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Feinstaubstudie zeigt Gesundheitsbedrohung auf
Sonntag, 10. Februar 2008
Mit schöner Regelmäßigkeit scheint es sich in der Steiermark zu wiederholen: Gegen Ende jeder Feinstaubsaison entspinnt sich eine mehr oder minder heftig geführte öffentliche Diskussion darüber, was man nun endlich unternehmen müsste, um zumindest im kommenden Winter die gesundheitsbedrohenden Partikelemissionen wirksam einzudämmen.

Außer gegenseitigen Schuldzuweisungen und ebenso regelmäßigen Protesten der Wirtschaft, die wegen angeblicher Einbußen bangt, ist jedoch in den vergangenen fünf Jahren wenig geschehen, was sich in einer fühlbaren Reduzierung der Feinstaubwerte niedergeschlagen hätte. Gerade im heurigen Winter ist die Belastung wieder deutlich stärker als 2007, an den Messstationen der Stadt Graz wurden bis Ende Jänner schon 21 Grenzwertüberschreitungen registriert.

Wissenschaft schlägt Alarm. Eine aktuelle wissenschaftliche Studie über die Grazer Luftqualität, an deren Veröffentlichung von Seiten der Politik zunächst kein allzu reges Interesse zu bestehen schien, hat neues Leben in den trotz anhaltend hoher Feinstaub-Belastungen etwas eingeschlafenen Diskurs gebracht.
Prof. Dr. Manfred Neuberger vom Institut für Umwelthygiene der Universität Wien erläuterte in einer Pressekonferenz von Gesundheitslandesrat Mag. Helmut Hirt die gesundheitsbedrohenden Wirkungen von feinsten Partikeln in Kombination mit Stickoxiden (NO2): „In Graz wird nur der gröbere PM10 gemessen, während aber der PM2,5-Feinstaub vor allem auf Kinder und kranke Personen wesentlich gravierendere Auswirkungen hat. Dieser ultrafeine Staub dringt leichter in die Lungen und auch Blutgefäße ein und löst dort entzündliche Reaktionen, Asthma und als Langzeitfolge auch Krebs aus.“

Sterblichkeitsrate erhöht sich deutlich. Im Rahmen der Studie wurden in den untersuchten Städten (Graz und Linz) oft verzögerte Auswirkungen auf die Gesundheit durch die Schwebestäube beobachtet: Erst rund eine Woche nach den erhöhten Belastungen kommt es zur signifikanten Häufung von Erkrankungen sowie zu einer erhöhten Mortalitätsrate, lautet eines der zentralen Ergebnisse von Neubergers Studie. Er geht aufgrund der statistischen Belege von rund 40 einschlägigen Todesfällen in Graz aus. Eine strikte Trennung nach den Todesursachen sei jedoch nur schwer durchführbar, da oft ältere und bereits kranke Personen betroffen seien: „Jeder kann schließlich nur einmal sterben.“

Unterschiedliche Wirkungender Partikel. Als Verursacher des PM2,5-Feinstaubes gilt in erster Linie der Verkehr, in dessen Motorabgasen sich mehr feinere Partikel finden als in Industrie- und Hausbrandemissionen. Die organischen Partikel aus der Verbrennung von Heizöl und Holz sind in ihrer Wirkung aufgrund ihrer Struktur ebenfalls bedenklich, wie eine finnische Studie kürzlich gezeigt hat, da sie den Zelltod im Lungengewebe deutlich ansteigen lassen. Hier sind veraltete Heizungen und billige Kaminöfen verantwortlich, die einerseits nicht nach den neuesten Abgasstandards typisiert sind und andererseits in großer Zahl in Baumärkten vertrieben und illegal in Häusern installiert werden.
Abgesehen von den Emissionen aus Verbrennungsprozessen tragen auch andere durchaus bekannte Faktoren zur Gesundheitsgefährdung bei, erläutert Neuberger: „Die Belastung ist besonders in Innenräumen oftmals deutlich höher als im Freien, wofür insbesondere das Rauchen verantwortlich ist. In verrauchten Lokalen betragen die Messwerte oft das acht- bis zehnfache von verkehrsreichen Durchzugsstraßen.“

Dringender Handlungsbedarf. Auf Grundlage der vorliegenden Ergebnisse fordert Neuberger ein rasches Handeln von Seiten der Politik: „Die Grenzwerte liegen in den USA mit 15 und in der EU mit 25 Mikrogramm deutlich niedriger als die aktuelle Belastung etwa in Graz.“ Eine wirkliche Schwelle der Unbedenklichkeit gäbe es beim Feinstaub nicht, daher „sollten Feinstaubkonzentrationen unterhalb des Grenzwertes von 50 Mikrogramm (in Graz) weiter reduziert werden, um die akute Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu minimieren“. Eine weitere Forderung von Neuberger ist die nach Messungen des PM2,5-Gehalts der Luft, um die Gefahrenquelle rechtzeitiger zu erkennen.

Neuer Anlauf zu Maßnahmen. Die Landespolitik will auf die akute Situation zügig reagieren: Angesichts der aktuellen Feinstaubwerte soll im März eine Landesenquete zum Thema Feinstaub abgehalten werden. Landesrat Hirt wird sich für ganzjährige Maßnahmen einsetzen, da „Feinstaub-Anstiege im Sommer genauso fatal sind wie im Winter“. Er habe die Studie keineswegs zurückhalten wollen, wollte jedoch sichergehen, „dass die Ergebnisse halten bzw. dass sie nicht falsch interpretiert werden“. Umweltlandesrat Ing. Manfred Wegscheider hat sich indessen für die Übernahme des in mehreren deutschen Städten verwendeten Umweltzonenmodells starkgemacht, das für Pkws Plaketten in unterschiedlichen Farben je nach Abgasnorm vorsieht. Fahrzeuge mit zu hohen Werten dürfen demnach nicht in belastete Innenstädte fahren. Es wird allerdings einer raschen Festlegung der weiteren Vorgehensweise bedürfen, damit die geplanten Maßnahmen im kommenden Winter bereits umgesetzt werden können und sich nicht als zahnlose Papiertiger erweisen, wie die seinerzeit angedrohten Fahrverbote für filterlose Diesel-Pkws.
Josef Schiffer

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