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Sex und Verführung |
Archiv - Wissenschaft und Forschung | |
Sonntag, 10. Dezember 2006 | |
Mit seiner Verführungstheorie hat Jean Laplanche die Psychoanalyse erneuert: Sexualität ist nun kein biologisches Phänomen mehr, sondern etwas, das man als Mensch gleichsam „eingepflanzt" bekommt. Laplanches Vorstellung zur Folge erhält das kleine Kind von seinen erwachsenen Bezugspersonen stets auch sexuelle Botschaften, die es nicht verstehen kann; etwa von der Mutter, die den Säugling stillt. In der Stillsituation wird nämlich nicht nur das Bedürfnis des Säuglings nach Nahrung befriedigt; letzterer ist auch mit dem unbewussten Begehren der Mutter konfrontiert, das wiederum mit der Brust in Verbindung steht.
Ein „Mehr" an Inhalt dringt so in die vielschichtige Kommunikation von Mutter und Kind ein, das vom Kind jedoch nicht vollständig verarbeitet werden kann. Dieser unverarbeitete Rest, so Laplanche, konstituiert das Unbewusste und damit die Sexualität des Kindes. Diese genuin psychoanalytische Fundierung der Sexualität hat die Analyse zwar einerseits von biologischen Beständen befreit, aber freilich auch eine ganze Reihe von Fragen aufgeworfen. Z.B. die, wie die oben kurz geschilderte „Verführungsszene" genau vorgestellt werden muss. Denn Laplanche charakterisiert sie als grundlegende Erfahrung, spricht zugleich aber doch wieder von einer „Urphantasie", die die Verführungsszene trägt. Für Ilka Quindeau hat dieses „Paradox" etwas mit dem antiquierten Erinnerungsbegriff zu tun, der dem Laplanchen Denken unterlegt ist und den es deshalb zu ersetzen gilt. Wohin das wieder führt und überhaupt: was das Denken von Jean Laplanche für die psychoanalytische Arbeit bedeutet, wird im Rahmen von Science-Talk Nr. 10 von Ilka Quindeau dargestellt werden. Ilka Quindeau, Dr. phil. habil., ist Diplom-Psychologin, Diplom-Soziologin und Psychoanalytikerin (DPV/IPV). Sie arbeitet als Professorin für Klinische Psychologie und Psychoanalyse an der Fachhochschule Frankfurt und in eigener Praxis. Zu Ilka Quindeaus Arbeitsschwerpunkten gehören die psychoanalytische Theoriebildung (Erinnerung, Trauma, das Unbewusste, Fremdheit, Begehren, Sexualität), die Geschlechterforschung, individuelle und gesellschaftliche Folgen des Nationalsozialismus (v. a. Extremtraumatisierung, aktuelle gesellschaftliche Diskurse), der Antisemitismus sowie die psychoanalytische Filminterpretation. Zuletzt erschienen von ihr: Lothar Bayer, Ilka Quindeau (Hrsg.). Die unbewusste Botschaft der Verführung. Interdisziplinäre Studien zur Allgemeinen Verführungstheorie von Jean Laplanche. Gießen: Psychosozial 2004. Psychoanalytischer Klinik-Alltag, Teil 4:Jean Laplanches Verführungstheorie und ihre Folgen Mittwoch, 13.12.2006, 19:30 Salon der Neuen Galerie, Sackstraße 16, 8010 Graz Moderation: Mag. Christian Eigner Veranstalter: Neue Galerie Medienpartner: Standard, KORSO
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