Kulturvermittlung Steiermark: Eine internationale Drehscheibe für Kunst und Kultur |
Dienstag, 11. September 2007 |
Wenn eine Serviceeinrichtung hervorragend funktioniert, wenn eine (kunst)pädagogische Institution ihren selbst gestellten Aufgaben in vorbildlicher Weise nachkommt – dann tritt sie selbst hinter die künstlerischen Inhalte zurück und ist wenig merkbar. Die Kulturvermittlung Steiermark ist eine solche Einrichtung, die oft eher im Stillen wirkt – aber: ohne sie wäre das steirische Kulturleben um einen wichtigen Faktor ärmer, und viele Kunstprojekte und vor allem auch grenzüberschreitende kulturelle Begegnungen hätten nie stattgefunden.
„Entstanden ist die Kulturvermittlung vor nahezu 20 Jahren aus einem
Verein von Lehrern, die Kulturarbeit leisten wollten“, erzählt deren
Leiter Prof. Max Aufischer. Zunächst ging es um ganz praktische Dinge
wie den Verleih von Bilderrahmen und Stellwänden – erstere wurden mit
Schülern gebaut. Das war der Beginn des „Kult-Rent“-Systems, das sich
über bald zwei Jahrzehnte glänzend bewährt hat und nach wie vor eine
unentbehrliche Unterstützung für KünstlerInnen und VeranstalterInnen
darstellt – die Entlehnung der Rahmen und Stellwände ist kostenfrei.
Allein im Zeitraum 1989 bis 2003 wurden mehr als 650 Projekte in
Österreich und im benachbarten Ausland unterstützt.
Grenzüberschreitende Kulturkooperationen: Das Cultural City Network.
Dann, 1989/90, kamen aus den Wende-Staaten des Ostens immer mehr
Anfragen an die Stadt Graz, wie die Kommunen im Westen kulturelle
Aktivitäten denn organisierten – und natürlich wurden auch schon
Vorschläge zur Kooperation unterbreitet.
Aus dieser Bedarfslage heraus organisierte Emil Breisach eine Tagung,
an der VertreterInnen – v.a. Kulturbeamte – von 24 Städten aus dem
Osten, aus Triest, Klagenfurt, München und Linz teilnahmen; die
Zusammenkunft mündete in die Gründung des Cultural City Networks.
Zunächst ging es dabei um die Weitergabe wichtiger Information – „das
hat sich inzwischen dank Internet allerdings ziemlich erledigt“, sagt
Aufischer. Immer stärker rückten dagegen der Kulturtransfer und die
grenzüberschreitende Kultur-Kooperation in den Mittelpunkt. Und ab der
Bewerbung der steirischen Landeshauptstadt für die europäische
Kulturhauptstadt 2003 bis zum Jahr 2001 betreute Aufischer auch die
Vorbereitungsarbeiten für 2003 – bis die Politik beschloss, sie in die
Hände von Wolfgang Lorenz zu legen, eine im Rückblick gesehen
vermutlich nicht besonders weise Entscheidung.
Ein Ort der Zuflucht und Kontemplation: Das Internationale Haus der
Autoren. 1996 schließlich wurde mit der Gründung des Internationalen
Hauses der Autoren (IHAG) ein weiterer Meilenstein in der
Positionierung der Kulturvermittlung gelegt: Im Cerrini-Schlössl am
Grazer Schlossberg wurden drei Wohneinheiten für Stadtschreiber und
weitere Stipendiaten adaptiert, ein besonderes Augenmerk gilt dabei dem
Programm „Writers in Exile“; dabei will Aufischer das Wort „Exil“ nicht
nur in jenem Sinn verstanden wissen, den es aufgrund der
Flüchtlingsbewegungen des 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts
angenommen hat: „Die Kubanerin Alessandra Molina, die 2006 bis 2007 als
,writer in exile‘ in Graz lebte, wurde nicht im klassischen Sinne
verfolgt – auch wenn sie jetzt Probleme hat zurückzukehren, weil sie so
lange im Ausland verweilte; ins Exil kann man sich aber durchaus auch
aus freiem Willen begeben.“
Neben den „Writers in Exile“ betreut das Haus der Autoren auch die
Grazer Stadtschreiber (derzeit: Saša Stanisić) und KurzstipendiatInnen.
Aktuelle Projekte. Die Ausstellung „Kontrapunkte“ über die Grazer
Fotoszene wird derzeit international gezeigt, nach Mostar, Prishtina,
Warschau und einigen anderen Destinationen nun in Innsbruck. In
Fertigstellung ist ein Buch über die britische Besatzungszeit 1945 bis
55, das auf einer Ausstellung des ehemaligen Stadtmuseumsdirektors
Gerhard Dienes beruht; die u.a. 1995 im Imperial War Museum in London
gezeigt worden war. 2005 wurde die Ausstellung wieder aufgenommen – und
zwar mit einer zusätzlichen Pointe: „Die Idee war, die Fotos an jenen
Stellen zu zeigen, an denen sie aufgenommen worden waren“, erzählt
Aufischer. Die Publikation zeigt diese quasi doppelte Historie und
verzichtet dabei nicht auf wissenschaftlichen Anspruch: Die Texte
wurden von einem Zeithistoriker verfasst.
Ende des Jahres wird anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Hauses
der Autoren eine weitere umfangreiche Publikation erscheinen, die Texte
jener SchriftstellerInnen enthalten wird, die vorübergehend in Graz
ihre Heimstatt gefunden haben. Aufischer: „Insgesamt waren es schon 65,
40 davon liefern Beiträge.“
Und schließlich wird am 12. September um 20.00 Uhr im Literaturhaus
Graz der Band „Ich. Stadtschreiberin“, herausgegeben von Maruša Krese
und Gerhild Steinbuch, präsentiert. Die Entstehung des Buches beruht
auf einer Idee von Krese: „Weil es in Graz so wenige literarische
Zirkel gibt, wo Verleger, Herausgeber literarischer Zeitschriften und
AutorInnen zusammentreffen, hat die Stadtschreiberin sie auf den
Schlossberg in ihr Domizil geladen. Da gab es zwei spannende
Diskussionsrunden – die dann auch literarisch im nun vorliegenden Band
verarbeitet wurden.“
Christian Stenner
www.kulturvermittlung.org mit links auf www.ccn-graz.net,
www.ihag.org
» 1 Kommentar
1"Korrektur" am Donnerstag, 1. Januar 1970 00:33
Betreffend der Publikation, die im Rahmen 10 Jahre Internationales Haus der Autoren ensteht, gibt es eine Korrektur und eine Ergänzung. 1. Über 70 Autor/innen haben bereits ihre Texte "geliefert". Das sind also fast doppelt so viel als die genannten 40. 2. Die Präsentation der Publikation findet am 22. November mit dem Beginn um 19.30 Uhr im großen Minoritensaal statt. Die Texte werden von Theater Mundwerk präsentiert, musikalisch verführt/entführt das Sandala Orkestar nach Ost- und Südosteuropa. Der Eintritt ist FREI. Wir freuen uns über zahlreiche Besucher/innen. LG
» Kommentar schreiben
Nur registrierte Benutzer können Kommentare schreiben. Bitte melden Sie sich an oder registrieren Sie sich.
|