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Michael Gumhold, Vevean Oviette und Mladen Miljanonovic in der Neuen Galerie
Mittwoch, 12. Dezember 2007
Den Wassily-Stuhl von Marcel Breuer hat der 1978 in Graz geborene Michael Gumhold in einer Sperrholzkonstruktion nicht nur einfach abgebildet oder nachgebaut, er hat ihn auch auf die Länge eines Zweiersofas gestreckt.

Aus dem Design-Klassiker und der Breuerform wird so eine Konzeptplastik und als benutzbares Sitzmöbel ein Teil einer Installation gegenüber einem lebensgroß an die Wand projizierten Video. Darin spielt der Cellist Fred Lonberg-Holm in seiner Garage in Chicago wie vor Grazer Publikum, das, vergleichbar der Situation in einem Aufnahmestudio, vor dem Musiker im Studio der Neuen Galerie auf der Couch Platz nehmen kann.

An der Akademie für bildende Kunst hat Michael Gumhold Bildhauerei studiert. Er „sampelt in seinen Installationen Gegenstände unterschiedlicher Herkunft", wie Kurator Günther Holler-Schuster die Arbeitsweise beschreibt, und bringt sie in einen neuen, auktorialen Zusammenhang. Noch deutlicher wird diese Strategie angesichts einer von der Raumdecke abgehängten Kassettendecke, über die der Künstler Wortspiel und ein Motiv historischer Architektur verbindet: Gumholds Bauelement besteht aus unzähligen mit Kabelbindern fixierten Tonbandkassetten, deren inhärenter Informationsgehalt auf diese Weise hermetisch verschlossen bleibt. Darauf nimmt auch der Titel der Ausstellung Bezug: Watch your Language (part 2), feat. Tapes n’ Tapes : Rehearsal : Room # 9.

 

 

Grande Dame. Zehn Gemälde und etwa 450 grafische Blätter von Vevean Oviette (1902-1986) befinden sich als Nachlass in der Sammlung der Neuen Galerie. Gudrun Danzer hat mit der ebenfalls in der Neuen Galerie gezeigten Ausstellung der für die jüngere Grazer Kunstgeschichte maßgebliche Künstlerin auch ein Forschungsprojekt in Angriff genommen, in dem auch die bisher im Detail wenig bekannte Zeit in Amerika recherchiert und im Lauf des kommenden Jahres in einem Katalog publiziert werden soll.

Schon als junge Frau wanderte Emmy Schwarzbauer nach Amerika aus, wo sie als Schauspielerin mit einer Theatertruppe durch die USA tourte. Damals nahm sie den Künstlernamen Vevean Oviette an. Ab 1938 begann sie eine künstlerische Ausbildung an der New Yorker Franklin School of Fine and Applied Arts und an der Art Students League. Für ihre konstruktiven und dem Kubismus nahen Naturstudien war das Privatstudium bei Fernand Léger einflussgebend. Als Modezeichnerin, und zur selben Zeit wie auch Andy Warhol, arbeitete sie in den 1950er Jahren für Vogue. Drucktechnisches Wissen eignete sie sich im Atelier 17 in New York bei William Hayter an, wiederum in einer Zeit, als dort auch Jackson Pollock, Franz Kline und Willem de Kooning beschäftigt waren.

Zu Ende der 1940er Jahre widmete sie sich dem Aktstudium an der Académie de la Grande Chaumiére in Paris. Einige der hier entstandenen Zeichnungen, mit Nähe zu Picasso und Matisse, sind in der Ausstellung zu sehen. Zwischen 1950 und 1954 lebte Oviette wieder in Graz und trat der Sezession bei, Freundschaften verbanden sie mit Kurt Weber und Gottfried Fabian. In der zweiten Hälfte der Fünfziger war sie wieder in New York, unterrichtete an der Parsons School of Fine and Applied Arts, hatte mehrere Ausstellungen in New Yorker Galerien und wurde für druckgrafische Arbeiten mit Auszeichnungen bedacht; neben anderen kaufte das Brooklyn Museum etliche ihrer Arbeiten.

1962 kehrte sie schließlich nach Graz zurück, wo sie bis zu ihrem Tod sehr präsent in der Kunstszene sein sollte und ihre Werke immer wieder in den Galerien gezeigt wurden. Mit den Dissidenten der Grazer Sezession trat auch sie aus der Künstlervereinigung aus und wurde Mitbegründerin der Gruppe 77. Noch in den Sechzigern entstanden sehr freie und gestische Aquarelle, die an Pollocks Drip Paintings denken lassen. Aus rhythmischen und gegenstandslosen Formen entwickelte sie zunehmend Motive, die an serielle Bewegungsstudien des menschlichen Körpers erinnern und mit denen sie bis heute zumeist identifiziert wird.

 

 

… den Galerieraum zu besetzen. Mladen Miljanonovič wurde 1981 in Zenica, Bosnien-Herzegowina geboren und hat als Kind den Balkankrieg miterlebt. Dessen Gräuel und die Zeit nach dem Kriegsende in einem verarmten, zerstörten und territorial wie ethnisch geteilten Land sind Erfahrungen, die Miljanonovič in seiner Kunst reflektiert. Nach dem Schulabschluss leistete er seinen Dienst an der Militärakademie, bildete selbst Soldaten aus und rüstete im Jahr 2002 im Rang eines Offiziers ab. Gleich drauf begann er ein Studium an der Kunstakademie Banja Luka, die in einer der Baracken auf dem Areal der Militärakademie eingerichtet worden war.Kuratiert von Elisabeth Fiedler „besetzt" Miljanonovič das Artists-in-Residence-Atelier der Neuen Galerie mit einer ornamentalen Schablonenmalerei flächendeckend. Hier treffen der militärische und der kunsthistorische Terminus endloser Rapport aufeinander, indem zahllose, gleichförmige Silhouetten von Soldaten um den auf dem Boden befindlichen Schriftzug arrangiert sind: Only purpose of this soldiers is occupation of this studio.

 

 

Alle drei Ausstellungen sind bis zum 20. Jänner in der Neuen Galerie Graz zu sehen. Informationen unter www.neuegalerie.at

 

 

Wenzel Mraček

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