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Digitale Spurensuche in mittelalterlichen Schriften |
Montag, 10. September 2007 | |
Im Mittelalter waren meist mehrere Schreiber an der Anfertigung von Manuskripten und Codices beteiligt. Für die Sprachwissenschaft ist eine eindeutige Unterscheidung ihrer Schriftzüge von entscheidender Bedeutung, um die Texte zeitlich und räumlich möglichst genau einordnen zu können. Da eine hundertprozentige Zuordnung bislang nicht möglich ist, wollen IT-Experten von JOANNEUM RESEARCH nun modernste Methoden der computergestützten Mustererkennung einsetzen, um die einzelnen Schreiber objektiver, schneller und zuverlässiger als bisher identifizieren zu können. Heidelberger Codex unter der digitalen Lupe. Im Projekt DAmalS (Datenbank zur Authentifizierung mittelalterlicher Schreiberhände), das unter der Leitung des Germanisten Prof. Wernfried Hofmeister von der Universität Graz und mit Förderungsmitteln des Landes Steiermark durchgeführt wird, soll der Hightech-Ansatz am Beispiel der Heidelberger Montfort-Handschrift erstmals erprobt werden. Hugo von Montfort, ein mittelalterlicher Dichter, der von 1413 bis 1415 auch Landeshauptmann der Steiermark war, hinterließ auf über 50 Seiten geistliche Reden, Lieder und Briefe in einem Codex, der bereits in digitalisierter Form vorliegt. Seit Sommer nehmen die Spezialisten von JOANNEUM RESEARCH diese Handschrift genauer unter die digitale Lupe. Von der computergestützten Vermessung ... „Für eine erste globale Einschätzung konzentrieren wir uns zuerst auf seitenbezogene Maßzahlen“, erläutert der Projektverantwortliche DI Georg Thallinger. „Dazu werden Zeilenausrichtung, die durchschnittliche Buchstabenneigung, Seitenränder oder Textanteile auf jeder Seite genauestens per Computer vermessen.“ In einem zweiten Schritt erfolgt die Segmentierung – das heißt, die Seite wird in Bereiche mit bestimmten Eigenschaften unterteilt. Der Detaillierungsgrad ist dabei beliebig einstellbar – von ganzen Absätzen über Zeilen und Wörter bis hin zu einzelnen Buchstaben. Mit Hilfe ausgeklügelter Analyse-Algorithmen werden für diese Bereiche die für die Schreiber charakteristischen Maßzahlen für Zeilenabstände, dominante Farben, Füllgrad, Texturmaß, Ober- und Unterlängen, aber auch Details wie die Lage der I-Punkte oder verwendeten Ligaturen ermittelt und in einer Datenbank gespeichert. ... zur automatischen Suche. Anhand dieses individuellen ‚digitalen Fingerabdrucks‘ kann das Bildverarbeitungssystem Muster wieder erkennen, verschiedene Seiten eines Codex vergleichen und über die charakteristischen Schriftzüge einzelnen Schreibern zuordnen. „Der wichtige Punkt daran ist“, so Thallinger, „dass von der Segmentierung bis zur Mustererkennung anhand der Maßzahlen alles möglichst automatisch abläuft.“ Vor allem bei umfangreichen Handschriften, die in Bibliotheken in ganz Europa verstreut sind, bietet ein automatischer ‚Suchlauf‘ auf digitaler Basis nicht nur die Möglichkeit, mehr Manuskripte in kürzerer Zeit zu analysieren, sondern vielleicht auch völlig neue Querverbindungen einzelner Schreiber zu anderen Werken zu entdecken.
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