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Astrid Kury, Akademie Graz: „Wir bringen Wissen in Bewegung“
Archiv - Bildung
Donnerstag, 7. September 2006
Image Dr. Astrid Kury: „Die Akademie Graz bietet Plattformen für den kritischen Diskurs über Gegenwartsfragen“

Die Akademie Graz, die heuer ihr 20-jähriges Bestehen feiern wird, ist zweifellos eine der profiliertesten Einrichtungen der politischen Bildung in der Steiermark. Ihr deklariertes Ziel ist es, „die öffentliche Diskussion zu fördern und zu einem allgemeinen politischen Engagement anzuregen.“
Neben Akademiepräsident und -gründer Emil Breisach konzipiert seit nunmehr einem Jahr Dr. Astrid Kury als Geschäftsführerin die Veranstaltungstätigkeit der Akademie Graz. Mit Astrid Kury sprach KORSO-Herausgeber Christian Stenner über ihr Verständnis emanzipatorischer Bildungsarbeit und die nächsten Programme der Akademie.

Wenn man die Symposien und Diskussionsveranstaltungen der Akademie Graz des letzten Jahres betrachtet, so fällt auf: Die Themenpalette ist sehr breit gespannt – von einem Kongress über Tod und Todeserfahrung über ein Symposium zum Thema Bio-Invasoren bis hin zu europapolitischen Fragen – ist das nicht ein wenig eklektisch?
Das sehe ich nicht so: Es ist ja gerade unsere Stärke, dass wir Generalisten sind, die sich aktuellen Themen widmen und dabei auf die Vernetzung mit spezialisierten Institutionen bauen – von den Universitäten über den Naturschutzbund, die Urania, das Kulturzentrum bei den Minoriten, bis zur Wirtschafts- und der Arbeiterkammer. Wir bringen Wissen in Bewegung, das sonst bei den jeweiligen Institutionen kleben bleibt und die interessierten Laien nicht erreicht.

Dazu bedarf es aber mehr als bloß der Aktualität.
Ja, der zweite, ebenso wichtige Aspekt besteht darin, dass wir versuchen von den Alltagserfahrungen der Menschen auszugehen. So hat die Diskussion beim Tod- und Todeserfahrungs-Symposium u.a. auch an den Fragen der Pflege angesetzt, mit welchen ja viele Menschen in der Praxis konfrontiert sind; eine ähnliche Herangehensweise haben wir auch bei den Veranstaltungen zu den Bio-Invasoren gewählt.

Welche Schwerpunkte sind für das Programm des nächsten Jahres vorgesehen?
Ein zentrales Symposium ist dem Thema „Spirituelle Wanderer – Sehnsucht nach Sinn“ gewidmet. Dabei geht es um das Spannungsfeld zwischen einer immer stärker feststellbaren Resakralisierung unserer Gesellschaft und der Tatsache, dass die Erfüllung dieser Bedürfnisse neue Wellness-, Esoterik- und Spiritualitätsmärkte geschaffen hat.
Ein weiterer Schwerpunkt – den wir ja in Kooperation mit KORSO durchführen wollen – wird neoliberale Ideologeme auf ihren Realitätsgehalt abklopfen. In Zusammenarbeit mit dem Verein „Forschungsgesellschaft Moderne/Postmoderne“ werden wir das „Unbehagen an den Kulturen“ thematisieren – auch in diesem Bereich haben wir ja schon einige Veranstaltungen durchgeführt. Und natürlich werden wir weiterhin junge lokale KünstlerInnen unterstützen – etwa über den Literaturpreis der Akademie Graz, über das Projekt LandArt Gleinstätten oder über Ausstellungen in der Urania. In diese Richtung geht auch unser Versuch, die Diskussion über die Gründung einer Akademie der bildenden Künste in Graz voranzutreiben – es geht dabei um nichts weniger als künstlerisches Potenzial in der Region zu halten.

Sie haben ein Kunstgeschichtestudium absolviert, nebenbei auch Jus studiert und waren schließlich 10 Jahre lang im Spezialforschungsbereich „Moderne“ der Universität Graz tätig – welche Erfahrungen aus Ihrer bisherigen Arbeit sind Ihnen bei Ihrer jetzigen Tätigkeit besonders von Nutzen?
Einerseits finde ich es angenehm, der Spezialisierung entkommen und mit heterogenen Wissensgebieten konfrontiert zu sein – wobei noch dazu die Weitergabe eben dieses Wissens im Vordergrund steht. Auf der anderen Seite
kann ich natürlich die Inhalte und Ergebnisse des Forschungsbereichs hervorragend bei der Konzeption der Akademie-Veranstaltungsprogramme verwerten. So bestand eine der wichtigsten Erkenntnisse des Spezialforschungsbereiches „Moderne“ darin, dass die meist unterschätzten Geisteswissenschaften in allen ihren Disziplinen Forschungsergebnisse hervorbringen, die Lösungsansätze für unsere aktuellen Lebens- und gesellschaftlichen Fragen bieten könnten, wenn sie nur ausreichend wahrgenommen würden. Diese Wahrnehmung zu unterstützen, das halte ich für eine der wichtigsten Aufgaben der Akademie Graz – neben der Herstellung von Bewusstsein für die brennenden sozialen, kulturellen und ökologischen Fragen unserer Epoche. Und schließlich tun wir etwas, das staatliche oder an Parteien gebundene Institutionen nicht in ausreichendem Ausmaß oder nicht glaubwürdig tun können: Wir bieten Plattformen für den kritischen Diskurs über aktuelle gesellschaftliche und allgemein politische Probleme und leisten damit, denke ich, einen wichtigen Beitrag zur politischen Bildung – und zur Emanzipation des Individuums.


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