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Edel sei der Mensch …
Sonntag, 10. Februar 2008
Franz Schuh: Hilfe! Ein Versuch zur Güte. Wien, Graz, Klagenfurt 2007 (Styria Verlag). Erschienen als Band 10 der Bibliothek der Unruhe und des Bewahrens. 19,20 Euro

Als einen „Versuch zur Güte“ bezeichnet Franz Schuh seinen umfangreichen Essay in fünf Kapiteln. Kein Ratgeber, wie man ihn von anderen erwarten könnte, wurde hier vorgelegt. Vielmehr wäre es nicht Franz Schuh, bliebe nicht schon der Titel in einer kaum aufzulösenden Mehrdeutigkeit, nämlich „Hilfe!“ zunächst als Appell, der naturgemäß so aber auch nicht gemeint ist.
Wer wollte einem der scharfsinnigsten Essayisten der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur denn wie zu Hilfe kommen? Nein, hier macht sich der Autor auf die Suche nach Merkmalen der Güte, die unterwegs auch schon als Materialqualität beschrieben wird. Respektive ist es die Unmöglichkeit, das absolut Gute von seinen damit verbundenen Qualitäten zu scheiden, die alles andere als gut und wem gegenüber immer als hilfreich erscheinen mögen. Und so ist es vor allem das Scheinbare des Guten – des guten Menschen –, das Franz Schuh an Beispielen der Literatur, nämlich „Edel sei der Mensch, / Hilfreich und gut!“, diskutiert und außerdem an Help TV, Krankenhaus-Soaps und Society-Charity, die jedenfalls nicht als Wohltätigkeit an Bedürftigen in der Gesellschaft durch eine spezielle Gesellschaft verstanden werden kann. Den wirklich gütigen Menschen suchen etwa Elias Canetti und Hermann Broch und glauben für kurze Zeit, diesen im gemeinsamen Bekannten Dr. Sonne gefunden zu haben, der immerhin schon einmal so redet, „wie Robert Musil schreibt“.
Der Güte, meint Franz Schuh, könnte etwas Selbstzerstörerisches innewohnen, zumindest sollte man gewissermaßen mit dem Schlechten vertraut sein, denn, so heißt es in alten Geschichten, „der Teufel ist immer klüger“. Und Seneca versuchte immerhin – wahrscheinlich aus diesem Wissen –, Kaiser Nero mit einem an ihn gerichteten Brief einen Spiegel vorzuhalten, in dem sich dieser als „die Güte selbst“ erkennen möge. Andere dramatis personae stehen für den Genuss des Autors, der über Für und Wider an deren Charakter schnitzt, und werden ebensolchen Genuss auch den Lesern bereiten, nachdem ein vordergründiger Kontrast kaum deutlicher an Mutter Teresa und Fiona & Karl-Heinz Swarovski ausgemacht werden kann – um schließlich doch relativiert zu werden.
Sein „Verfahren“ stellt Franz Schuh im Schlusskapitel nochmals explizit aus, als einen „etwas orientierungslos mäandrierenden Gedankengang“, der unterwegs vieles mitnimmt. Aber gerade die verschiedenen Niveaus, „Diskurse unterschiedlicher kultureller Wertigkeiten“, die Schuh hier durchstreift, sind Ursache der Spannung auf der Suche nach Hilfe beziehungsweise nach der Güte, die Hilfe nach sich ziehen kann: Reflexion und Montage alltäglichen Materials vor dem Hintergrund von Philosophie und Kulturgeschichte.
wm

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