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Graz 1938 – Mit Begeisterung in den Irrsinn
Mittwoch, 12. März 2008
Eine vom räumlichen Umfang her nicht gerade große, aber umso bemerkenswertere Ausstellung erinnert im Grazer „Büro der Erinnerungen“ rechtzeitig zum 70. Jahrestag an den Einmarsch deutscher Truppen im März 1938, der den Auftakt zum Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich und den Schrecken des Zweiten Weltkriegs bildete. Zum Teil bislang unveröffentlichtes Bildmaterial, originale Tondokumente sowie Erinnerungen von ZeitzeugInnen vermitteln auf den wenigen Quadratmetern in dem zum Landesmuseum Joanneum gehörigen Raum ein eindrucksvolles Bild von der Stimmung zu jener Zeit.

Kein Ruhmesblatt der geistigen Eliten. Schon Wochen vor dem deutschen Einmarsch hatten in Graz die Nazis unter Duldung und Beifall der Bevölkerung die Macht an sich gerissen. Der Auftakt zu einer dunklen Stunde für die Menschheit, die symbolisch in der Zerstörung der Synagoge im Herbst 1938 kulminierte. Nur wenige, wie die Dichter Richard Zach, der im Gefängnis starb, und Erich Herbert Schneider, wagten es zu widersprechen und nahmen die Verfolgung auf sich.
Viele Intellektuelle, wie der Historiker Robert Baravalle („Nun steht Graz eine große Zukunft bevor.“), frohlockten hingegen. Seine Kollegen Fritz Popelka und Hans Pirchegger schwärmten von der wiedererrichteten „Südmark“, während der vom Ständestaat geweihte „Dichter der steirischen Heimat“, Hans Kloepfer, zum glühenden Nationalsozialisten mutiert, schrieb: „Damals hat sich in weltgeschichtlicher Stunde unter hinreißendem Einsatz Graz den Ehrennamen ‚Stadt der Volkserhebung‘ erworben und sieht nun unter den Augen und der Sorge des Führers einer Zukunft entgegen, die es nach Schicksal, Schönheit und Treue so reich verdient.“ Ein fatales Erbe, das auch nach dem Krieg weitergereicht wurde, wie der Gestalter der Schau, Gerhard Dienes ausführt: „Noch in einem Jungbürgerbuch aus dem Jahr 1959 wurde hier vor der slawischen Bedrohung gewarnt.“
In digitalen Bilderrahmen laufen in Form von kleinen Diashows Fotos aus der Sammlung Karl Albrecht Kubinzkys und andere Zeitdokumente, die didaktisch aufbereitet insbesondere Schulklassen ansprechen sollen.

Büro der Erinnerungen, Neutorgasse 45, 8010 Graz
Öffnungszeiten: 29. Februar bis 11. April 2008
Dienstag und Mittwoch 14.00 - 18.00 Uhr, Freitag 10.00 - 14.00 Uhr

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