Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Der neue Rassismus: Portrait einer wirkungsmächtigen Ideologie.
Sonntag, 11. Mai 2008
Ines Aftenberger: Die Neue Rechte und der Neorassismus. (=Reihe Habilitationen, Dissertationen und Diplomarbeiten. Bd. 14), Graz, Universitätsverlag 2007, 250 Seiten, 29,10 Euro

Hardcore-Nationalismus, NS-Apologetik, Holocaust-Verleugnung und klassischer Rassismus, der allen anderen außer der eigenen Nation Untermenschentum unterschiedlichen Grades attestiert, sind problematische Bezugspunkte für rechtsextreme Organisationen, die sich als Wahlparteien präsentieren oder zumindest gesellschaftlichen Einfluss gewinnen wollen. Mit dem Entstehen der Neuen Rechten – zunächst in Frankreich mit dem „GRECE“ Alain de Benoists und dem Club de l’horloge, dann in Belgien und Deutschland (dort vor allem um Zeitungen wie die ,Junge Freiheit‘), weniger in Österreich – hat sich innerhalb der extremen Rechten ein Referenzsystem entwickelt, das sich im Gegensatz zu ihren altrechten Vorläufern und Gegenspielern auf Europa orientiert und Gleichwertigkeit zwischen den Ethnien und Kulturen annimmt, deren Vermischung aber scharf ablehnt. Andere Ideologeme der Neuen Rechten – wie etwa Antisemitismus, Antiegalitarismus, Antimarxismus, Antifeminismus und die Notwendigkeit eines autoritären Gemeinwesens – weichen aber oft nur in Nuancen von jenen des klassischen Rechtsextremismus ab (der sich ja seinerseits aus mehreren Zugängen wie dem vormodernen katholischen Fundamentalismus oder protofaschistischen modernistischen Strömungen des 19. Jahrhunderts speist). In teilweise explizit ausgesprochener Anlehnung an Gramsci orientiert sich die Neue Rechte auf den Gewinn der kulturellen Hegemonie als Vorbedingung für eine Systemänderung.
Ihr wirkungsmächtigstes Ideologem, stellt die Grazer Historikerin Ines Aftenberger in ihrer eben erschienenen Untersuchung fest, ist allerdings der Neorassismus, der sich vor allem an echten oder imaginierten kulturellen Unterschieden festmacht und sich in seiner gesellschaftlich-politischen Funktion deutlich vom klassischen Rassismus unterscheidet, der aus der postulierten Minderwertigkeit anderer „Rassen“ deren Ausbeutbarkeit ableitet: „Während es in der Entstehungsphase des modernen Rassismus vor allem darum ging, für Europa den globalen Zugriff auf Güter und Arbeitskräfte in Afrika, Asien und Lateinamerika zu sichern, wehrt der neorassistische Diskurs nun die Auswirkungen dieser weltweiten Ordnung ab: Er deklariert die Armuts- und Kriegsflüchtlinge aus dem Trikont zu äußeren Bedrohungen, gegen die sich ,der Westen‘ in einem Abwehrkampf abschottet.“ (S. 100). Das Buch schließt mit einer nicht nur für politisch Aktive interessanten Untersuchung der ‚Publikations- und Gesprächstechniken der Neuen Rechten‘ und einem Ausblick, der sich mit der österreichischen Besonderheit des ‚Tabubruchs‘ durch das Zustandekommen der schwarz-blauen Koalition im Jahr 2000 beschäftigt.
cs

» Keine Kommentare
Es gibt bisher noch keine Kommentare.
» Kommentar schreiben
Nur registrierte Benutzer können Kommentare schreiben.
Bitte melden Sie sich an oder registrieren Sie sich.
 
< zurück   weiter >