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Fußball-Existenzialismus
Dienstag, 8. April 2008
Martin G. Wanko: Die Wüste lebt / Der Tag, an dem Niki Lauda starb. Graz: edition keiper 2008, 110 Seiten, 15,90 Euro

Der Brachialliterat Martin G. Wanko meldet sich zurück – angesichts der nahenden Fußball-EM mit einem dramatischen Monolog, dessen Protagonist niemand anderer ist als der glücklose Trainer der österreichischen Nationalmannschaft, Josef „Pepe“ Hickersberger, der beim Golfspiel mitten in der Wüste darüber sinniert, warum man im Leben immer noch eine zweite Chance bekommt – und sie dann doch nicht nützen kann. Die Existenz „Hickes“ bewegt sich zwischen den Polen Cordoba (1978, das historische 3:2 gegen Deutschland, damals war Hickersberger im Kader) und der blamablen Niederlage gegen die Färöer-Inseln 1990, für die er als Nationaltrainer verantwortlich zeichnete – ein traumatisierendes Erlebnis, das anonyme Zwischenrufer dem monologisierenden Trainer immer wieder in Erinnerung rufen. Den plagt neben der quälenden Frage, warum er eigentlich nicht eine Beamtenkarriere eingeschlagen hat, und dem zunehmenden Oxytocin-Spiegel auch noch das Wissen, dass er seine „Buam ja nicht zum Sieg zwingen“ kann – eine Ohnmacht, die im entscheidenden Satz gipfelt: „Europameister werden wir nie“. Ein veritables Stück Austro-Existenzialismus, mit allen einschlägigen Zutaten – vom hintergründig-morbiden Humor bis zur Suderei. „Die Wüste lebt“ wird am 25. April im Vorarlberger Landestheater uraufgeführt.
Weiters im Buch enthalten: „Der Tag, an dem Niki Lauda starb“, eine Satire auf die Hörer- und Zuschauerzahlen steigernde Promi-Verwertung durch Rundfunk und Fernsehen.
cs

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