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Stadtmuseum: Budgetreduktion geht an die Substanz
Mittwoch, 12. März 2008
Kürzlich hat das Grazer Stadtmuseum das österreichische Museumsgütesiegel für den hohen Standard bei der Erhaltung und Präsentation des kulturellen Erbes erhalten. Trotz dieser Auszeichnung und reger, vom Publikum gut angenommener Ausstellungstätigkeit kämpft Museumsdirektor Otto Hochreiter in Permanenz mit Budgetproblemen – die sich wegen des Renovierungsbedarfs seines Hauses weiter verschärfen könnten.

„Als Teil der Stadt in doppeltem Sinn“ wolle er sein Haus verstanden wissen, sagt Hochreiter – zum einen in dessen traditioneller Rolle als Bewahrer der Stadthistorie, zum anderen aber auch als Teil des urbanen Diskurses, der die soziale und kulturelle Dimension mit einschließe. Der Aufgabe als Hüter und Präsentator der Historie sei man unter anderem mit der endlich erfolgten Inventarisierung der im Museum gelagerten Kunstwerke nachgekommen, die in die Ausstellung „Totale“ mündete, aber auch mit Ausstellungen wie den erfolgreichen Graz.Portraits oder der Ansichtskarten-Schau „Hier ist es schön“. Der urbane Diskurs wurde durch Aktivitäten wie das Wolfgang-Bauer-Symposium, aber auch durch Podiumsdiskussionen und Vorträge zu verschiedensten Themen befördert, für die das Haus seine Tore auch anderen Veranstaltern öffnet. Die Budgetreduktionen der letzten Jahre machten es aber extrem schwierig, diesen Aufgaben nachzukommen.

Kein Geld für Eichholzer-Nachlass. „Die Totale hat auch die Lücken gezeigt, die in unserem Bestand klaffen“, sagt Hochreiter: „Wir haben keinen einzigen Euro Ankaufsbudget.“ So wurde dem Museum kürzlich ein Teil des Nachlasses des von den Nationalsozialisten hingerichteten Grazer Architekten Herbert Eichholzer angeboten – zu einem sehr moderaten Preis. „Wenn nicht der Verein der Freunde des Stadtmuseums eingesprungen wäre,  hätten wir diesen regional bedeutsamen Nachlass an eine Wiener Institution verloren.“

Mit Leoben gleichziehen. Ähnliches gelte etwa für ein Portrait Erzherzog Karls II von Innerösterreich, einer Schlüsselfigur der Lokalgeschichte, das dringend für den Aufbau eine Schausammlung benötigt würde, die auch von der Politik gefordert wurde. Hochreiter: „Diesbezüglich liegt Graz weit hinter der zweitgrößten Stadt der Steiermark: Leoben verfügt über ein ausgezeichnet aufgestelltes Stadtmuseum mit einer sehenswerten ständigen Schausammlung – damit wollen wir zumindest gleichziehen. Ohne Ankaufsbudget ist das nicht möglich.“ Ein solches, lässt Hochreiter einen Hilferuf an die Stadtpolitik erschallen, müsse dem Haus von der Stadt Graz umgehend gewährt werden – „heuer sollten es noch 40.000 Euro sein, ab nächstem Jahr 80.000“ – sonst droht auch das Museumsgütesiegel verloren zu gehen, das bis 2011 befristet verliehen wurde.

Ausstellungen zu 1938 sind noch nicht finanziert.
Auch für die laufende Ausstellungstätigkeit – für die im aktuellen Museums-Budget von 1,2 Mio Euro 100.000 Euro vorgesehen sind – müssten mehr Mittel fließen, verlangen Hochreiter und die kaufmännische Leiterin des Museum, Mag. Sibylle Dienesch. Hochreiter: „Wir kämen 2008 trotz deutlich gestiegener Ausstellungstätigkeit mit 1,6 Mio Euro aus, was ziemlich genau dem valorisierten Budget von 2002/2003 entspräche – damals hat das Stadtmuseum noch 1,5 Mio erhalten.“ Eine Zusatzfinanzierung wäre heuer jedenfalls nötig, um die drei geplanten Akivitäten zum Gedenkjahr 1938 zu finanzieren; unter anderem soll das interessante Projekt einer „Hör-Ausstellung“ realisiert werden, für welches die frühere Mitarbeiterin der jüdischen Kultusgemeinde, Karen Engel, derzeit in den USA lebende jüdische Emigranten mit Grazer Wurzeln interviewt.
Die finanziellen Einschränkungen der letzten Jahre bedrohen das Museum in seiner Existenz, weil auch die Erhaltung des Hauses aus dem Budget bestritten werden muss. So bedürften etwa die Fenster einer dringenden Sanierung – die man sich derzeit aber nicht leisten könne. Dienesch: „Die Situation ist inzwischen ohne Übertreibung dramatisch; der Betrieb des Hauses und seine Erhaltung müssten, wie das eigentlich überall üblich ist, budgetär getrennt werden.“
cs

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