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SEKEM-Universität: „Die Kunst muss die Wissenschaft begleiten"
Archiv - Wissenschaft und Forschung
ImageIbrahim Abouleish: „Mangelhafte Bildung ist die Quelle von Fanatismus und Gewalt."

Der Begründer der SEKEM-Bewegung Dr.Dr. h.c. Ibrahim Abouleish weilte im Mai zu Besuch in Graz, wo er nicht nur Technik und Medizin studiert, sondern auch seine Frau kennengelernt hat. Aus Anlass der Gründung der Heliopolis Universität bei Kairo, die im kommenden Herbst den Lehrbetrieb aufnehmen wird, diskutierte der alternative Nobelpreisträger mit dem Rektor der Med Uni Graz DDr. Gerhard Walter über „Chancen der Universitäten im 21. Jahrhundert".

Bereits 1977 hat Abouleish die Entwicklungsinitiative SEKEM gegründet, um in seiner Heimat eine nachhaltige Entwicklung zum Wohle der Menschen der Region in die Wege zu leiten. Josef Schiffer sprach für KORSO mit Ibrahim Abouleish über sein Entwicklungsprojekt SEKEM.

ImageWas will der SEKEM-Impuls mit seiner Arbeit erreichen?
Unser Symbol SEKEM kommt aus dem Altägyptischen und bedeutet „sonnenhafte Lebenskraft". Am Anfang stand die Bewirtschaftung von 70 Hektar Wüstenboden im Nildelta. In den vergangenen dreißig Jahren hat sich SEKEM zu einem nachhaltigen Zentrum entwickelt, das neben der biologisch-dynamischen Landwirtschaft die Herstellung von Heilmitteln, Ausbildungsprogramme, Schulen, medizinische Versorgung sowie eine Akademie für angewandte Kunst und Wissenschaft umfasst. Wir haben damit ein nachhaltiges Modell für die Zukunft unseres Landes entwickelt, bei dem der wirtschaftliche Erfolg in die soziale und kulturelle Entwicklung der Gesellschaft eingebettet ist.

Welchen Beitrag kann diese neue Universität zur Lösung der Probleme in Ihrem Land leisten?
Ich habe während meiner Tätigkeit erkannt, dass Kultur in Armut nicht entstehen kann. Aber wenn man Geist, d.h. Bildung, weitergibt, dann kann man den Menschen dabei helfen, ihre materielle Umwelt zu schaffen und gestalten. Wir werden im ersten Jahr mit der Ausbildung von ca. 300 Studenten beginnen, die zwischen den beiden Fakultäten „Business" oder „Engineering" wählen können. Dabei stehen nachhaltiges Wirtschaften und Umwelttechnik im Vordergrund. Zusätzlich machen kulturelle Inhalte in den Lehrplänen ungefähr 20 Prozent der Stunden aus, um eine ganzheitliche Bildung zu erreichen. Es reicht nicht aus, das nachzumachen, was in Europa seit Jahrhunderten praktiziert wird. Man muss sich flexibel auf die Bedürfnisse der Zukunft einstellen. Der Staat erkennt unsere Bemühungen an, aber auch die internationalen Konzerne, die uns nicht immer günstig gesonnen waren, weil sie meinten, dass wir ihre Geschäfte schädigen, respektieren inzwischen unsere Arbeit.

Welche Rolle spielt die Anthroposophie bzw. Religion in Ihrem System?
Die Anthroposophie ist ein Produkt der europäischen Kultur, die wir aber nicht im Sinne einer Weltanschauung verwenden, sondern die uns als Idee für die Anwendung der biologisch-dynamischen Prinzipien im Landbau dient. Diese habe sich wunderbar bewährt und zeigen den Weg zu einer Bewirtschaftung, die im Einklang mit der Natur steht. Der Islam spielt als kulturelle Grundlage eine wichtige Rolle, als ein Mittel für die geistige Entwicklung, nicht aber als Gesetz. Toleranz ist die Grundlage der menschlichen Kultur und die einzelnen Religionen sind wie die Bausteine eines gemeinsamen Hauses. Hass und Fanatismus wie von Seiten der radikalen Muslime hat seine Wurzeln immer in mangelhafter Bildung.

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