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„Da war doch John“ |
Sonntag, 11. Mai 2008 | |
von Kurt Flecker Natürlich ging es eigentlich um eine Besichtigung der Kulturhauptstadt, aber da war von Anfang an auch die Neugier – wann erfasst mich die Seele der ,Fab Four´? Gegen Mitternacht die Ortstafel ,Liverpool´, danach entlang der Straße zugemauerte Fenster mit verstaubten Graffitis. Das Hotel ist gerade zur Welt gekommen und muss erst gehen lernen, fürs Einchecken braucht man sehr viel Geduld. Am nächsten Morgen: Sieben Baukräne dominieren den Blick aus dem Hotelfenster. Häuserfront und Skyline jenseits des Mersey imponieren in der Morgensonne. Liverpudlians gehen gerne zu Fuß, logisch, dass die Taxis relativ billig sind. St. Georges Hall: Am Dach gab Ringo seine jüngste Performance. Auch innen imposant samt Einblick in Strafprozesse vergangener Zeiten. Die Angeklagten kamen bis 1984 wie Sklaven im alten Rom aus den Kellern direkt in den Gerichtssaal. Empfang beim Bürgermeister, typisch britisch: Erdrückend große Kette um den Hals, Smalltalk auf höchstem Niveau, bizarr, aber liebenswürdig. Abends erste Spurensuche zu zweit im Pub, in dem sich jeder im Gitarrespielen und Singen beweisen kann. Mein Begleiter kann beides und erkämpft sich die Bühne. Wir müssen kein Bier mehr selbst zahlen. Man liebt ihn und daher auch mich. Beatlesnummern sind entscheidend und jeder hier kennt jeden Text. Am Schluss das Versprechen, in Hinkunft nicht mehr in Hintertux, sondern in Schladming Schi zu fahren. Nächster Tag drei Stunden Marsch durch die Stadt der Docks. Zwei Kathedralen, die katholische überraschend modern und offen, in der anglikanischen gibt’s dafür ein Café, ein Restaurant und einen Shop, in dem die hauseigene Schokolade verkauft wird. Die Walker Gallery bestechend, alle Museen hier übrigens gratis zu besuchen. Das Bluecoat – eine Miniaturausgabe des Museumsquartiers – zeigt zumindest die Videoinstallation der scheinbar gezähmten Fliege auf Yoko Onos Körper. Endlich sind wir im Beatles-Museum. Klischees über Klischees, nichts Neues, der Musik der ,Vier‘ wurde nicht der Rahmen gegeben, den sie sich verdient. Der Tod findet auch nicht statt. Lieblos, ich glaube, John würde sich im Grab umdrehen. Am Abend der letzte Anlauf, Spuren zu verfolgen. Wir sind in der Mathew Street. Natürlich sofort in den Cavern Club. Der ist gesteckt voll, viele auch in meinem Alter. Die Band, eine aus dem Beatles-Kopiergerät, lässt sich Zeit. Aber dann geht’s los. Die Leute im Publikum kriegen ihre Gefühle und singen lautstark, aber zu wenig um die jämmerliche Vorstellung der Band zu übertönen. Krampf und Kampf mit Instrument und Stimme. Wir fliehen aus dem Klub. Da war doch auch einmal John, denke ich. Im nächsten Lokal irische Musik, alle tanzen und hüpfen. Rauchen ist drinnen generell verboten, darum höre ich den Straßenmusiker, der im Cavern sicher die musikalische Qualität gesteigert hätte. Letztlich landen wir in einem Club mit One-Man-Band. Der kann es endlich wirklich, am heftigsten tanzen die Norweger. Alles in allem: Diese Straße, dieses Flair sind zu schön um es so zu verkitschen. Am letzten Tag die Tate Gallery und weitere Museen. Schön und alles, was ein kunstsinniges Herz begehrt. Die Organisation der Betreuung ist leider schlecht in dieser Kulturhauptstadt. Frag nie wann und wo etwas los ist, du wirst es nicht erfahren. Aber die Stadt hat etwas, sie stellt sich zu Recht selbst aus. Nur die Beatles, die hätten sich mehr Seele verdient, aber vielleicht wird sie dir eingehaucht wenn du ein paar Tage länger bleibst. Noch eins, was mir niemand glauben wird: Das Essen war gut. LH-Stv. Dr. Kurt Flecker ist Kulturreferent der Steiermärkischen Landesregierung
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