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Künstlersozialversicherung in Österreich: Wer wenig hat, dem wird genommen
Archiv - Kultur
ImageAm 20. Februar diskutierte man in Wien über eine Neugestaltung der Künstlersozialversicherung: Daniela Koweindl, Erich Knoth, Sabine Schlüter, Juliane Alton, Hans Läubli, Othmar Stoss (Podium v.l.n.r.)

Seit 2001 besteht der Künstlersozialversicherungsfonds. Er gewährt KünstlerInnen, so sie vom Fonds als solche anerkannt werden, einen Zuschuss zur Pensionsversicherung. Dass aber das Image des Fonds unter den KünstlerInnen ein denkbar schlechtes ist, rührt nicht von ungefähr.

Österreichische KünstlerInnen blicken neidvoll nach Deutschland. Mit der Schaffung einer Künstlersozialkasse trug man dort schon 1983 der Tatsache Rechnung, dass KünstlerInnen wegen ihrer oft niedrigen und unregelmäßigen Einkommen nicht die gleichen Beitragssätze bezahlen können wie andere Selbstständige. Daher wurden KünstlerInnen Arbeitnehmer-Innen gleichgestellt und tragen damit nur die Hälfte der Versicherungskosten. Nun hat Kulturministerin Claudia Schmied auch für Österreich eine Novellierung des Künstlersozialversicherungsfondsgesetzes in Aussicht gestellt.

Kein Bauer muss Förderungen zurückzahlen, weil er zu wenig verdient
. Größter Kritikpunkt am bestehenden Künstlersozialversicherungsfondsgesetz, kurz K-SVFG, ist die Einkommensuntergrenze für den Erhalt von Beitragszuschüssen. Sie liegt bei der zwölffachen monatlichen ASVG-Geringfügigkeitsgrenze von derzeit 4.094 Euro im Jahr Dieses Einkommen muss aus selbstständiger künstlerischer Tätigkeit erwirtschaftet werden. Liegt das Jahreseinkommen darunter, sind die Pensionszuschüsse zurückzuzahlen.
So sollen nun knapp ein Drittel der rund 3.500 Fondsmitglieder Gelder zurückzahlen, die sie in den Jahren 2001 bis 2005 erhielten. „Aufgrund von Einkommensprognosen wird man in die Versicherung aufgenommen. Verdient man im nächsten Jahr weniger, muss man den ‚zu Unrecht erhaltenen’ Zuschuss zurückzahlen; manchmal 400 Euro , manchmal 2.000 Euro", erzählt die Autorin Margret Kreidl. „Dieses Gesetz ist gegen Künstlerinnen und Künstler, es nimmt überhaupt nicht auf die Realität Bezug. Wer wenig verdient oder kein Einkommen hat, fällt raus. Wir wünschen uns eine Regelung ohne Einkommensuntergrenze, die die Berufsrealität zur Grundlage hat. Alle, die Literatur haupt- oder zweitberuflich betreiben, sind auf staatliche Förderungen angewiesen. Ich vergleiche das immer gern mit Bauern und Bäuerinnen. Kein Bauer muss Förderungen zurückzahlen, weil er zu wenig verdient. Vorschläge gibt es von allen Berufsgruppen. Die politisch Verantwortlichen müssen nur einmal mit den Leuten reden."
Aber nicht nur die Untergrenze ist Grund für Kritik, so die Kulturwissenschafterin Juliane Alton: „Die Untergrenze der K-SV ist an die Geringfügigkeitsgrenze gekoppelt, die Obergrenze – rund 19.600 Euro – ist aber eine willkürlich festgesetzte Grenze, die nicht angepasst wird. Daraus folgt, dass die Untergrenze ständig steigt, die Obergrenze aber gleich bleibt, wodurch immer weniger Menschen zwischen diese Grenzen fallen. Das ist absurd, wenn nicht sogar bösartig."

Neue Ministerin, neue Chancen. Als Initiative zur Verbesserung und Erneuerung der Künstlersozialversicherung hat die IG Freie Theater in Zusammenarbeit mit dem Kulturrat Österreich eine Studie in Auftrag gegeben. Juliane Alton hat in einem Ländervergleich die arbeits- und sozialrechtlichen Bedingungen in Schweden, der Schweiz, Frankreich und Deutschland mit dem bestehenden Künstlersozialversicherungssystem in Österreich verglichen und gemeinsam mit dem Kulturrat Österreich Forderungen und Vorschläge für eine Verbesserung und Erneuerung des bestehenden Künstlersozialversicherungsmodells erarbeitet. Am 20. Februar fand im Literaturhaus Wien eine Podiumsdiskussion statt, bei der Juliane Alton, Sabine Schlüter (Künstlersozialkasse in Deutschland), Othmar Stoss (Künstlersozialversicherungsfonds Österreich) und Erich Knoth (Schauspieler) über die Möglichkeiten einer Neugestaltung der K-SV diskutierten.

Die Ergebnisse der Veranstaltung waren erfreulich, berichtet Juliane Alton im KORSO-Interview: „Ein Mitarbeiter der Kulturministerin, Dr. Günter Lackenbucher, hat uns versichert, dass die Rückzahlungen ad hoc gestoppt und rückgängig gemacht würden und zwar für alle, das heißt auch für die, die über die Obergrenze gekommen sind. Ob die Untergrenze fällt, wurde offen gelassen. Außerdem sei eine Novelle geplant, die bereits zur Begutachtung versandt wurde. Der Standard hat eine Serie zu diesem Thema gestartet. Die hätten wir zwar schon viel früher gebraucht, aber wir freuen uns darüber."...
 Katharina Dilena


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