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Kulturbewusstsein und kulturpolitische Perspektiven – Ein Kommentar |
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„Event ist, wenn es Häppchen gibt, neudeutsch Finger Food. Kultur ist das, was unter den Häppchen leidet", eröffnete Jens Jessen, Feuilletonchef des Hamburger Wochenmagazins DIE ZEIT, seinen Einleitungsvortrag zu einer Diskussion der Akademie Graz im Großen Saal des Kulturzentrums bei den Minoriten. Was Jessen prägnant verkürzte, muss einerseits als Symp-tom einer zwangsläufig den Anforderungen der Wirtschaftlichkeit sich inzwischen assimilierten Kulturindustrie nach Habermas und Adorno interpretiert werden.
Eine im Vorjahr bei Suhrkamp erschienene Studie, die aus den Selbstbeobachtungen des Autors Thomas Raab hervorging (Nachbrenner. Zur Evolution und Funktion des Spektakels), behandelt dagegen das Problem aus dem grundlegenden Ansatz, dass das Spektakel – weitgehend gleichzusetzen mit Event – aus einem postindustriellen, aber gleichfalls volkswirtschaftlich orientierten Bedürfnis der gefahrfreien Reizgenerierung hervorgeht, die Rezipienten zu Konsumenten abstuft. Dieses von Raab als Nachbrenner bezeichnete Phänomen bedingt im besten Fall zwar kurzfristig ökonomischen, in seiner Folge aber keinerlei kulturellen Strategie- oder Strukturgewinn: „Grundlage des Spektakels muss, da hier kein Produkt mit Nutzwert im industriellen Sinn erzeugt wird, die ‘psychophysische Erregung’ der Konsumenten sein. Als prototypisches Beispiel für diese vom ‘Inhalt’ unabhängige Erzeugung diffuser Erregung sei etwa die traditionelle Theaterinszenierung genannt, in welcher der Held in blitzendem Scheinwerferlicht samt Theaterdonner erscheint, oder auch jedes Feuerwerk" (Raab, Nachbrenner). Um Raab durch ein aktuelles Grazer Beispiel zu veranschaulichen, sei hier das für den Sommer geplante Musicalfestival genannt, das Kulturstadtrat Werner Miedl mit einer Förderung von 100.000 Euro aus dem Kulturbudget unterstützen wird, in der vagen Hoffnung, mittelfristig werde sich das Festival selbst tragen. Abgesehen vom im Prozedere übergangenen Kulturbeirat, hatte sich Miedl noch vor kurzem in einer Diskussion mit der IG Kultur (siehe KORSO, Februar 07) für die freien Grazer Kulturschaffenden stark gemacht und angekündigt, er werde gegen die geplante Kürzung der Subventionen um 18 Prozent in den nächsten drei Jahren eintreten, nachdem aus seiner Sicht derzeit eine budgetäre Grenze erreicht sei, unter der relevante Entwicklung nicht mehr möglich sei. Dieses Beispiel bezeichnet jedenfalls die hier wie überregional bestehende Diskrepanz zwischen Kulturpolitik, Kulturtheorie und den an Inhalten arbeitenden Kulturschaffenden respektive den daran interessierten Rezipienten. ... Wenzel Mraček
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