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Achim Brunnengräber: Plädoyer gegen die „kreative Kohlenstoffbuchführung“ |
Dienstag, 11. März 2008 | |
Klimawandel und Klimaschutz sind in aller Munde – aber die Folgen und die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen werden nicht wirklich evaluiert. Hier haken Kritiker wie der deutsche Politikwissenschafter Achim Brunnengräber ein, dzt. Gastprofessor für Politische Ökonomie an der FU Berlin, der am Alternativenkongress ein Referat zum Thema „Klimagerechtigkeit“ halten wird. Mit Brunnengräber sprach Christian Stenner für KORSO. Sie beurteilen die Ergebnisse des Klimagipfels von Bali negativ – vor allem unter dem Aspekt, dass die Lasten zwischen den Metropolen und den so genannten Entwicklungsländern ungleich verteilt seien. Ja, es wurden Finanzmechanismen entwickelt, die von den Industriestaaten auf freiwilliger Basis aufgefüllt werden und mit denen Anpassungsmaßnahmen in den Entwicklungsländern beglichen werden sollen. Aber: Weder die Einzahlungen noch die Umsetzung der damit zu finanzierenden Projekte funktionieren wirklich. Zum einen gibt es keine Zieldefinitio-nen, wie denn die Verwundbarkeit der einzelnen Länder für den Klimawandel wirksam zu verringern sei, zum anderen laufen die Maßnahmen oft auf einen bloßen Technologietransfer hinaus. Der Klimawandel betrifft vorrangig Menschen, die bereits in Armut leben – die haben von diesen Maßnahmen zumeist gar nichts. Wer entscheidet über die Verwendung der Gelder? Im Wesentlichen Institutionen wie die Weltbank und das Entwicklungs- und Umweltprogramm der Vereinten Nationen. In diesem Zusammenhang ist übrigens zu betonen, dass die Projekte der Weltbank, die sich mit fossilen Energien beschäftigen, 2006 insgesamt 869 Mio US-Dollar gekostet haben, das waren um 93% mehr als im Jahr zuvor. Die gegenwärtig in den klimapolitischen Töpfen vorhandenen Mittel zur Anpassungsförderung belaufen sich hingegen nur auf insgesamt rund 200 Mio US-Dollar. Welche Alternativen gibt es zu dieser Vorgangsweise? Ich denke, dass eine kritische Auseinandersetzung mit den Kyoto-Mechanismen und der internationalen Klimapolitik nötig ist. Leider konzentrieren sich heute auch zu viele NGOs, die ja im Climate Action Network die Klimapolitik mitbestimmen, auf Instrumente wie Emissionshandel und den Clean Development Mechanism. Diese ermöglichen Industriestaaten im Gegenzug zur Finanzierung von Projekten in den Entwicklungsländern ihre CO2-Emissionen weiter zu steigern. Ich nenne das kreative Kohlenstoffbuchführung – sie führt jedenfalls nicht dazu, dass die Gesamtmenge der Emissionen sinkt, was eigentlich nötig wäre. Eine sinnvolle Entwicklungslinie wäre jene, die von den NGOs ursprünglich gefordert wurde, nämlich die Angleichung der Pro-Kopf-Emissionen weltweit. Die Industrieländer müssten ihren CO2-Ausstoß drastisch senken, die armen Länder hätten noch ein wenig Spielraum, wobei natürlich darauf geachtet werden muss, dass die Gesamtmenge der Emissionen sinkt. Zudem muss ein Strukturwandel in Gang gesetzt werden, der die erneuerbaren Energieträger entsprechend berücksichtigt. Diese sind bis jetzt kein Thema in der internationalen Klimapolitik, das Intergovernmental Panel on Climate Change hat sich bis heute nicht damit beschäftigt. So drohen die Prognosen wahr zu werden, die einen weiteren Anstieg des fossilen Sektors an der Energieversorgung der Union von heute 80% auf 88% im Jahr 2030 voraussagen.
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