von Rüdiger Wetzl

Schon vor den Wahlen Ende 2006 waren Präsident Lula und seine Partido dos Trabalhadores des Öfteren ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Mit dem Mensalão-Skandal hatte die Partei 2005 gar eine der schwersten Bestechungsaffären seit Ende der Militärdiktatur zu verantworten. Dennoch konnte Lula mit beeindruckender Mehrheit seine Wiederwahl erreichen. Doch die Ereignisse der letzten Monate haben Partei und Präsident wieder einiges an Glaubwürdigkeit gekostet.

„Ich habe im Oktober keinen der beiden Kandidaten gewählt. Aber viele meiner Freunde und Bekannten haben sich für Lula entschieden, weil er für sie das geringere Übel bedeutete." So fasst Henrique in kurzen Worten seine wenig schmeichelhafte Meinung über den Präsidenten des größten Staates Lateinamerikas zusammen. Dabei drückt der Student aus dem Bundesstaat Minas Gerais aus, was sich viele hier denken. Denn das über Jahre aufgebaute Image des Volkshelden aus der Arbeiterklasse hat Luiz Inácio Lula da Silva schon in seiner ersten Amtszeit verspielt. Die Korruptionsskandale der letzten Jahre konnte der Präsident nur mit einer ausgefeilten Vogelstrauß-Taktik überstehen. „Bei jedem internen Problem der PT gehen die Leute mittlerweile davon aus, dass Lula nicht darüber informiert war. Deshalb kursieren auch zahlreiche Witze über den Mann, der im Land immer alles als Letzter erfährt." Auf die Frage, ob sich seit den letzten Wahlen etwas verändert hätte, meint Henrique: „Das blinde Vertrauen, dass man Lula lange Zeit geschenkt hat, ist weg."