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Optimistisch in die Zukunft |
Archiv - Nachhaltigkeit und Ökoland | |
Mittwoch, 8. Februar 2006 | |
Matthew Simmons, ehedem Energieberater von US-Präsident George W. Bush, erwartet angesichts der etwas mageren Ausbeute bei den Ölfunden der letzten Jahre und des befürchteten Absinkens der Ölförderung insgesamt einerseits und der rasanten Entwicklung des Energiebedarfs von Staaten wie China und Indien andererseits einen Anstieg des Ölpreises in den kommenden Jahren auf über 200 Dollar pro Barrel (vielleicht ist er deshalb auch nicht mehr staatlicher Energieberater). Kassandra, männlich? Vermutlich, macht uns doch der zweifelsfrei kompetente Vorstand der OMV Wolfgang Ruttensdorfer Hoffnung, der Ölpreis werde wieder auf 30 Dollar sinken (oder 40, an anderer Stelle), wiegt uns das Institut für Wirtschaftliche Ölheizungen in Sicherheit, Erdöl sei immer noch die günstigste Energie und wird ohnedies Österreich seinen Einfluss während der EU-Präsidentschaft geltend machen, um die Versorgungssicherheit ganz Europas mit fossilen Energierohstoffen noch weiter zu erhöhen. Und Pannen zu vermeiden wie die Anfang des Jahres mit der Gasversorgung. Da überschlugen sich die negativen Meldungen, aber man wusste zu beruhigen: Täglich teilten EnergieexpertInnen den LeserInnen der österreichischen Zeitungen mit, dass alles nicht so schlimm sei, wie es aussehe. Am Samstag lasen wir, Österreich sei so gut wie nicht betroffen, am Sonntag, der Rückgang von einem Viertel der Lieferungen sei kein Problem und am Montag wurde gemeldet, dass man sich bei der Einschätzung zwar ein wenig geirrt habe, aber auch ein Rückgang von 30 Prozent tadellos verkraftbar sei. Vom Geschäftsführer der im Zuge der Liberalisierung des Strom- und Gasmarktes eingerichteten Behörde E-Control GmbH, DI Walter Bolz war am Morgen desselben Tages in einem Interview mit einer Tageszeitung zu lesen, er könne sich eine rasche Tariferhöhung beim Gas nicht vorstellen, von an dem am Abend im Fernsehen zu vernehmen war, dass die Ukraine in Zukunft für die Durchleitung von Gas mehr verlangen darf. Da beginnt man allmählich, der Wettervorhersage größten Respekt zu zollen: Die ist – trotz unglaublich komplexer Zusammenhänge – kaum weniger präzise. Danach gab es (vorübergehend?) Entwarnung: Die Ukraine begab sich – wohl nicht freiwillig – mit der Einbeziehung ihrer Kasachstan-Leitung in eine Vereinbarung mit Russland in ein noch weit größeres Abhängigkeitsverhältnis als je zuvor. Und mit ihr wohl auch Europa, das erkennen musste, dass Russland seinen Rohstoffvorrat zur politischen Trumpfkarte gemacht hat und dass dem nur hilflose Gesten von ebensolchen Regierungen entgegen zu setzen sind. Unerwartet? Wohl eher verdrängt von den Spitzen der Politik und verharmlost von der heimischen Wirtschaft – die Grün- und Weißbücher der Kommission der Europäischen Union zu den Themen Erneuerbare Energie und Versorgungssicherheit lassen darauf schließen, dass langfristige Überlegungen einen ganz klaren Auftrag formulieren:Ersatz von fossilen Energieträgern durch erneuerbare – wie Sonne, Biomasse oder Wind! Ein kurzfristiger Umstieg ist unmöglich, sagen KritikerInnen. Zugegeben. Der Schluss daraus, deshalb bei Öl und Gas zu bleiben, ist falsch und war es schon nach der ersten Energiekrise 1973: Damit haben wir 33 Jahre versäumt! Nicht alle: Vorausdenkende Menschen sind damals aufgewacht und haben auf Sonne, Biomasse und Wind gesetzt. Heute gibt es alleine in der Steiermark rund 280 Biomasse-Nah- und Fernwärmenetze, 400.000 m2 Solarkollektoren und zahlreiche andere Anlagen, die erneuerbare Energie zum Heizen, Warmwasserbereiten und Kühlen, zur Stromerzeugung und zum Fahren nützen. Eindrucksvoll? Vordergründig ja und die meisten Regionen Europas beneiden uns darum, bescheren hiesigen Alternativenergiegurus Auftritte von Dublin bis Athen (Skandinavien ist da schon etwas weiter), aber es wird übersehen, dass die EU derzeit insgesamt zu etwa 50 Prozent von Energielieferungen von außerhalb der EU abhängig ist (Tendenz stark steigend, bis 2030 etwa 70 Prozent), die Steiermark aber zu 75 (!) Prozent, wobei alle bisherigen Bemühungen nur dazu geführt haben, dass diese Situation nicht noch schlimmer wird. Ein konsequenter Umstieg auf erneuerbare Energie ist sehr teuer, sagen KritikerInnen. Stimmt. Dass wir uns das nicht leisten könnten ist falsch. Eine Pelletsheizung für ein Einfamilienhaus kostet weniger als der Wertverlust eines Mittelklassewagens in 3 Jahren, die Mehrkosten für ein konsequent geplantes und ausgeführtes „Passiv"bürohaus liegen unter den Energieeinsparungen von 10 Jahren und der Bezug von „Ökostrom" ist hier zu Lande nicht viel teuerer als von „billigem Atomstrom", dessen endgültige Kosten noch nicht einmal bekannt sind und von uns nicht bezahlt werden müssen. Wie überhaupt fast alles, was ein Großteil der Welt mit seiner derzeit in jeder Hinsicht als fossil anzusprechenden Energiepolitik anrichtet – die Rechnung werden unsere Kinder bekommen. Der Wunsch, ihnen die Welt so zu übergeben, wie wir sie vorgefunden haben, ist längst obsolet, es geht um Schadensbegrenzung. Da kommt uns entgegen, dass anderswo noch weniger erneuerbare Energie eingesetzt wird und wir einen Know-how-Vorsprung haben, der sich in klingende Münze umsetzen lässt. Wasserkraft-, Solar- und Biomassetechnologien sind Exportschlager und noch ausbaufähig und eine schrittweise Reduktion unserer Abhängigkeit ist – auch über (volks)wirtschaftliche Vorteile – noch finanzierbar. Wenn wir nicht nochmals 33 Jahre warten. DI Wolfgang Jilek Energiebeauftragter des Landes Steiermark
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