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"Nicht mit mir wie Scheisse schmeissen" - Martin Kippenberger
Donnerstag, 18. Oktober 2007
Wie auch immer ist der Titel einer Arbeit aus dem Jahr 1991, bestehend aus etlichen einander gleichenden Sperrholzkisten, die Martin Kippenberger als „Plastikgewächshäuser" bezeichnete. Von außen scheint es sich um Boxen zu handeln, wie sie für Kunsttransporte verwendet werden. Hier sind aber Schutzhülle und der Inhalt – Verkehrszeichen – multiple Objekte – Teil eines Konzepts in der Verknüpfung von Form, Sprachspiel und Kontext. In Siebdruck und Spiegelschrift ist außen jeweils der Titel aufgebracht, dazu hier eingangs zitierter Hinweis, wie mit dem Kunstwerk, Pars pro toto, umzugehen sei.

Utopien für alle lautet der Untertitel der Schau im Kunsthaus Graz, die Daniel Baumann und Peter Pakesch aus dem Werk des deutschen Polyartisten und Enfant terrible Martin Kippenberger (1953-1997) erstellten, der sich selbst „Menschengärtner" nannte und dessen Werk programmatisch in Richtung Weltverbesserung zielte. Die Weltverbesserung allerdings manifestiert sich aus der relativ kurzen Schaffenszeit Kippenbergers in einem kaum zu vergleichenden und so unterschiedlich angelegten Werk von Malerei bis zum deutlich konzeptuell ausgerichteten Spätwerk und in seiner Idee vom Künstler als Produzent, Kurator und Vermittler, der sich in legitimer Nachfolge von Joseph Beuys am Mitgestalten der Gesellschaft beteiligte. Nachdem die Rezeption Kippenbergers zu Lebzeiten noch ablehnend respektive kontrovers ausfiel, erfolgte die breite Anerkennung seiner Arbeit erst nach seinem Tod. Daran maßgeblich beteiligt war vor allem eine junge Generation von Künstlerinnen und Künstlern, die in diesem Werk ein Modell für eigene Strategien erkannte.

 

 

Weltumspannend. Ein Werkstrang der Grazer Ausstellung behandelt beispielsweise die ortsspezifische Vorgangsweise Kippenbergers, die in eine Art weltweiter Vernetzung im „System Kippenberger" münden sollte. 1985 startete er eine „Tour nach Rio" mit der Absicht, in dieser „Megapole der dritten Welt" ebenso zu „landen", wie in Berlin, Wien, Köln, New York – und Graz. Zunächst entsteht eine große Serie von Postkarten mit Resultaten aus Mau-Mau-Spielen, die er in die ganze Welt verschickt, damit in mehrfachem Sinn ein Kartenspiel, das er über lange Zeit mit seinen Reisebegleitungen spielte. Schon vor der Reise entstand die Idee einer Tankstelle Martin Bormann und tatsächlich kaufte Kippenberger eine verfallene Tankstelle in Brasilien, deren Fotografie 1986 zur gleichnamigen Installation ausgebaut werden sollte. Eine Reihe von Architekturfotografien entsteht unter dem Titel Psychobuildings, diese wieder sind Ausgangspunkte für grafische und plastische Arbeiten der Serie Peter-Skulpturen. Damit unternimmt Kippenberger eine Auseinandersetzung mit der Moderne, der Architektur und ihrer sozialen Relevanz, was in einem Umfeld etwa mit seinen kritischen Architekturmodellen aus Europaletten in das Konzept eines weltumspannenden Metro-Netzes münden sollte mit realisierten Stationszugängen in Syros, Griechenland (1993), Dawson City, Kassel und Münster.

Ein Werkstrang der Grazer Ausstellung behandelt beispielsweise die ortsspezifische Vorgangsweise Kippenbergers, die in eine Art weltweiter Vernetzung im „System Kippenberger" münden sollte. 1985 startete er eine „Tour nach Rio" mit der Absicht, in dieser „Megapole der dritten Welt" ebenso zu „landen", wie in Berlin, Wien, Köln, New York – und Graz. Zunächst entsteht eine große Serie von Postkarten mit Resultaten aus Mau-Mau-Spielen, die er in die ganze Welt verschickt, damit in mehrfachem Sinn ein Kartenspiel, das er über lange Zeit mit seinen Reisebegleitungen spielte. Schon vor der Reise entstand die Idee einer und tatsächlich kaufte Kippenberger eine verfallene Tankstelle in Brasilien, deren Fotografie 1986 zur gleichnamigen Installation ausgebaut werden sollte. Eine Reihe von Architekturfotografien entsteht unter dem Titel , diese wieder sind Ausgangspunkte für grafische und plastische Arbeiten der Serie . Damit unternimmt Kippenberger eine Auseinandersetzung mit der Moderne, der Architektur und ihrer sozialen Relevanz, was in einem Umfeld etwa mit seinen kritischen Architekturmodellen aus Europaletten in das Konzept eines weltumspannenden Metro-Netzes münden sollte mit realisierten Stationszugängen in Syros, Griechenland (1993), Dawson City, Kassel und Münster.

 

 

Smartes Konzept. Besonders in den solitären Skulpturen manifestiert sich spontaner Witz, aber ebenso die Kunst reflektierendes smartes Konzept. Aus dem Jahr 1982 stammt die mit Albert Oehlen konstruierte Orgonkiste bei Nacht, eine Maschine, in der „schlechte" Bilder lagern, die nach der abstrusen Hypothese von Wilhelm Reich, durch Einfluss kosmischer Energie qualitative Verbesserung erfahren sollen. Modell Interconti aus dem Jahr 1987 ist ein Tisch, als dessen Tischplatte ein monochromes Gemälde von Gerhard Richter zum Einsatz kam. Die Form einer venezianischen Gondel übernimmt er in seinem Sozialkistentransporter (1989), wobei „Kiste" wohl im Sinn norddeutscher Umgangssprache als alles mit einem Thema Verbundene verstanden werden darf.

Besonders in den solitären Skulpturen manifestiert sich spontaner Witz, aber ebenso die Kunst reflektierendes smartes Konzept. Aus dem Jahr 1982 stammt die mit Albert Oehlen konstruierte , eine Maschine, in der „schlechte" Bilder lagern, die nach der abstrusen Hypothese von Wilhelm Reich, durch Einfluss kosmischer Energie qualitative Verbesserung erfahren sollen. aus dem Jahr 1987 ist ein Tisch, als dessen Tischplatte ein monochromes Gemälde von Gerhard Richter zum Einsatz kam. Die Form einer venezianischen Gondel übernimmt er in seinem (1989), wobei „Kiste" wohl im Sinn norddeutscher Umgangssprache als alles mit einem Thema Verbundene verstanden werden darf.
Peter Pakesch weist darauf hin, dass für Kippenberger Graz, neben Köln, zu einem der wichtigsten Orte seines Schaffens wurde. Auch hier war er schnell in lokales Gefüge und Künstlermilieu integriert, zu seinen Freunden und „Kollaborateuren" zählten Jörg Schlick und Wolfgang Bauer, damit verbunden die Gründung der Lord Jim Loge, die Galeristen Bleich-Rossi, Artelier, Forum Stadtpark und Camera Austria.

 

Am 11. und 18. Oktober und am 8. und 15. November führt Peter Pakesch jeweils ab 16.00 Uhr durch die Ausstellung. Information unter Tel. 0316/ 78017-9200.

 

Modell Martin Kippenberger. Utopien für alle bis zum 6. Jänner 2008 im Kunsthaus Graz. Informationen unter www.kunsthausgraz.at

bis zum 6. Jänner 2008 im Kunsthaus Graz. Informationen unter

 

 

Wenzel Mraček

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