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Lagerlogistikerin: Ein neuer Beruf bringt neue Chancen für Frauen
Archiv - Arbeit und Wirtschaft
Mittwoch, 11. Oktober 2006
Image„Frau, Migrantin, mittleren Alters, sucht technischen Job mit guter Aufstiegsmöglichkeit" – das wäre bis vor kurzem ein Stellengesuch gewesen, dem wohl niemand Chancen eingeräumt hätte. Das steirische AMS hat nun einen Ausbildungsweg geschaffen, der die Berufschancen der Zielgruppe enorm erhöht.

„Das AMS bemüht sich Frauen in technische Berufe zu bringen, wo die Arbeitsmarktsituation nicht so stark angespannt ist", sagt die eben wiederbestellte stellvertretende AMS-Steiermark-Geschäftsführerin Dr. Herta Kindermann-Wlasak.„Das trifft auf den Beruf ,Fachmann/-frau für Lagerlogistik‘ zu." Diesen Lehrberuf gibt es erst seit 2001, Frauen sind darin deutlich in der Minderheit: 2005 waren von 223 Lehrlingen gerade 48 weiblich. Der Bedarf an ausgebildeten LagerlogistikerInnen steigt auf Grund immer kürzerer Warenumschlagszyklen und wegen Phänomenen wie der Just-in-Time-Produktion unablässig.

Zusätzliches Coaching ist nötig. Im Rahmen seiner Programmschiene „Frauen und Mädchen in Handwerk und Technik" bietet das AMS nun in Kapfenberg, Graz, Gleisdorf und Leibnitz für insgesamt 48 Frauen eine Ausbildung zur Fachfrau für Lagerlogistik – mit Lehrabschluss – an. Die Kurse haben bereits begonnen. Die Ausbildung dauert 15 Monate, der Theorieunterricht erfolgt beim bfi, insgesamt 12 Wochen Praktika werden in Betrieben absolviert – dabei wird auch versucht, konkrete Jobangebote zu akquirieren, berichtet Dr. Franziska Stöckler vom bfi. Die regionalen Zentren für Ausbildungsmanagement (ZAM) begleiten die Frauen sozialpädagogisch. Dieses zusätzliche Coaching ist nötig, weil die Frauen oft die einzigen weiblichen MitarbeiterInnen eines Betriebes in diesem Berufsfeld sind – und die männlichen Kollegen damit oft Probleme haben.

Sprachkenntnisse sind Trumpf. Das hat auch Mediha Ogorinac erfahren müssen, die Anfang der 90er Jahre aus dem vom Bürgerkrieg geschüttelten Bosnien, wo sie 13 Jahre in der Möbelindustrie arbeitete, nach Österreich gekommen ist und nun mit der Ausbildung zur Lagerlogistikerin begonnen hat. Beim Praktikum musste sie feststellen, dass „die Männer glauben, dass z.B. Staplerfahren keine Arbeit für Frauen ist." Die ablehnende Haltung der Kollegen besserte sich auch kaum, als sie bewies, dass sie alle Aufträge problemlos selbstständig erfüllen konnte, so Ogorinac.
Als Migrantin kann die Bosnierin in ihrer Tätigkeit als Lagerlogistikerin aber einen Trumpf ausspielen: Ihre Muttersprache. Das erleichtert die Kommunikation mit den Fernfahrern, bringt Vorteile im gesamten Geschäftsverkehr und ist schließlich nützlich für die berufliche Zukunft: „Der Beruf der Lagerlogistikerin bietet auch Migrantinnen wegen ihrer Sprachkenntnisse hohe Aufstiegschancen", sagt Eva Janusch vom Grazer Zentrum für Ausbildungsmanagement NOWA. Immerhin die Hälfte der Frauen, die die Ausbildung begonnen haben, sind Migrantinnen.
cs

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