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Lob der Dunkelheit
Archiv - Rezensionen
Mittwoch, 8. Februar 2006
ImagePremiere von Peter Shaffers „Komödie im Dunkeln" am 20. Jänner, dessen „Amadeus", verfilmt von Milos Forman, einer der besseren Beiträge zum laufenden Mozartjahr ist. Und verkehrte Welt! Das Stück beginnt bei Licht, d.h. im Dunkeln, was für den mitschreibenden Kritiker eine ziemliche Herausforderung ist. Als es schließlich hell wird, ist via dramatischer Fiktion ein Kurzschluss eingefahren.

Peter Shaffer hat den Grundeinfall für die geniale Komödie über den jungen Bildhauer Miller, der mit seiner Verlobten die kostbaren Stilmöbel des Nachbarn „ausleiht", aus einem Sketch des chinesischen Theaters. Ein reicher Sammler soll beeindruckt werden, außerdem der militärisch geschädigte Schwiegervater in spe. Als dann im Dunkeln eine unterversorgte Jungfer, der Schwiegervater wie geplant und der Eigentümer der Möbel leider unerwartet auftauchen, geht es dem jungen Paar nur mehr darum, jedes Licht zu vermeiden. Nächste Drehung der Schraube: der Elektriker der Stadtwerke kommt und kann nur mühsam als Kenner moderner Kunst neutralisiert werden. Schließlich taucht auch noch Natascha Shah als Ex-Freundin Lea auf und spielt (gelegentlich mit Bravour) abwechselnd eine erotisch beunruhigende Göttin der Dunkelheit und ein böses Mädchen. Eine gute Stunde kommen die Theaterbesucher also in den sadistischen Genuss, bei hellem Licht den Möbeltransport des jungen Miller im fiktiven Dunkel über die Treppe in die Nebenwohnung zu verfolgen. In Shaffers uhrwerksmäßig ablaufender Komödie macht das Licht der Aufklärung blind, und die Dunkelheit fördert die Erkenntnis.

Nicht, dass sich Regisseur Martin Oelbermann mit solchen Philosophismen belastete. Er setzt auf einen zum Klaumauk sich hinneigenden Slapstick-Boulevard, und dabei rettet ihn vor allem eine kongeniale Besetzung mit Erik Göller als Ex-Militär und Schwiegervater, Johannes Lang als hysterischem Antiquitätenfan und Thomas Kornack als kunstsinnigem russischstämmigen Angestellten des London Electricity Board. Eine Klasse für sich ist Friederike Bellstedt als spätes Mädchen, dem man alles abnimmt: Nur nicht die behauptete Unattraktivität. Katharina Knap als Verlobte und Thomas Prazak spielten ihre tragenden Rollen (Letzterer im wörtlichen Sinn) mit Charme. Das Bühnenbild ist eher dürr, was wenig Rolle spielt, da es sich ja „im Dunkeln" befindet. Insgesamt verliert der Abend an Intensität, je stärker den Protagonisten im Dunkeln ein Licht aufgeht. Erkenntnis scheint mit Tragödie verbunden. Je mehr die Komödie auf sie verzichtet, desto eher wird sie zur Posse, zur Farce. Verglichen mit einer der heiteren Sendungen des ORF ist „Komödie im Dunkeln" allerdings eine großartige Unterhaltung. Außerdem nicht aus der Konserve, sondern „frisch".

Willi Hengstler

Weitere Aufführungen: Schauspielhaus, 3.2., 18.2. und 22.2.

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