Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Von Tiflis bis Porporela
Donnerstag, 18. Oktober 2007
CAMERA AUSTRIA International Nr. 99, 112 Seiten, 146 Farb- und 90 SW-Abbildungen, ISBN 978-3-9000508-68-5, 14,- Euro

Die georgische Künstlerin Marika Asatiani lenkt in ihren in diesem Heft Nummer 99 vorgestellten Fotoserien mithilfe der „Stilisierung des Alltags" (Daniel Baumann) den Blick des Betrachters auf ortsspezifische Gegebenheiten, mal in der Region Adscharien, einer autonomen Republik im Süden Georgiens, mal in der Hauptstadt Tiflis.

Die Stilisierung zwingt uns, uns unter die Oberfläche zu begeben und uns über das Abgebildete zu informieren, um es überhaupt verstehen zu können. So sind die Aufnahmen von Schichten gebrauchter Tapeten nicht einfach moderne Stillleben. Aufgenommen in einem Luxushotel der 60er Jahre, in dem über zehn Jahre (von den 1990ern bis 2004) rund 800 Flüchtlinge aus Abchasien untergebracht waren, verweisen sie auf die Enge einer Stadt, wo Politik und gesellschaftliche Veränderungen das Leben täglich bestimmen und bedrohen.

Christine Frisinghellis Artikel über den Österreichischen Fotografen Peter Dressler, dessen Arbeiten im Rahmen einer Retrospektive im letzten Jahr in den Ausstellungsräumen der Camera Austria vorgestellt wurden, fokussiert die Arbeitsweise des Künstlers, die er selbst als „unspektakuläre Suche nach der Abbildhaftigkeit des Wanderns durch die Dinge" beschreibt – eine umfassende und amüsante Begehung der fotografische Bildgeschichten und Mikrodramen des Künstlers. Wie man den Blick des Betrachters und den Gegenstand der Betrachtung in einem Bild vereint, wie man Räume darstellt, die reale Zeitverläufe suggerieren oder wie man den Dualismus von Existenz und Nichtexistenz feststellt, zeigt uns Antun Maračić etwa in den Serien „Demonstrationen einer Subjekt-Objekt-Beziehung", „Die Bänke auf Porporela" oder „Alea iacta est". Der kroatische Künstler trat Mitte der 1970er Jahre an die Öffentlichkeit und seine Arbeit lässt Anknüpfungspunkte an die Tendenzen der damaligen Konzeptkunst zu, wie Sandra Kri˛ić Roban in ihrem Beitrag herausarbeitet.
Im Rahmen von „trigon" präsentierte Franco Vaccari 1973 in Graz den „mendicante elettronico", den elektronischen Bettler, ein Fernsehgerät, auf dem ein Video von einem Bettler zu sehen war. Mit dem Beitrag von Antonello Frongia in der Camera Austria, in dessen Zentrum das über Jahre entwickelte Projekt „Ausstellung in Echtzeit" steht, kehrt der Künstler quasi nach Graz zurück. Rainer Bellenbaum veröffentlicht den zweiten Teil seiner vierteiligen Kolumne zu den variablen Dispositiven von Kino- und Ausstellungsraum. Im Forum beeindrucken diesmal Vesna Pavlovićs Serie über das Leben der Journalisten im Hotel Hyatt Belgrad während des Bombardements der Stadt sowie Mathias Lindens verlassene Häuser, die uns mehr als Form denn als Behausung entgegentreten. kd

KORSO verlost in Kooperation mit Camera Austria drei Exemplare der Nr. 99 beim Kulturquiz unter www.korso.at

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