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Wortspiele mit ersten und letzten Fragen. |
Samstag, 10. November 2007 | |
Sissi Tax: „und so fort". Literaturverlag Droschl, Graz 2007, 88 Seiten, 16,- Euro Auch dieser dritte Band von Sissi Tax hat keinen Untertitel, keine Gattungsangabe; es ist jedoch sicher nicht falsch, die Texte als „Prosa" zu bezeichnen. Auch die beiden vorhergehenden, ebenfalls bei Droschl in Graz erschienenen und von Rainer Götz betreuten Bände „manchmal immer" (1995) und „je nachdem" (2001) enthalten solche Prosa – ähnlich jeweils im Umfang, ähnlich gegliedert in kurze Abschnitte. Leichter ist es zu sagen, was diese Texte nicht sind, nämlich nicht Geschichten, nicht Novellen, sie erzählen nichts außer Sätze aus Worten. Sie nehmen die Sprache als „Stoff" und brechen – um einen Vergleich aus dem Bereich des ehemaligen Kohlereviers Weststeiermark zu bemühen – die Brocken aus dem Rohmaterial, aus den Flözen der Wortgruppen, Wortfamilien und Assoziationsreihen. Dann werden aus den Elementen – in strengen Auswahlverfahren – kleine Gebäude errichtet, meist eine oder zwei Seiten lang, in denen die Autorin spielt und variiert und darauf vertraut, dass die Lesenden ihr folgen. Zum Beispiel: „was ich schreibe, entzieht sich der beschreibung. meiner zumindest. aus diesem grunde werde ich versuchen, es, das geschriebene, zu umschreiben. die klippe, das riff, die untiefe zu umschiffen." (erster Satz des vorgestellten Buches „und so fort"). Was passiert? Bilder entstehen beim Lesen, aber auch Zweifel an der Sprache soll entstehen, ob Wörter wirklich treffen. Der Autorin gelingen Witz und Aberwitz, sie jongliert mit Sinn und Unsinn und reiht sich in die moderne Literatur der konkreten Avantgarde ein und beweist doch spezifische Töne und Empfindlichkeiten für „die nerven, das nervöse und das nervennervöse", so dass nicht nur die Poesie, sondern auch die Poetin dahinter sichtbar wird. Wenn auch manches sozusagen exklusiv-idiomatisch und unübersetzbar erscheint, trifft doch das Urteil eines Kritikers zu, der die Texte von Sissi Tax „ein fulminantes Wortspiel mit ersten und letzten Fragen" nannte. Die Autorin hat Kindheit und Jugend in Köflach verbracht, hat in Graz Germanistik studiert, über die von Bert Brecht beeinflusste Schriftstellerin Marieluise Fleißer ein Buch veröffentlicht. Sie lebt seit 1982 in Berlin. Literarische Verwandtschaft gibt es zweifellos mit Friederike Mayröcker, Ernst Jandl und dem kürzlich in Berlin gestorbenen Oskar Pastior, dem aus Rumänien stammenden deutschen Dichter. Auffallend im hier vorgestellten dritten Prosaband ist die Neigung zum sprachlichen Konjunktiv. So zieht sich etwa das „hätte ich geschrieben, würde ich schreiben" als eine Art von Leitmotiv durch das Buch, Der Text bewegt sich sozusagen zwischen Wirklichkeitssinn und Möglichkeitssinn (die vom österreichischen Autor Robert Musil formulierte Ambivalenz) – aber die Grammatik bleibt sein festes Gerüst: „ja, das ist es, was ich, hätte ich schreiben gekonnt, wie ich gewollt hätte, werde geschrieben haben." So lautet die Einleitung zu einer höchst amüsanten „nicht-narrativen" Abhandlung gegen Ende des Buches über Staub, Abstauben, Staub zu Staub – sage noch jemand, dass er davon nicht betroffen wäre. Hedwig Wingler
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