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Diwan im Zentrum – Auftakt zum Landeskulturfestival regionale08 |
Mittwoch, 12. März 2008 | |
Mit einem Start Up am 25. Februar in der neuen Feldbacher Veranstaltungshalle Zentrum präsentierten OrganisatorInnen, ProjektleiterInnen und KünstlerInnen vorab die regionale08. Das neue, biennal ausgerichtete Kulturfestival findet unter dem Titel Diwan – Grenzen und Kongruenzen in der Südoststeiermark zum ersten Mal in der Zeit zwischen 4. Juli und 13. September 2008 statt. Anders als bei den vergangenen Landesausstellungen wird nun nicht ein Ort, sondern eine Region – 13 Gemeinden der Bezirke Feldbach, Fürstenfeld und Bad Radkersburg – zum weiträumigen Produktionsraum und Schauplatz für Projekte und Veranstaltungen, die in Überschneidungen von zeitgenössischer Kunst und Alltagsleben ein gleichermaßen für das Land wie die Zeit relevantes und brisantes Thema behandeln. Diwan-Formate, 35 „Formate“ haben die Projektentwickler Gerolf Wicher, Alexander Kada und der künstlerische Leiter Dieter Spath für das Mehrspartenfestival programmiert, das einen inhaltlichen Bogen von bildender Kunst, Musik, Literatur und Theater, sozialer Intervention bis zur Diwan-Akademie in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften spannen wird. Die regionale-Koordination in dieser Kooperation der Vulkanlandgemeinden Laafeld, Mureck, Gosdorf, Straden, Bad Gleichenberg, Kirchbach, Ilz, Auersbach, Riegersburg, Kornberg, Fehring, Leitersdorf und dem Schloss Hainfeld übernimmt der Feldbacher Bürgermeister Kurt Deutschmann. Der in seinen Bedeutungen vielfältige, aus dem Persischen und Arabischen stammende Begriff Diwan bezeichnet neben anderem einen Empfangs- und Beratungsraum, einen Raum der Versammlung also und er erweist sich in seiner Bildhaftigkeit prädestiniert, die Inhalte der regionale08 im geografischen Versammlungsraum der Südoststeiermark zu transportieren. Zudem verweist Diwan auf Leben und Werk des Orientalisten Joseph von Hammer-Purgstall (1774-1856). Er verbrachte auf Schloss Hainfeld seinen Lebensabend, übersetzte die 600 Gedichte umfassende Sammlung Diwan des persischen Mystikers Hafiz – die Johann Wolfgang von Goethe zu seinem Westöstlichen Diwan inspirieren sollte – und er verfasste Die Geschichte des osmanischen Reiches in zehn Bänden. Joseph von Hammer-Purgstall, der sich auch für die Gründung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften einsetzte und deren erster Präsident war, ist eine zentrale Ausstellung im Schloss Hainfeld gewidmet. Damit und in Verbindung mit der Diwan-Akademie wird ein Handlungsstrang der regionale08 auf gegenwärtige Fragen um Übersetzung von Sprachen, um Kongruenzen bei Vermittlung und Austausch spezifischer Phänomene zwischen Kulturen vor dem Hintergrund der Migration im südoststeirischen (Grenz-) Raum gerichtet. Erste Eindrücke. Schon jetzt ist das Grazer Künstlerinnen-Duo RESANITA auf Erkundung unterwegs, um Empfehlungen für Orte, Geschichten und Menschen im grenzübergreifenden Raum zwischen der Südoststeiermark, Ungarn und Slowenien einzuholen. In der Zeit vom 14. Juli bis zum 17. August werden Anita Fuchs und Resa Pernthaller sich mit einem von zwei Ochsen gezogenen Wagen auf ihre Tour On the Road begeben, deren Zweck in erster Linie das mit diesem Gefährt bedachte Reisen selbst ist. Ihre Reise, die erlebten und erzählten Geschichten dokumentieren die beiden ganz anachronistisch zur Art ihrer Fortbewegung in einem permanent geführten Weblog und als Film, der im Zuge ihrer Tour durch Regionen und über Grenzen entsteht. Unter dem Titel Midnight Oil (Lesen bis nach Mitternacht, während das Öl der Petroleumlampe herunterbrennt) bildet das Genre der Schauer- und Gruselliteratur den Hintergrund einer Jugend-Literatur-Werkstatt, für die sich Martin Ohrt und Nicole Scheiber verantwortlich zeichnen. Neben einem einwöchigen Schreibworkshop steht ein Literaturwettbewerb auf dem Programm, die sich an Kinder und Jugendliche von 8 bis 18 Jahren aus der Region wenden. Die während des Workshops entstandenen Texte sollen im Ambiente der Riegersburg präsentiert werden. Außerdem werden die Werke der JungautorInnen im Internet und in einem eigenen „Erstdruck“-Band publiziert. Das Ghasel, eine alte orientalische Lyrikform, in der auch in der europäischen Romantik gedichtet wurde, ist Ausgangspunkt für ein poetry slam. Jungen Menschen soll damit der Orient auf unkonventionelle Art von einer eher unbekannten, seiner lyrischen Seite näher gebracht werden. Im Format diw@n, das Nicole Scheiber gemeinsam mit dem Team ePoem bearbeitet, werden Internet- und Handy-User aus der Festivalregion Südoststeiermark zu einem virtuellen slam aufgerufen. Per SMS sollen an die Reimform des Ghasel angelehnte Kurzgedichte gesendet werden, die dann über eine eigene Homepage abrufbar sind. Die Kunst radikal zu hinterfragen und ihre Auswirkungen auf das Leben zu überprüfen, ist eine Konstante im Werk des 1974 geborenen und in Leitersdorf aufgewachsenen Künstlers Mario Höber. Der studierte Bühnenbildner denkt stark in räumlichen Kategorien. Und er denkt die Räume vor allem in Bezug auf die Menschen, die sich in ihnen oder durch sie bewegen. Höbers Interesse für die Wirkung von Kunst und sein Gespür für Räume fließen im Projekt hosted ineinander, das er für die regionale08 gemeinsam mit seiner Projektpartnerin Barbara Hölbling in Leitersdorf umsetzen wird. Unter der Annahme, dass die meisten Menschen mit moderner und zeitgenössischer Kunst wenig anfangen können, soll hosted untersuchen, wie es diesen Menschen ergeht, wenn sie ein paar Wochen lang moderne und zeitgenössische Kunstwerke bei sich beherbergen, ausstellen und mit Besuchern diskutieren. Im Titel ihres Projekts, Ohne Angst verschieden sein können, greift ISOP (Innovative Sozialprojekte) das Phänomen Migration als Chance für die Gesellschaft auf. Zahlreiche Menschen aus anderen Kulturkreisen kommen nach Österreich, um hier eine Existenz aufzubauen: Im Rahmen der regionale08 steht die praktische Erprobung neuer sozialer (Kommunikations-)Räume im Mittelpunkt. Das Einüben eines offenen und vorurteilslosen Umgangs miteinander soll, so Formatleiter Robert Reithofer, in die Einrichtung einer ständigen Beratungsstelle für Integration und Antidiskriminierung in Feldbach münden. Im Zentrum. Hörbeispiele aus seinem musikalischen Projekt Jägercore gab Rainer Binder-Krieglstein im Feldbacher Zentrum. Zur Diwan-Eröffnung am 4. Juli findet eine erste konzertante Aufführung in Zusammenarbeit des Steirischen Jägerchores und des international renommierten Soundkünstlers statt. In Gasthöfen wird Ernst M. Binder mit dramagraz seine Neuinszenierung von Werner Schwabs ÜBERGEWICHT, unwichtig: UNFORM aufführen und Michael Zinganel schreibt und inszeniert Heiße Luft. Ein regionales Branding-Theater im Vulkanland. Architekturreminiszenzen führen nach Bad Gleichenberg und in die Landschaft vergangener Kuraufenthalte, Getreidesilos werden zu Landmarks, Stummfilme und Ausstellungen zeigen überholte Klischees der Wunschmaschine Orient. „Das Thema des Festivals, nämlich Migration und der Umgang mit anderen Kulturen, wird immer wieder von undifferenzierten und dummen Beiträgen aus Politik und Medien begleitet“, erinnerte Kulturreferent LH-Stv. Kurt Flecker während der Präsentation an die inhaltliche Aktualität von Diwan – Grenzen und Kongruenzen. „Die künstlerische Auseinandersetzung aber ist genau jene Form, die uns dem Thema durch einen differenzierteren und genaueren Umgang näher bringt.“ Informationen zu Diwan – Grenzen und Kongruenzen unter www.regionale08.at Wenzel Mraček
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