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KOPFZEILE: Wenn Journalisten schwarz schreiben
Archiv - Politik
Donnerstag, 8. März 2007
Image Von Martin Novak

Neger darf man ja nicht sagen. Also schreiben politisch korrekte (und das sind ja wohl alle) Journalistinnen und Journalisten von „Schwarzafrikanern", wenn sie damit Staatsbürger eines afrikanischen Landes mit dunkler Hautfarbe meinen. Tausendfach findet man das Wort innerhalb der letzten drei Jahre in den österreichischen Tageszeitungen, zumeist in der Kriminal- und Gerichtsberichterstattung.

„Unter den Verhafteten befinden sich 28 Schwarzafrikaner, zwei Schweizer, zwei Vietnamesen und ein Italiener", diesen Satz schrieb kein österreichisches Medium, sondern die Schweizer Gratistageszeitung „20 Minuten". Weil sich eine Menschenrechtsorganisation darüber beschwerte, musste sich der Schweizer Presserat damit genauso befassen wie mit einem wegen Drogenhandels vor einem Strafrichter gelandeten „30-jähriger Schwarzafrikaner", über den die Freiburger Nachrichten berichteten. Beiden Beschwerden wurde stattgegeben: „Die unnötige pauschalisierende Zusammenfassung von Verdächtigen und Angeschuldigten als ‚Schwarzafrikaner’ in der Kriminalberichterstattung ist geeignet, Vorurteile gegen dunkelhäutige Menschen zu fördern und diese damit zumindest latent zu diskriminieren", entschied der Schweizer Presserat. Und fand damit auch das Verständnis der Gescholtenen: Der Autor habe sich die Diskriminierungsproblematik bei der Niederschrift des Berichts nicht überlegt. Tatsächlich trage die Hautfarbe des Angeklagten nichts zum Verständnis des Textes bei. Gedankenlosigkeit und nicht Rassismus sei hinter der Erwähnung der Hautfarbe gestanden. Aber die Beschwerde löse eine Bewusstseinsbildung auf der Redaktion aus. Man wolle der Verantwortung gerecht werden und unnötige Qualifizierungen künftig vermeiden.
So die Stellungnahme des Chefredakteurs der betroffenen Regionalzeitung.
Was daran diskriminierend ist, lässt sich an einem exemplarischen Zitat aus einer (ober-) österreichischen Zeitung zeigen: „Das Hauptkontingent der (Gefängnis-)Insassen stellen in Wels Schwarzafrikaner, Russen, Georgier und Rumänen", schrieb die O.Ö. Rundschau erst jüngst. Rassisten schwarzer Hautfarbe würden schreiben: „Weißeuropäer, Nigerianer, Liberianer und Sengalesen…"
Diese Diskussion ist beckmesserisch? Vielleicht. Tatsächlich fehlt aber dem österreichischen Journalismus die Chance zur Selbstreflextion, die auch Rekreation sein kann. Stefan Kornlius, Außenpolitiker der „Süddeutschen Zeitung", meinte in Bezug auf die eigene Zunft, sie seien „Sprachmüllfahrer geworden, die durch die Gegend fahren, alles in Säcke packen und rasch zustellen". Eine Instanz, wie ein Presserat, die das Tempo herausnimmt, der außerhalb der Gerichtsbarkeit Fehlentwicklungen aufzeigt, der feststellt und nicht verurteilt, fehlt in Österreich seit mehren Jahren.
Deswegen ist es auch fast unvorstellbar, dass ein österreichischer Chefredakteur ähnlich selbstkritisch formuliert wie sein Freiburger Kollege. Es wird ihm selten abverlangt und wenn dann von einem Gericht, wo es nicht um Bewusstseinsbildung geht, sondern um drohende Aburteilung und Strafe. Und Gerichte verurteilen Medienleute ja offenbar schon, wenn sie sich über Hermann Maier lustig machen. Da bringt erst ein Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte die Dinge wieder ins Lot.

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