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Doppelprojektion – Eine Hommage an Ernst Schmidt jr.
Archiv - Kultur
Donnerstag, 7. September 2006
In einer Kooperation der Grazer Galerien remixx und Kunst & Handel gestalten die KuratorInnen Linda Bilda, Helmut Benedikt, Gerald Moser, Günter Eisenhut und Gerhard Sommer eine Hommage an den 1988 verstorbenen Avantgardefilmer, Theoretiker und Publizisten Ernst Schmidt jr. Mit Valie Export, Peter Weibel, Hans Scheugl u.a. zählte Ernst Schmidt jr. zur ersten Generation österreichischer Künstler, die in der analytischen Tradition des Wiener Kreises und der Psychoanalyse einen unverwechselbaren Beitrag zur internationalen Entwicklung der Medienkunst leisteten.

„Drehen Sie Filme, aber keine Filme!“ forderte Ernst Schmidt in einem Manifest: „Kino ist die Utopie der totalitären Gesellschaft. Man muß auf das schlimmste gefaßt sein. Machen Sie sich ein paar schöne Stunden und gehen Sie ins Kino. Ein schlechter Film hat trotz aller Kontrollen 5 Minuten, in denen die Manipulation versagt. In guten Filmen gibt es trotz aller Bemühungen nicht mehr als 5 Minuten, in denen der Film frei von Manipulation ist.
Drehen Sie Filme, Film ist die unfreieste aller Künste!
Manipulieren Sie, werden Sie Kinoregisseur!“

Die Sichtbarkeit der Theorie. Ernst Schmidt jr. wurde am 28. November 1938 in Hadersdorf am Kamp in Niederösterreich geboren. Nach dem Besuch der Wiener Filmakademie arbeitete er seit 1963 als unabhängiger Filmemacher vor allem im experimentellen Bereich. Sein filmisches Gesamtwerk umfasst vier Langfilme und etwa fünfzig Kurzfilme. Schmidt gab zwei Nummern der Filmzeitschrift Caligari heraus und publizierte in weiteren Zeitschriften wie Film, Kino, Kinema und Supervisuell. Als Gründungsmitglied der Austria Filmmakers Cooperative erhielt er 1968 den Förderungspreis des Wiener Kunstfonds. Es folgten die Publikationen Das andere Kino – ein Lexikon des neuen europäischen Films (1968) und Die Entwicklung des österreichischen Films (1970) sowie ein Filmtext in der Sammlung Avantgardistischer Film 1951-1971: Theorie (1973). Schwerpunkt der filmischen und theoretischen Arbeiten Schmidts war die Diskussion der Fragen um Manipulation des Verständnisses einer Abbildung von Wirklichkeit mittels Film und Fernsehen; Problematiken, die auch Günther Anders in Die Antiquiertheit des Menschen (1956) oder Jean Baudrillard in Der symbolische Tausch und der Tod (1976) kritisch analysierten. Im Œuvre von Ernst Schmidt sind Arbeitsweisen, Techniken und theoretische Überlegungen in einer deiktisch zu bezeichnenden Verfahrensweise bewusst sichtbar gemacht, die reichlich Anregungen für weitere Realisierungen wie Video- und Musikclips gaben.

Der Film als Bildmaterial. Mit der Ausstellung Doppelprojektion unternehmen die KuratorInnen den Versuch, einen handlungsbezogenen und lebendigen Diskurs über das Thema Crossover zwischen Film und bildender Kunst zu entwickeln. Film wird darin nicht als etwas abgeschlossenes, sondern als eine Bildermenge betrachtet, die zum Ausgangspunkt für weitere Images wird. Dazu sind KünstlerInnen – neben anderen Dietmar Brehm, Günter Brus, GRAM, Karl Grünling, Heribert Hirschmann, Mara Mattuschka, Renate Kordon-Kapfinger, Arnold Reinisch – eingeladen, Filmkader oder Sequenzen aus Filmen auszuwählen und sie in einem appropriativen Akt weiter zu bearbeiten und zu eigenen Werken zu transformieren.
Die Gestaltung der Ausstellung wurde von Linda Bilda entwickelt, die schon im Jahr 2001 ihr Projekt Linda Bilda for Ernst Schmidt jr in der Secession Wien präsentierte.

Doppelprojektion wird am Mittwoch, 20. September, um 19.00 Uhr in den Galerieräumen remixx und Kunst & Handel, Palais Trauttmansdorff, Bürgergasse 5 in Graz, eröffnet. Zu sehen ist die Ausstellung vom 21. September bis zum 17. Oktober. Informationen unter Tel. 0664 31 12 169 und 0664 30 77 179.

Wenzel Mraček


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