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Zahl der BildungsabbrecherInnen steigt – AK-Steiermark fordert Präventivmaßnahmen und Schulreform
Samstag, 10. Mai 2008
„Bildungsabbruch produziert HilfsarbeiterInnen“, fasst bmm-Geschäftsführerin Mag.a Claudia Brandstätter die Jobaussichten der von Dropout Betroffenen zusammen. Dies ist das Ergebnis der von der AK-Steiermark in Auftrag gegebenen Studie zum Tabu-Thema Dropout. AK-Präsident Walter Rotschädl fordert daher eine „umfassende Schulreform“.

Anzahl der „Dropouts“ im Steigen begriffen. Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Institutes für höhere Studien, wonach der Anteil jener Jugendlicher, die höchstens einen Pflichtschulabschluss haben, 2006 bereits 9,6 % ausmachte, hat die AK-Steiermark zum Anlass genommen, um das Thema Dropout näher zu betrachten. Es wurde eine Umfrage in Auftrag gegeben, bei der Betroffene über die Gründe ihres Ausstiegs aus der Bildungslaufbahn, über ihre derzeitige Berufstätigkeit, über Pläne und die Reaktionen ihres Umfeldes befragt wurden.

Abgebrochen wird vorwiegend am Beginn der Ausbildung.
9,6% Dropouts im Jahr 2006 bedeutet, dass allein in der Steiermark rund 10.000 Jugendliche im Alter zwischen 15 und 24 Jahren eine weiterführende Schule bzw. ihre Lehre abgebrochen haben oder nach der Pflichtschule erst gar keine Ausbildung begonnen haben. Brandstätter Matuschkowitz Marketing GmbH (bmm), das Grazer Institut, das von der AK-Steiermark den Auftrag zur Erstellung einer Studie zum Thema Dropout in der Steiermark erhalten hatte, führte im Zeitraum April 2008 insgesamt 138 qualitative, persönliche Gespräche mit BildungsabbrecherInnen durch. Allgemein konnte festgestellt werden, dass es sich schwierig gestaltete, antwortbereite Schul- und LehrabbrecherInnen zu finden. Die Antwortbereitschaft, vor allem der weiblichen Bildungsabbrecherinnen, ist äußerst reduziert. Abbruch ist teilweise noch ein Tabuthema.

„Vorwiegend handelt es sich bei BildungsabbrecherInnen um junge Männer und Frauen, die in der 9. oder 10. Schulstufe bzw. im 1. oder 2. Lehrjahr die Ausbildung abbrechen. Bei vielen von ihnen gibt es in der Familie und/oder im Freundeskreis ebenfalls BildungsabbrecherInnen. Relativ viele, vor allem viele der weiblichen AbbrecherInnen, haben keine konkreten Pläne und Perspektiven für die Zeit nach dem Dropout. Es muss daher in der Vorphase etwas getan werden“, resümiert Brandstätter.

Fast die Hälfte der BildungsabbrecherInnen haben keine Pläne. Die Geschlechterverteilung mit etwa 40% weiblichen und etwa 60% männlichen BildungsabbrecherInnen könnte Anlass dazu geben, dass männliche junge Menschen weniger Durchhaltevermögen haben. „Gleichzeitig zeigte sich, dass sie eher und mehr konkrete Pläne und Perspektiven haben. Viele von ihnen schlagen den Weg in die Selbstständigkeit ein“, so Brandstätter. Insgesamt hatten aber 40% der BildungsabbrecherInnen zum Zeitpunkt des Abbruches keinen Plan für ihre weitere Zukunft. Prekär ist das vor allem dann, wenn sich der Schulabbruch vor Abschluss des 9. Schuljahres ereignet.

Präventive Maßnahmen gefordert. Vorrangige Gründe für den Schul- oder Lehrabbruch sind laut bmm-Dropout-Studie nicht „ein negativer Abschluss“ oder das „Wiederholen einer Klasse“, sondern vor allem „Desinteresse“, „unfaire LehrerInnen“, „falsche Berufswahl“ und „Konflikte mit AusbildnerInnen“. „Auffallend ist, dass die Betroffenen bzw. deren Eltern mit den Problemen des Bildungsabbruches oft allein gelassen werden“, stellt Brandstätter fest. „In Finnland gibt es ein Frühwarnsystem. Dort werden SchülerInnen nicht allein gelassen“, weist Mag. Albert Kaufmann, Bildungschef der AK-Steiermark in Richtung Einführung von Präventivmaßnahmen, ja einer umfassenden Reform des Schulsystems. „Mit dem Modellversuch zur gemeinsamen Schule der zehn- bis 14-Jährigen wurde ein erster Schritt gesetzt“, erklärt AK-Präsident Rotschädl. Zu den weiteren Schritten, die folgen müssen zählen: Ein verpflichtendes Vorschuljahr, die flächendeckende Einführung der gemeinsamen Schule der zehn bis 14-Jährigen, die Einführung eines Kurssystems in der Oberstufe statt des pädagogisch unnötigen Sitzenbleibens, Eignungstests für LehrerInnen, ein schulisches Frühwarnsystem und bessere Berufsorientierung in den Unterstufen. Bei den LehrabbrecherInnen setzt der AK-Präsident große Hoffnung in das Jugendbeschäftigungspaket, das in Kürze beschlossen werden soll. Dieses sehe unter anderem eine Beschäftigungsgarantie für Jugendliche vor, wodurch das Dropout-Problem entschärft werden sollte.

Doris Wilfinger
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