reine Wissensgesellschaft geben, die ohne produzierende Basis auskommt, wie das mitunter als Europas Zukunft projiziert wird? Nein, wir haben ja auch trotz Industrieller Revolution nach wie vor eine Agrarwirtschaft. Zweifellos wird aber der Dienstleistungssektor in den industrialisierten Ländern weiter zunehmen. Ich sehe die Auslagerung von gewissen Fertigungsprozessen nach Osteuropa und Asien als völlig normale Entwicklung. Andererseits haben wir hierzulande bereits einen Fachkräftemangel, der durch Immigration aus diesen Ländern abgefedert werden kann. Ist nicht das kurzfristige Gewinnstreben mancher Konzerne dem Gedanken langfristiger visionärer Innovationen entgegengesetzt, siehe das 3-Liter-Auto? Hier sprechen Sie ein Problem an, in dem sich Schwächen des Marktes offenbaren, die an sich vermeidbar wären. Wenn die vollen externen Kosten des Pkw-Verkehrs für die Umwelt konsequent auf die Treibstoffpreise aufgeschlagen würden, dann würden sich sparsame und vernünftige Modelle sehr schnell auf dem Markt durchsetzen, weil es dann einen konkreten Anreiz für die Konsumenten gibt. Hier sind Maßnahmen der Politik gefragt. Welche Chancen sehen Sie für neue Paradigmen, wie Open Source-Software und community-basierte Entwicklungen, die nicht in erster Linie kommerziell orientiert sind? Ich sehe dafür sehr gute Chancen, weil deren volkswirtschaftliche Bedeutung auf Grundlage von EU-Studien inzwischen sehr gut beziffert werden kann. Wir wissen daher, dass für bestimmte Innovationen solche Mechanismen besser funktionieren als eigentumsbasierte Konzepte, wie Patente etc. Ich wage zu prognostizieren, dass wir in den kommenden Jahren wesentlich mehr von diesen Dingen sehen werden, z.B. in der Form, dass Problemlösungen durch Wettbewerbe eingefordert werden, und diese Vorgehensweise könnte ein festes Element marktwirtschaftlicher Innovationsprozesse werden.
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