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Aufbruch im Land der Liliput-Gemeinden
Archiv - Politik
Donnerstag, 8. März 2007
Image542 Gemeinden zählt die Steiermark mit ihren 1,2 Millionen Einwohnern, die kleinste davon – Freiland bei Deutschlandsberg – hat gerade 128 EinwohnerInnen. Zum Vergleich: Der über 2 Millionen Einwohner zählende Nachbarstaat Slowenien kommt mit 192 Kommunen nebst BürgermeisterInnen, Gemeindeämtern, GemeindesekretärInnen und sonstiger Verwaltungsinfrastruktur aus. Negativ wirkt sich die übertriebene Dezentralisierung auf politischer und Verwaltungsebene nicht nur wegen der dafür eingesetzten Mittel aus, die wichtigeren Vorhaben vor Ort – wie etwa der Reanimation des Nahverkehrs oder der Nahversorgung – abgehen: Die Notwendigkeit der Selbstlegitimation einer Unzahl politischer Akteure ist ein gewaltiger Hemmschuh bei einer sinnvollen Regionalplanung; es kommt zu Parallelaktionen, zur gegenseitigen Abwerbung von Betrieben und ähnlichen parteipolitisch motivierten Sabotageakten.

Mit der Initiative „regionext" soll nun die Zusammenarbeit der Kommunen angekurbelt werden; vor mutigeren Schritten wie z.B. Gemeindefusionierungen scheuen aber alle politischen Kräfte zurück.Leutschach, Bezirk Leibnitz: In der malerischen südsteirischen „Rebengemeinde" steht nicht nur das Gemeindeamt des 641-Seelen-Marktes: Unter der gleichen Adresse findet sich im ersten Stock das Gemeindeamt der Weinbaugemeinde Glanz – mit eigenem Gemeindesekretariat. Damit nicht genug: In der gleichen Straße, nur ein paar Häuser weiter, steht das Gemeindeamt einer dritten Gemeinde der Region, Eichberg-Trautenburg. Vor zwei Jahren wurde in den genannten Gemeinden und in Schlossberg eine Abstimmung über die Vereinigung der vier Kommunen abgehalten, die überall eine große Mehrheit fand – außer in Glanz, wo das Ergebnis genau umgekehrt ausfiel; damit war die Fusion geplatzt.

Optimale Gemeindegröße: Zumindest 3.000 EinwohnerInnen. Schon in den 50er und 60er Jahren plante der damalige LH Josef Krainer sen. eine Gebietsreform, berichtet der Leiter der Gemeindeabteilung im Amt der steiermärkischen Landesregierung, HR Dr. Heinz Schille. Deren wesentliches Ziel war, die 1000-Einwohner-Marke als Untergrenze für Gemeinden festzulegen und alle darunter liegenden Kommunen zu fusionieren. Dass Krainer mit dieser Reformidee Schiffbruch erlitt, beweist ein Blick in die aktuelle Statistik: Mehr als ein Drittel der steirischen Gemeinden – insgesamt 187 – liegt nach wie vor unter diesem Limit, 66 davon zählen sogar weniger als 500 EinwohnerInnen. Letztendlich kapitulierte der populäre Landesvater vor seinen eigenen Bürgermeistern, die ihre Liliput-Fürstentümer nicht aufgeben wollten.
So verfügt die Steiermark auch heute noch – völlig überproportional – über 32% aller österreichischen Kleingemeinden mit weniger als 1000 EinwohnerInnen – und über 39% aller Kleinstgemeinden mit weniger als 500 EinwohnerInnen. Das sind höchst suboptimale Größenverhältnisse. „In der kommunalwissenschaftlichen Literatur findet man vereinzelt Angaben über die optimale Größe von Gemeinden, die Berechnungen schwanken dabei von 3.000 bis 100.000 Einwohner pro Gemeinde", heißt es in einer Ende 2004 von Mag. Doris Kampus im Auftrag des Landes Steiermark erstellten Studie über Gemeindekooperationen.

Verschwendung. Das Kirchturmdenken in den Kleingemeinden treibt üppig- verschwenderische Blüten: ...

Christian Stenner, Manfred Unterholzer

» 1 Kommentar
1"interessanter denkanstoß"
am Donnerstag, 1. Januar 1970 00:33von Gast
äusserst interessanter denkanstoß! 
eine solche perspektive - zusammenlegung von kommunen bzw zumindest verstärkte kooperation - eröffnet gute perspektiven!
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